Anfang 2008 machte der Irak durch erneute Bürgerkriegszenen Schlagzeiten. Die irakischen Regierungstruppen (und regierungsnahe Milizen) begannen, in den schiitischen Regionen Bagdads und im Südirak die Milizen des Schiitenführers Al Sadr zu attackien.
Ein anderes Ereignis fand dagegen kaum den Weg in die Medien — obwohl dieses Ereignis für die Zukunft des Iraks möglicherweise bedeutsamer ist. Dank des gestiegenen Ölpreises konnte der Irak im ersten Quartal 2008 seine Öleinnahmen gegenüber dem Haushaltsansatz von 35 Mrd. $ verdoppeln. Trotz aller Hindernisse hat sich der Irak damit von ausländischen Haushaltszuschüssen unabhängig machen können. 70 Mrd. $ im Quartal — das entspricht hochgerechnet einem Volumen von 280 Mrd. $ im Jahr, die weiter in die Öl- und Gasforderung investiert werden können, wenn die Belastungen aus dem Bürgerkrieg wegfallen. Bereits bisher gelang es dem Irak — trotz der Bürgerkriegswrren — die Ölförderung zu erhöhen, von 1,34 Mio. Barrel täglich im Jahr 2003 auf 2 Mio. Barrel im Jahr 2006 und 2,30 Mio. im Jahr 2007. Der Irak hat große Pläne: die Ölproduktion soll auf täglich vier Mio. Barrel gegenber dem Stand 2006 verdoppelt werden. Mit der Einweihung einer neuen Raffinerie in Nadschaf können zugleich nun täglich 20.000 Barrel Öl (zu je 159 Liter) verarbeitet werden — dringend erforderlich, um das ölreiche Land von Treibstoffeinfuhren unabhängig zu machen.
Vor allem die Regionen versuchen, aus den Bodenschätzen des Landes zu profitieren. Im Gebiet von Basra (Südirak) lagern 8 % der nationalen Ölvorkommen. Wenn es der Region gelingt, diese Vorkommen genauso wie der kurdische Norden faktisch eigenständig zu bewirtschaften, würde der schiitische Süden zum Wirtschaftsschwerpunkt des Landes werden.
Dazu kommt die Beruhigung im Norden des Irak, die der irakischen Regierung erlaubt, der EU Gaslieferungsverträge über die Türkei anzubieten — und die künfitge Gasleitung “Nabucco” zu füllen.
2011 — Abzug der Amerikaner — und danach?:
Bis zum Abzug der US-Truppen ist es nicht gelungen, das Land zu befrieden. Alleine im letzten Jahr der US-Präsenz — 2011 — wurden mehr als 4000 Zivilpersonen bei Anschlägen getötet. Wenn die Invasion also dem Schutz der Zivilbevölkerung diente, dann — so lässt sich aus der Zahl der seither getöteten Opfer feststellen — ist die Absicht der Intervention nicht erreicht worden.
Wenn man der US-Intervention das Motto “Blut für Öl” vorgeworfen hat, dann wäre der dahinter stehende Plan wohl gründlich schief gegangen: bis zum Abzug der Amerikaner exportierte der Irak nicht mehr Öl als unter den gegen Saddam gerichteten Sanktionen, knapp 2,5 Millionen Barrel pro Tag, die weit über 90 % zu den Staatseinnahmen des Landes beisteuern.
Und bis zum Abzug der Amerikaner war es den verfeindeten Gruppierungen des Irak — Sunniten und Schiiten, Kurden und Araber — nicht gelungen, sich über die Verteilung der Öleinnahmen zu einigen.
Deren Quellen sind ungleich verteilt. Im Schiiitschen Süd-Irak um Basra weisen die Öfleder West Qurna I und 22 (21 Mrd. Barrel), Rumaila (18 Mrd. Barrel) und Majnoon (12,6 Mrd. Barrel) die größten Reserven aus. Östlich von Bagdad liegt ein mit “East Bagdad” bezeichnete Reservoir und 8,5 Mrd. Barrel Reserven im einzugsgebiet der sunnitischen Araber — kein Wunder, dass sich diese mit den Kurden um den Zugriff auf das Ölreservoir Kirkuk mit 8,7 Mrd. Barrel streiten.
Inzwischen scheint aber die internationale Wirtschaft genug Vertrauen gefasst zu haben — die international tätigen Ölkonzerne haben sich zu Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Dollar verpflichtet, um die Förderkapazitäten bis 2017 auf 13 Millionen Barrel pro Tag mehr als zu verfünffachen. Damit würde die Kapazität Saudi-Arabiens überschritten — Grundstein für eine neue Blüte des Landes? Gleichlaufend mit dne Investitionen zur Erhöhung der Förderkapazität werden die Verladestationen am persisch-arabischen Golf erneuert und erweitert.