Iran — umzingelt von US-Stützpunkten:
Iran — von US-Präsident Bush als Mitglied der “Achse des Bösen” bezeichnet — fühlt sich zunehmend von US-Militärbasen umzingelt und direkt bedroht. Dazu kamen Meldungen, die USA würden einen Aufstand im Iran planen.
Unser Diskussions-Archiv: USA planen Aufstand im Iran — (www.rapidforum.com)
Da in den meisten Nachbarstaaten Völker leben, die in der Vergangenheit nur mit Gewaltanwendung dem iranischen Staat treu geblieben sind, fühlt sich der Iran nicht nur direkt bedroht — ein Aufstand von Minderheitenvölkern könnte (auch bei nur “passiver Unterstützung” durch die USA) zu einem Zerbrechen des iranischen Staatsgebietes führen.
A) Östliche Nachbarn des Iran:
Afghanistan
Im “Krieg gegen den Terror” gelang es den USA, großflächig in Afghanistan Fuß zu fassen. Afghanistan — als der östlichste Nachbarstaat Irans — ist von den USA praktisch besetzt.
Pakistan
Auch in Pakistan finden sich US-Stützpunkte. Im Januar 2002 wurde bekannt, dass die USA insgesamt vier Stützpunkte in Pakistan unterhalten.
Die Basen in Jacobabad und Pasni sollen geräumt werden, wenn sie von der pakistanischen Armee im Falle eines Krieges mit Indien benötigt werden.
Tadschikistan
erklärte sich ebenfalls bereit, Militärbasen zur Verfügung zu stellen. Einige hundert Nato-Soldaten, überwiegend von der französischen Luftwaffe, kamen daraufhin ins Land. Russen und die US-Botschaft wurden im gleichen Gebäude — dem ehemaligen “Hotel Oktjabr — in Duschanbe untergebracht. Die USA würdigten die Kooperationsbereitschaft und hoben im Januar 2002 ein seit 1993 gegen Tadschikistan bestehendes Waffenembargo auf. Am 20. Februar schloss sich das Land als letzter Staat der ehemaligen Sowjetunion dem Nato-Programm “Partnerschaft für den Frieden” an.
B) Westliche Nachbarn Irans:
Saudi-Arabien und Golfstaaten
Seit dem Krieg um die Wiederherstellung der staatlichen Souveränität Kuwaits — das vom Irak besetzt worden war — stehen US-Truppen in Saudi-Arabien und den Golfstaaten. Diese Stützpunkte dienten aus Ausgangsbasen und Kommandozentralen, um die Invasion im Irak durchzuführen. Es dürfte unzweifelhaft sein, dass die USA die militärische Kontrolle über den gesamten Bereich westlich des persischen Golfes ausüben.
Saudi Arabien entwickelt sich zunehmend zu einem regionalpolitischen Gegenspieler des Iran um die Vormacht am Golf. Saudi Arabien hebt diesen Konflikt zudem auf die religiös konfessionelle Schiene. Als sunnitisch-wahabitische Führungsmacht sieht sich das arabische Königreich in einer missionarischen Auseinandersetzung mit der schiitisch-theologischen Mullah-Herrschaft — dabei geht es aber überwiegend um die Macht und die Machtsicherung am Golf.
Irak
Inzwischen ist der gesamte Irak von den USA und deren Verbündeten besetzt. Nach dem “östlichen Nachbarn” Afghanistan ist damit auch der Westen Iraks vom persischen Golf bis zur türkischen Grenze unter der militärischen Kontrolle von US-Truppen. Unser Diskussionsforum zum Irak —
In der Ölprovinz Khuzestan im Südwesten Irans, dem Herz der iranischen Wirtschaft, erhob sich die dort ansässige arabische Minderheit kurz nach der Revolution gegen die Zentralregierung. Einige oppositionelle Organisationen wurden finanziell und logistisch vom benachbarten Irak unterstützt, manche hatten separatistische Absichten. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Pasdaran und den iranischen Arabern — der willkommene Anlass für Saddam Hussein, im Iran einzumarschieren und sich die ölreiche Provinz anzueignen.
