Wirtschaft:
Birma — oder Myanmar, wie das Land seit 1989 offiziell heißt — gehört mit einem BIP von 220,- $ pro Kopf der Bevölkerung zu den ärmsten Ländern der Welt. Dabei ist das Land reich — an Erdöl und Gas (540 Mrd. cbm sind nachgewiesen, vermutet wird das zehngrößte Erdgasvorkommen der Welt), an Gold, Edelsteinen und tropischen Hölzern, an Bodenschätzen wie Nickel, Kupfer und Kohle.
Öffnung nach Außen:
Nach der Niederschlagung der Studentenruhen von 1988 versuchten die Militärs, das Land von seiner selbstgewählten Isolation zu befreien. Da die Sanktionen des Westens andauern blieb der Militärjunta nur der Grenzhandel mit den unmittelbaren Nachbarn — mit China und Indien sowie mit Thailand — um die aussenwirtschaftliche Isolation zu brechen.
Bereits vor Jahren gelang es Myanmar, in der Volksrepublik China einen Verbündeten zu finden. Diese Verbindung liegt – wie das Beispiel Bangladesh zeigt — nahe. Die Interessen von Bangladesh und Birma sind durchaus vergleichbar. Der große Nachbar Indien wird mit Vorsicht beäugt – und ein guter Kontakt zu China, dessen Interessen eher zum Pazifik gerichtet sind, kann durchaus eine gewisse Rückversicherung darstellen.
Peking baut Straßen und Hochseehäfen — auch im eigenen Interesse, um direkten Zugang zum indischen Ozean zu erhalten. China kann sich mit einem “zweiten Anlaufhafen” im indischen Ozean — die Transitmöglichkeiten nach Pakistan sind von islamischen Rebellen, der Annäherung der pakistanischen Militärjunta an die USA und den schwierigen Verhältnissen auf den Gebirgstrassen bedroht — den langen und gefährdeten Weg über die Straße von Malakka sparen.
In Sittwe und Kyaukpyu am indischen Ozean werden die Häfen mit chinesischem Kapital erweitert. Vor der Provinz Arakan (Westburma) entsteht ein großer Ölterminal auf auf der Insel Ramree, ein Massenguthafen ist in Planung. Über das 600 km westlich von Rangun gelegene Kyauk Phyu mit seinem neuen, auch für größte Tanker geeigneten Hafen, will Peking Öl- und Gas aus dem Nahen Osten und Afrika importieren. China errichtet Staudämme zur Energieerzeugung und Hochhäuser. Burma liefert mit Rohstoffen den erforderlichen Zahlungsausgleich. Peking hat (dank des westlichen Embargos gegen Birma fast ohne Konkurrenz) Öl- und Gasfelder vor den Küsten erkundet und entsprechende Förderlizenzen erworben. Im Sommer 2007 wurde bekannt, dass Peking die gesamte Förderung des Shwee-Gasfeldes vor der Küste erwerben will — was für mindestens 40 Jahre Einnahmen von jährlich mehr als einer Milliarden Euro für die Militärjunta bedeutet. Über rund 2.400 km Öl- und Gaspipelines soll Burma mit Yunnan und dort mit dem chinesischen Pipeline-Netz verbunden werden. Chinesische Händler transportieren Tropenhölzer ab und lassen im Gegenzug die Errungenschaften der chinesischen Mittelschicht — Kühlschränke, Fernseher, aber auch günstig produzierte Textilien — nach Burma liefern. Dieser Warenaustausch findet zunehmend über gut ausgebaute Grenzstraßen statt. Die altbekannte Burma-Straße wird durch eine Schnellstraße von der chinesischen Grenze bis zu den Tiefseehäfen an der Küste ergänzt. Rund 1,5 Mrd. $ betrug das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten im Jahre 2006. Die chinesische Währung — der Yuan — entwickelt sich zum zweiten Zahlungsmittel im Lande, rund 1/3 der Burmesen soll inzwischen chinesischer Abstammung sein — Händler zumeist, die mit Läden und Einkaufszentren immer mehr die städtische Wirtschaft prägen. Gleichzeitig schließen die Textilmanufakturen Burmas, die unter einem Embargo westlicher Industrieländer leiden.
Ein befreundetes China hat kein Interesse, die rebellierenden Bergstämme zu stützen, ein befreundetes China kann günstig Waffen für eine große Armee liefern – und ein befreundetes China kann auch einen Ausgleich zum großen Nachbarn im Westen darstellen. Indiens Marine beherrscht den Golf von Bengalen, und die Andamanen erlauben es Indien, von Stützpunkten auf diesen Inseln aus die Seeverbindungen nach Myanmar zu kontrollieren.
