Wirtschaft:
Die Bevölkerung Syriens nimmt seit Anfang der 90er Jahre um durchschnittlich 2,4 Prozent jährlich zu. Nahezu 45 Prozent seiner Bewohner sind jünger als 14 Jahre, was einen enormen Bedarf an Arbeitsplätzen verursacht. Die verdeckte Arbeitslosigkeit liegt bei über 30%.
Die Europäischen Union ist der wichtigste Handelspartner Syriens. Mehr als 30 Prozent seiner Exporte gehen in die EU, nur 15 Prozent in die arabischen Staaten. Die wichtigsten Ausfuhrgüter Syriens (rund zwei Drittel der Gesamtexporte) sind Erdöl und Erdölprodukte, daneben Nahrungsmittel, Textilien und Bekleidung. Die Haupteinfuhrgüter sind Maschinen und Ausrüstungen, Metalle und Metallerzeugnisse, Kraftfahrzeuge, Nahrungsmittel und chemische Produkte. Sie kommen vor allem aus der EU.
Syrien verfügt über – wenn auch nicht gerade große – Erdölvorkommen. Zur Jahrtausendwende wurden noch täglich etwa 500.000 Barrel gefördert. Die syrische Ölproduktion ist 2005 auf ca. 405.000 Barrel pro Tag gefallen. Die Produktion in den bestehenden Ölquellen sinkt beständig und der Export von Öl ist seit 2004 deutlich zurückgegangen. Der hohe Ölpreis deckt zwar rund rund 50 % des Staatshaushalts. Die Ölreserven sind allerdings beschränkt. Syrien gibt seine Reserven mit 23 Milliarden Barrel an, international werden dagegen die Reserven auf nur drei Milliarden geschätzt. Spätestens ab 2008 – so schätzen Experten – wird Syrien selbst Erdöl importieren müssen.
Derzeit werden täglich etwa 22 Millionen Kubikmeter Erdgas gefördert, das größtenteils bislang zur heimischen Energieproduktion verwendet wird. Die Produktion soll ausgebaut werden. Syrien geht von Erdgasreserven von über 600 Milliarden Kubikmetern aus.
Diese wirtsschaftliche Situation erfordert eine Neuorganisation der syrischen Wirtschaft, die auch mit deutscher Hilfe den Sprung in ein marktwirtschaftliches System und der Förderung des Mittelstandes bewältigen soll (Quelle: Syrien entwickelt mit deutscher Hilfe die Marktwirtschaft — (www.eurasischesmagazin.de)). Seit Beginn der 90er Jahre hat sich eine private mittelständische Industrie entwickelt. Präsident Baschar al-Assader hat wirtschaftliche Liberalisierung, Marktöffnung und Verwaltungsreform zu Hauptanliegen seiner wirtschaftlichen Reformpolitik gemacht und mit dem syrische Vizepremier Dr. Abdullah al-Dardari, der in England Wirtschaft studierte und als Reformer gilt, einen Experten für ein ehrgeiziges Programm in eine Schlüsselstellung gesetzt:
Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft.
Den ideologischen Ballast der sozialistischen, planwirtschaftlichen Orientierung hat die syrische Baath-Partei einige Jahre nach der Jahrtausendwende “über Bord geworfen”. Im Zuge der seit 2003 vorangetriebenen Wirtschaftsreformen wird die syrische Wirtschaft weiterhin langsam geöffnet. Der im Mai 2006 verabschiedete 10. Fünfjahresplan für 2006 — 2010 markiert den Beginn einer Transformation der syrischen Wirtschaft von einer Plan- zur Sozialen Marktwirtschaft. Das Eurasische Magazin schreibt dazu:
“Fast unbeachtet vollzieht sich in Syrien ein tief greifender Wandel“
Von westlichen Medien weitgehend unbeachtet, vollzieht sich im sozialistischen Syrien ein wirtschaftspolitischer Wandel. Der Staat behält zwar die ökonomische Oberaufsicht, aber das Mittel der zentralen Planung wird sukzessive abgeschafft. Ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union vom Oktober 2004 wirkt bei dieser Entwicklung als Reformkatalysator. Es liegt allerdings gegenwärtig auf Eis, weil die USA auf einer Isolierung des Landes bestehen, und Brüssel es nicht wagt, eine eigenständige Politik zu verfolgen.
In einem Fünfjahresplan, den die staatliche Planungskommission für die Jahre 2006 bis 2010 vorgelegt hat, sind bereits eine Reihe grundsätzlicher Reformen enthalten. Es wurden Investitionsprojekte von mehr als vier Milliarden Dollar genehmigt, etwa in den Branchen Zement und Automobile. Die südkoreanischen Konzerne Daewoo und Kia, sowie die iranische Gesellschaft Iran Khodro, die an Peugeot beteiligt ist, investieren bereits im Land.
Syriens Ziel ist es, das gesamtwirtschaftliche Wachstum bis zum Jahr 2010 auf sieben Prozent anzuheben. Die verarbeitende Industrie und die Dienstleistungen sollen um mindestens zehn Prozent wachsen. Das Modell, das dem Reformplan zugrunde liegt, sieht außerdem einen Anstieg des Jahreseinkommens pro Einwohner von 1050 auf 1350 Dollar vor. In den kommenden sechs Jahren soll eine Million neuer Arbeitsplätze geschaffen werden. Um die Wettbewerbsfähigkeit der syrischen Wirtschaft zu verbessern, will man die Produktivität des Faktors Arbeit nahezu verdoppeln.”
Allerdings blockieren die USA eine Weiterentwicklung des Landes. Syrien wird dort als “Schurkenstaat” gesehen und soll — wie seinerzeit der Irak — isloiert werden, eine Politik, die von Russland und innerhalb der EU insbesondere von Deutschland nicht geteilt wird. Dort ist man der Meinung, dass eine Lösung des Nahost-Konflikts nur mit Syrien gelingen kann. Die mit der Umstruktierung der Wirtschaft einhergehende Transformation der Gesellschaft, die von Assad angestoßen wurde, erleichtert die Argumentation gegen eine Isolierung und Verhärtung Syriens.
In dieser Situation wendet sich Syrien notgedrungen einem alten Verbündeten zu. Russland — der Nachfolgestaat der Sowjetunion — hat im Sommer 2010 angekündigt, seine Flottenpräsenz auf den Weltmeeren erhöhen zu wollen. Dazu werden Stützpunkte benötigt. Und der alte sowjetische Stützpunkt im syrischen Tartus soll wieder belebt werden — um nach einer Modernisierung im Jahr 2012 schwere Schiffe, von Kreuzern bis hin zu Flugzeugträgern, aufnehmen zu können. Solche Stützpunkte sind für sich genommen bereits Wirtschaftsfaktoren. Über die Liegegebühren, die Ausgaben der dort stationierten Soldaten und die Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte ist ein Stützpunkt ein enormer Wirtschaftsgewinn. Dazu kommt die Möglichkeit, entsprechende Werftanlagen ggf. auch zivil nutzen zu können — und natürlich die Chace, diese Stützpunkte auch für die eigenen Marine zu nutzen.