Im Irak und der Türkei leben darüber hinaus die Kurden, die seit Jahrhunderten von einem unabhängigen, eigenen Staat träumen. Bereits 1979 befahl Khomeini als militärischer Oberbefehlshaber der Armee, in Kurdistan einzumarschieren und alle Unruhen “mit aller militärischen Kraft binnen 24 Stunden niederzuschlagen”.
Türkei
Die Türkei ist als NATO-Staat natürlicher Verbündeter der USA, auf türkischem Boden befinden sich seit der Zeit des “Kalten Krieges” einige der größten NATO- und US-Basen außerhalb der USA. Die Entwicklung um den Irak-Krieg hat allerdings gezeigt, dass die Türkei in ihrem unmittelbaren Umfeld etwas anders geartete Interessen hat und verfolgt als die global denkenden USA. Einer der Streitpunkte ist die “Kurdenfrage”. Während die USA den Nordirak mit kurdischer Hilfe unter Kontrolle halten und damit zwangsläufig eine Aufwertung und Stärkung kurdischer der Autonomiebewegungen verbunden ist, sucht die Türkei diese Entwicklung zu verhindern. Insoweit erscheint auch eine Annäherung an Iran denkbar.
C) Nördliche Nachbarn des Iran:
Die von den westlichen Industriestaaten zur Zeit vorrangig verfolgte Option der Sicherung und Stabilisierung der Region um das Kaspische Meer ist das NATO-Programm “Partnerschaft für Frieden”.. Mitglieder sind u.a. Armenien, Aserbeidschan, Kasachstan, Georgien, die Ukraine, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgisien und Moldawien.
Aserbaidschan
Mit ca. 16 Millionen Menschen bilden die im Nordwesten Irans lebenden Aseris die größte ethnische Minderheit des Iran. Derzeit erfolgt ein massiver Ausbau der früheren sowjetischen Luftwaffenbasis Nassosny mit amerikanischer Hilfe, und im August 2003 haben aserbaidschanische Streitkräfte gemeinsam mit US-Truppen “Anti-Terror-Übungen” abgehalten. Der Staatschef Alijew — seit 1945 Mitglied der KPdSU, KGB-Boss, KP-Chef und 1982 in das Politbüro der KPdSU aufgestiegene spätere Präsident — ist auch kräftig dabei, seinen südlichen Nachbarn gehörig zu verprellen. Obwohl die von Armenien umklammerte Exklave Nachitschewan nur über eine schmale Anbindung an die Türkei verfügt und ansonsten auf die Verkehrsverbindungen durch den Iran angewiesen ist, fördert der Alleinherrscher mit seinem Geheimdienstchef und der Unterstützung der CIA eine“Südaserbaidschanische Befreiungsbewegung”, mit der die etwa 16 Millionen Aseris im Nordiran (um die unruhige Universitätsstaat Täbris) zum Sturz des Mullah-Regimes im Iran aufgefordert werden. Aserbaidschen mit einer Einwohnerzahl (Population) von rund 8 Mio. hält also nur ein Bruchteil des in einem großenteils zusammenhängenden Siedlungsgebiet lebenden Staatsvolkes in seinen Grenzen. Alijew leistet sich sogar die Entsendung von Friedenstruppen in den Irak, zur Unterstützung der USA, die als “strategische Verbündete” bezeichnet werden. Beide Staaten machen sich auch diverse Fischereirechte und Ölvorkommen des kaspischen Meeres streitig. Der Iran vertrieb im Sommer 2001 mit Militäreinsatz ein Schiff aus Aserbeidschan, dass für den Ölkonzern BP-Amoco in einem Meeresgebiet nach Öl bohrte, das vom Iran als Hoheitsgewässer beansprucht wird. Diese Auseinandersetzung hat ihre Ursache darin, dass bislang der internationale Status des über 370.000 Quadratkilometer großen Kaspischen Meeres ist noch immer umstritten ist. Während Kasachstan und Aserbaidschan auf der Definition “See” beharren (dies würde eine sektorale Aufteilung und damit die Ausbeutung der Bodenschätze in nationaler Regie bedeuten), bestehen sowohl Russland als auch Turkmenistan und der Iran auf “Meer” (dies würde eine gemeinsame Ausbeutung aller fünf Anrainerstaaten außerhalb der nationalen Küstenzonen mit sich bringen). Aserbeidschan gesteht daher dem Iran nur 12,5 % Meeresfläche zu.