Dass China dafür Stützpunktrechte an der Küste (z.B. auf den Coco-Inseln) erhalten hat – man spricht von einer U‑Boot-Basis und weitreichenden Beobachtungseinrichtungen in Richtung Indischem Ozean und der Straße von Malakka – wertet die eigenen, im interantionalen Vergleich eher schwachen Seestreitkräfte zumindest politisch auf – und zugleich wird der Anspruch Chinas auf regionale Einflussnahme gestärkt.
Bisher hat China in Myanmar “die Nase vorne”. Dennoch wird eine einseitige Bindung vermieden. Birma versucht, auch Anschluss an Indien und die südostasiatischen Tigerstaaten zu gewinnen.
Dass die militärische Präsenz der Chinesen wiederum bei Indien, das den Indischen Ozean als „mare nostrum“ empfindet, nicht auf große Begeisterung stößt, kann man sich vorstellen. Im Spätsommer 2007 führte Indien mit den USA, Japan und Australien ein groß angelegtes Marinemanöver zwischen seiner Ostküste und Birma durch — ein Zeichen der Stärke gegenüber den Versuchen des chinesischen Drachen, seine Nüstern in den indischen Ozean zu senken. Indien will China diesen wichtigen Staat vor seiner Gartentüre nicht tatenlos überlassen. Im Jahre 2006 brachte Indien eine diplomatische Offensive mit gegenseitigen Besuchen der Regierungsoberhäupter auf den Weg. Auch Indien möchte an den Öl- und Gasvorkommen gegenüber seiner Ostküste partizipieren, und Indien braucht Birma im Kampf geen Aufständische in seinen östlichen Grenzgebieten, die in den bergigen Urwaldregionen zu gerne Unterschlupfmöglichkeiten in Burma nutzen.
Ende 1996 fand anlässlich eines Gipfeltreffen der Regierungschefs der ASEAN-Staaten in Jakarta die Aufnahme von Myanmar, Kambodscha und Laos als Vollmitglieder in das Bündnis statt. Gleichzeitig versucht die Militärregierung seit 1993 ausländische Investitionen im Land zu fördern, um die wirtschaftliche Krise des Landes zu bewältigen.
Eine der wenigen westlichen Firmen, die in diesem Zuge in Myanmar investierten, ist der französische Ölkonzern Total, dessen Abgaben etwa 7 % des burmesischen Staatshaushalts decken sollen. Total erwarb dafür exclusiv das Recht zur Ausbeutung eines Gasfeldes in Yadana, dessen Ausbeute über eine Pipeline nach Thailand exportiert wird. Birmanesische Flüchtlinge haben Ende 2005 von Total Entschädigung verlangt, weil sie beim Bau der Pipeline als Zwangsarbeiter eingesetzt worden sein sollen. Total hat hierfür einen Entschädigungsfonds von 5,2 Mio. Euro eingerichtet.
In diesem Zuge lässt Birma zunehmend auch Touristen ins Land. Allerdings wird wegen der unsicheren innenpolitischen Lage insbesondere im Bereich der Grenzgebiet auch der östlichen Nachbarstaaten vor Einzelreisen gewarnt. Die Infrastruktur — Straßen, Brücken und Hotelanlagen — wurde vor allem in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit zwangsrekrutierten Bauern und Kinderarbeit errichtet. Reiseunternehmen und Hotels führen einen großen Teil des Gewinnes an die Militärs ab, die sich ein Leben in Luxus und Wohlstand leisten. Bis zum Ende des Zwangsumtausches (Dez. 2003) flossen auch die Devisen in die Taschen der Militärs. Allerdings kommen über die Touristen auch Kontakte zustande, die dem gegenseitigen Informationsaustausch und — über Trinkgelder und Geldwechsel — auch der Bevölkerung etwas Teilhabe an dem Tourismusgeschäft ermöglichen. Burma öffnet ganz langsam kleine Luken in dem eisernen Vorhang, mit dem die paranoiden und fremdenfeindlichen Machthaber das Land abgeschottet haben.
Über Thailand werden auch die wertvollsten Edelsteine aus Myanmar ausgeführt — über Schmuggelwege, aber mit größter Sicherheit vorbei an “einnehmenden” Kontrollposten der burmesischen Streitkräfte, in deren Händen das einträgliche Geschäft inzwischen auch liegen soll.