Politische Entwicklung — Entfremdung zu Amerika:
Iran stand zum Ende des 19. Jahrhunderts – wie der Nachbar Afghanistan – unter den konkurrierenden Einflüssen des zaristischen Russland und der britischen Krone.
Gegen deren wirtschaftliche Ausbeutung hatte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts massiver Widerstand formiert, der 1905 zur Konstitutionellen Revolution und 1910 zur Einberufung des ersten Parlaments führte.
Bereits die Ausarbeitung der ersten Verfassung 1905 und die Einberufung des Parlaments 1906 war eine Folge der Schwäche des damaligen Schahs (Qajar-Dynastie) und des Widerstands gegen die Beherrschung der wirtschaftlichen Ressourcen Irans durch Großbritannien und Russland.
Die Briten hinterließen eine Ölindustrie, Häfen, etc. – und zugleich eine von der UdSSR beeinflusste erstarkende Arbeiterbewegung.
Historisch gesehen hatte der Iran (Qadscharen, 1. Pahlavi) intensiver Beziehung zu den Briten (>50–60 Jahre), was von der iranischen Bevölkerung vielfach als Fremdherrschaft empfunden wurde – und zu deutlichen Sympathien mit dem „3.Reich“ führte. Irans Verbindungen mit dem „3. Reich“ (als Folge der Unzufriedenheit mit Britischen Ölbeteiligungen) hatte dann auch die Folge, dass der Iran als Achsenmacht und Kriegsverlierer betrachtet wurde.
In der jüngsten Geschichte wurde vor allem Premierminister Mohammed Mossadegh zur Symbolfigur für das Streben nach wirtschaftlicher und politischer Unabhängigkeit – ein Streben, das nach den europäischen Kolonialmächten, die sich zunehmend aus ihren Machtgebieten zurückzogen – die neue Supermacht, die USA, auf den_Plan rief. Bis zu seinem Sturz durch den amerikanischen Geheimdienst CIA kämpfte der Regierungschef (1951- 53) für die Verstaatlichung der Erdölproduktion. Diese Bemühungen waren schon damals der Auslöser für das amerikanische Engagement am persischen Golf.
Das Engagement der USA begann und endete mit dem letzen Schah, der in seinem Land die Opposition unterdrückte. Im Land selbst haben sie aber die geringsten Spuren hinterlassen
Als am 1. April 1979 der Schah gestürzt und die Islamische Republik Iran ausgerufen wurde endete zugleich eine lange Zeit engster Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA, die in der Zeit des “Kalten Krieges” im CENTO-Pakt (mit der Türkei und Pakistan) als “Bündnis gegen die Sowjetunion” die deutlichste Ausbildung gefunden hatte.
Weniger bekannt ist, daß die iranische Revolution zunächst nicht islamisch war. In ihrer Anfangsphase bestimmten säkulare und atheistische Gegner des Schahs das Bild: Kommunisten, Liberale, Demokraten, streikende Arbeiter. Trotz ihrer geringen Anzahl (1987 sind von den 50 Mio. Einwohnern 11 Mio. beschäftigt, davon 5,3 Mio. als Lohnabhängige) sind die Ölarbeiter ein wichtiger Machtfaktor im Land. Der zweimonatige Streik der Ölarbeiter 1979, der schließlich zum Stopp des Ölexports führte, hat damals der Stagnation der Demonstrationen und dem Schah-Regime selbst ein Ende gesetzt. Die Arbeiter hatten in fast allen großen Fabriken die Streikkomitees in Arbeiterräte verwandelt und u.a. die 40-Stundenwoche und Arbeiterkontrolle durchgesetzt. Es ist deshalb merkwürdig, dass nach dem Sturz des Schahs im Januar 1979 die Islamisten um Khomeini an die Macht kamen. Durch die Machtübernahme der islamischen Konterrevolution brach ein offener Kampf zwischen den Arbeitern und dem neuen Regime aus. Schon im April 1979 wurde eine Volksabstimmung abgehalten, in der neben der Beibehaltung der Monarchie nur die Proklamation einer “Islamischen Republik” zur Abstimmung stand. Die Islamisten waren die Sieger des Referendums. Durch Einschüchterungskampagnen, Folter und Mord verdrängten sie in der Folgezeit ihre politschen Gegner. Diese Entwicklung war für die linken Säkularisten und Atheisten, die die erste Phase der Revolution getragen hatten, eine Katastrophe: viele kamen in den Gefängnissen der Islamischen Republik ums Leben, viele flohen nach Amerika oder Europa.
Die vom Schah betriebene “Verwestlichung” Irans — einer zunächst zutiefst mittelalterlichen Gesellschaft — war breiten Kreisen der Bevölkerung immer befremdlicher geworden; das “Pendel” schlug in die andere Richtung — und mit Ajatollah Ruhollah Chomeini übernahm ein zutiefst religiöser Führer die Herrschaft des Landes, ein Vertreter des schiitischen Islam, der in westlichen Hauptstädten zutiefst suspekt empfunden und als Störenfried in der Machtkonstellation des Westens gesehen wurde. Das westliche Ideal der “Trennung von Staat und Kirche” und der “Glaubensfreiheit”, wie es gerade in der Verfassung der USA festgeschrieben wird, steht in absolutem Gegensatz zur Theokratie des Irans, der politischen Herrschaft von Geistlichen (s.u.: Irans politische Struktur).
Den Höhepunkt der Entfremdung bildete die Besetzung der US- Botschaft durch Chomenis Revolutionsgarden von 1979- 81 für 444 Tage. Eine Befreiungsoperation des US-Militärs scheiterte kläglich an “widrigen Umständen”, den Sandwolken der iranischen Wüste. Seither wird der Iran von den USA boykottiert. Gleichzeitig steigen die Verbindungen nach Asien. China ist inzwischen zum wichtigsten Wirtschaftspartner des Landes geworden (s.u.). Und mit der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) entsteht ein bedeutender Bund der unterschiedlichen Staaten in Zentralasien. Die Mitgliedsstaaten kooperieren wirtschaftlich, politisch, und — zunehmend — auch militärisch miteinander. Iran — bisher mit Beobachterstatus vertreten — hat inzwischen (Stand 2008) die Vollmitgliedschaft beantragt.
Golfkrieg Irak ‑Iran:
In den Jahren der Isolation versuchte Saddam Hussein in einem blutigen Krieg (1980–1988) die zum Teil von Arabern bewohnte erdölreiche Provinz Khuzestan östlich des Tigris um die Stadt Khoramschar zu erobern. Saddam, so heißt es, habe dabei nicht nur über hochauflösende Satellitenbilder der USA über die iranischen Stellungen verfügt — die USA sollen Saddam sogar mit verbotenen Waffen wie Anthrax-Bakterien beliefert haben, die Saddam dann nicht nur im Krieg gegen den Iran sondern auch noch gegen das eigene Volk verwendete. Im “Gegenzug” unterstützen iranische Kräfte die von Schiiten getragene Widerstandsbewegung gegen Israel. Die Hisbollah im Libanon ist ein Kind des Iran. Revolutionswächter bezahlen, bewaffnen und trainieren die Kämpfer der “Partei Gottes”.