Armenien: Die USA besitzen ein offen erklärtes Interesse an einem Frieden in Berg-Karabach. Der Südkaukasus bildet den Hauptkorridor, durch den das Öl und das Gas aus den reichhaltigen Vorkommen im Kaspischen Meer und in Zentralasien nach Europa transportiert werden sollen. Der Karabach-Konflikt zwingt schon jetzt die Planer der Pipeline von Baku zum türkischen Hafen Ceyhan, durch die der Hauptteil des Öls fließen soll, zu einem kostspieligen Umweg durch Georgien. Armenien wird politisch von Teheran unterstützt.
Georgien Im Rahmen eines US-Programms wird die georgische Armee, die bisher mit Restbeständen sowjetischen Ursprungs und einem Budget von rund 20 Mio. Dollar mehr schlecht als recht ausgerüstet war, mit leichter Bewaffnung, Fahrzeugen und Kommunikationsmitteln im Wert von über 60 Millionen Dollar ausgestattet. “In großem Umfang” sollen vier georgische Armee-Einheiten mit etwa 1.500 Mann und zusätzlich etwa 500 Mann Grenztruppen — Soldaten und Offiziere — ausgebildet werden. Das Georgische Verteidigungsministerium erhält zudem- mit US-Hilfe — eine neue Kommandozentrale, die angeblich nur für die Planung von Antiterrormaßnahmen verantwortlich sein soll.
Turkmenistan
Die Turkmenen sind ein aufgeklärtes und “politisches” Volk, mit einer langen Tradition im Kampf für Freiheit und Selbstbestimmungsrecht, von denen etwa 1 ½ Millionen Menschen im Iran leben. Politische, insbesondere linke Parteien und Organisationen haben in ihrem Gebiet traditionell einen großen Einfluß, der sich bei der Autonomiebewegung der Turkmenen nach der Revolution bemerkbar machte. Peter-Scholl-Latour schreibt dazu: “Turkmenbaschi,” (der Führer aller Turkmenen — der über 60-jährige, herzkranke Alleinherrscher Saparmurad Nijasow ) der ganz unverblümt seinen Führungsanspruch auf die eineinhalb Millionen Turkmenen des Iran und die 800.000 Stammesbrüder in Afghanistan erhebt, sieht eine seiner heikelsten und wichtigsten Aufgaben darin, die diversen Volksteile zusammenzuschweißen und die hartnäckige Bindung an die großen Stammestraditionen von einst zu lockern.
Usbekistan
Auf der Suche nach Stützpunkten in Zentralasien bot sich Usbekistan als Basis im “Kampf gegen den Terror” an — schließlich hatte sich das Land selbst zumindest indirekt über seinen “Treuhänder” General Dostum im Kampf gegen die Taliban beteiligt. Zwischenzeitlic sollen 1.000 bis 2.000 Soldaten auf der ehemaligen sowjetischen Luftwaffenbasis Karschi und Chanabad nahe der afghanischen Grenze stationiert gewesen sein — etwa genau so viele Soldaten wie beim NATO-Partner Türkei, in dem sich die große Luftwaffenbasis Incirlik befindet. Dabei gibt es zunehmende Gerüchte, diese Basen würden auf Dauer zur Aufrechterhaltung der amerikanischen Militärpräsenz eingerichtet. Bei dieser Gelegenheit konnten US-Spezialisten gleich eine ehemalige Insel im Aral-See visitieren, um dort eingelagerte Milzbrand- und Anthrax-Bakterien zu beseitigen. Mindestens 3.000 US-Soldaten sollen bereits in Usbekistan gestanden haben. Schätzungsweise 50 bis 60 F‑15- und F‑16-Kampfflugzeuge starteten und landeten regelmäßig auf der Luftwaffenbasis Chanabad, neben Kampfhubschraubern und Transportflugzeugen. In die Modernisierung des Stützpunktes sollen von den USA 250 Millionen Dollar investiert worden sein, die jährlich über 200 Millionen Dollar Miete für die Nutzung der beiden usbekischen Areale gezahlt haben soll.
