B) Turkvölker
Etwa ein Achtel der Bevölkerung Afghanistans gehört den ursprünglichen türkischsprachigen Völkern an. Strategisch gelegen waren die Städte und Staaten an der Seidenstraße (wie die Khanate von Samarkand, Bokhara und Khiva) in der Antike und noch während des gesamten Mittelalters – von der Wikingerzeit bis in die Ära der mongolischen Fremdherrschaft — weltoffene Handelsimperien, deren Bevölkerung regen Kontakt mit den Nachbarn pflegte.
Medizin und Mathematik standen in hoher Blüte. Der mathematische Begriff “Algorithmus” ist nach dem usbekischen Gelehrten Al-Khorezmi (aus Khorezem) benannt.
Zuletzt zu Beginn der Sowjetunion in den 1920er und 30er Jahren gab es mehrere Wellen von turksprachigen Flüchtlingen nach Afghanistan. Sie haben ihre Schafherden und ihr handwerkliches Können (Teppichweberei) mitgebracht und dadurch die afghanische Wirtschaft deutlich beeinflusst.
ba) Usbeken
Unter den Turkvölkern sind die Usbeken die stärkste ethnische Gruppe. Die „Nordallianz“ (mit dem usbekischen General Dostum) war hauptsächlich ein Verband usbekischer und tadjikischer Kämpfer, die sich tatkräftiger Hilfe aus der ehemaligen Sowjetrepublik Usbekistan, einem eigenständiger Staat aus der zerfallenen Sowjetunion, bedienen konnten. Viele Usbeken haben aber die eigene Sprache aufgegeben und sprechen Dari.
bb) Turkmenen
Die Turkmenen sind ursprünglich ein nomadisches Turkvolk, das durch die Gebiete Nordostirans, Nordwestafghanistans und der ehemaligen sowjetischen Republik Turkmenistan gewandert ist. Die Turkmenen sprechen eine türkische Sprache, die stark mit Lehnwörtern aus dem Dari durchsetzt ist. Heute ist Turkmenistan, wie Usbekistan und Tadjikistan auch, ein eigenständiger Staat. Auch Turkmenistans Unterstützung hat die „Nordallianz“ am Leben erhalten – und letztendlich zum Sturz der Taliban-Herrschaft beigetragen.
C) Andere Sprachgruppen
Neben den beiden großen Sprachgruppen der persischen und türkischen Sprachen gibt es in Afghanistan noch eine große Zahl kleiner ethnischer, religiöser und sprachlicher Gruppierungen und Minderheiten. Linguisten sprechen von rund 200 verschiedenen Sprachen und Dialekten, die hier beheimatet sein sollen. Die meisten dieser Völker haben Entsprechungen auf dem indischen Subkontinent, so die Brahui (ein Volk an der afghanisch – pakistanischen Grenze mit einer urindischen – drawischen – Sprache) oder auch die Sikh, Hindi und Urdu, die den heute in Kaschmir, (Nord-)Indien und Pakistan lebenden Völkern gleichen Namens verbunden sind.
Die Stammeszugehörigkeit war (und ist) wesentlich größeres Identifikationsmerkmal als die Zugehörigkeit zu einem abstrakten Staat, der durch eine weit entfernte Regierung repräsentiert wird – eine Regierung, deren Herrschaft sich oft nur auf das Gebiet der Hauptstadt selbst beschränkt. Genauso wie sich starke Stammesbindungen einer Zentralmacht widersetzen, widerstand die in unzugänglichen Gebirgstälern lebende Bevölkerung lange der Islamisierung. Vor der Islamisierung hatten die Völker des heutigen Afghanistans eigene Religionen, wie die Lehre des Zarathustra, den Buddhismus, Brahmanismus, den Mithras-Kult, und verfügten über eigene hochentwickelte Kulturen, die mit ihrem jeweiligen Glauben eng verbunden waren Afghanistan ist auch nicht seit Jahrhunderten durch den Islam geprägt. Nuristan (nord-östliches Afghanistan), wurde erst im Jahre 1895 durch den Despoten Abdul Rahman gewaltsam islamisiert. Es gibt nicht wenige aufgeklärte Afghanen, die heute noch den Islam als Religion des arabischen Kolonialismus ansehen. Die Taliban hätten sich danach zu Handlangern arabischer Kriegsherren (Osama bin Laden und seiner „Al Quaida“) gemacht.
Externer Link
Die Sprachen Afghanistans
Über den Begriff Afghan und Afghanistan — (www.afghan-aid.de)