Inzwischen haben die USA ihr Engagement in Usbekistan aber weitestgehend reduziert.
Lediglich von der Deutschen Bundeswehr wird ein Stützpunkt in Usbekistan genutzt. Darauf hatten sich US-Amerikaner und deutsche Militärstäbe geeinigt, da das Land über ausreichende Flughafen- und Straßenkapazitäten verfügt. Hier steht auf dem Luftwaffenstützpunkt in Termez/Usbekistan das Transportflugzeug TRANSALL C‑160 , das mit einer MEDEVAC-Ausstattung versehen werden kann, in Bereitschaft.
Kasachstan
Das Rahmendokument “Partnerschaft für den Frieden” mit der NATO wurde von Kasachstan am 27.05.1994 unterzeichnet Über das Vehikel der militärischen Kooperation und der gemeinsamen Durchführung von Manövern wird eine Zusammenarbeit in dem Sektor verankert, der den NATO-Staaten den schnellsten und “sichersten” Einfluss ermöglicht. So berichtete die FAZ am 23.10.1997 von einem Manöver, bei dem Mitte September 500 amerikanische Fallschirmspringer in der kasachischen Steppe landeten — Teilnehmer eines Militärmanövers von Truppen aus den Vereinigten Staaten, der Türkei, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und auch Russland. Um “die regionale Position seiner Streitkräfte zu festigen” und seine Ölvorkommen im Kaspischen Meer zu sichern, plant Kasachstan jetzt den Aufbau einer “echten” eigenen Marine” in der Mai-Ausgabe 2003: “Zum Aufbau seiner Marine hofft Kasachstan erneut auf großzügige Hilfe aus dem Ausland und setzt hier neben Großbritannien vor allem auf die USA. Diese Hoffnung ist sicher nicht ganz unbegründet, denn Ölkonzerne beider Länder sind maßgeblich an der Erschließung kasachischer Ölfelder beteiligt, und die Unterstützung Kasachstans bei der Sicherung seiner Ressourcen ist damit durchaus auch eigenes nationales Interesse.
Kirgisien
“Amerika in der Region seiner Träume” titelte die Süddeutsche Zeitung am 11.2.2002 und zeigte eine Karte mit neuen US-Militärbasen in Kirgisien, Usbekistan, Afghanistan und Pakistan. Zwischen 800 und 1.000 amerikanische Logistiker sind auf der ehemaligen Sowjetbasis Manas — dem Luftwaffenstützpunkt der Amerikaner, die für ihre Stützpunktrechte fürstlich bezahlen — untergebracht. Die genaue Zahl der Soldaten und Militärflugzeuge in Kirgisien wird geheim gehalten. Eine von US-Soldaten errichtete Zeltstadt auf der Luftwaffenbasis soll aber bis zu 3000 Soldaten aufnehmen können. Regelmäßig fliegt die US-Luftwaffe mit “Galaxy”-Transportern” von der Frankfurter Airbase Mannschaften und Material nach Kirgisien, wo ebenso regelmäßig F‑15-Kampfflugzeuge landen sollen.
Im Herbst 2007 gelang der russischen Diplomatie allerdings ein Coup, der die Bedrohung des Iran deutlich verringerte. Sämtliche Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres — dessen Bodenschätze zwischen den Anliegern strittig sind — haben sich verpflichtet, von ihrem Territorium aus keinen Angriff auf einen anderen Anliegerstaat zuzulassen. Damit sind vor allem Aserbaidschan und Usbekistan aus der Liste der “Bedrohungen” ausgeschieden.