Der Weltspiegel beschreibt die Situation einprägsam weiter:
“Die Aufständischen wollen jetzt alle Macht, sie wollen nach Abidjan. Frankreich hat ein Beistandsabkommen mit Abidjan. Präsident Gbagbo ruft französisches Militär gegen die Aufständischen zu Hilfe. Doch anders als er erwartet, verhält sich Paris in diesem Konflikt neutral.
“Wenn hier niemand mehr die Linien zwischen Norden und Süden trennt, dann würden sie sofort gegeneinander marschieren. Das wäre der Beginn des Bürgerkrieges”, erklärt Capitaine Olivier Sagon von der französischen Operation Licorne.”
Quelle: Elfenbeinküste — Geteiltes Land — (www.daserste.de)
Nur ein Eingreifen Frankreichs hatte die ivorische Regierung vor dem Sturz geschützt. Nach viermonatigen Kämpfen zwischen regierungstreuen und rebellierenden Truppenteilen, bei denen 5000 Menschen starben, unterzeichneten die Konfliktparteien unter Vermittlung Frankreichs einen brüchigen Friedensplan und vereinbarten die Bildung einer “Regierung der nationalen Versöhnung”. Doch schon im September 2003 zerbrach diese Koalition, die Rebellen zogen sich aus der Übergangsregierung zurück, die geplante Entwaffnung lehnten sie ab. Der UN-Sicherheitsrat beschloss im Februar 2004 eine Friedensmission. Die 6300 Blauhelmsoldaten und UN-Beobachter sollen den Waffenstillstand überwachen und die Regierungstruppen im Süden von den Rebellen im Norden trennen.
Frankreich — das mit seiner ehemaligen Kolonie über ein militärische Beistands- und Verteidigungsabkommen — verbunden ist — hat sich in erheblichen Maßen an der UN-Truppe beteiligt. Im Rahmen dieses Abkommens hat Frankreich auch Truppen in Elfenbeinküste stationiert. Nach Djibuti befindet sich in Elfenbeinküste das größte Kontingent der französischen Armee in Afrika.
Im Norden begann bald eine Zeit marodierender Söldner aus Liberia und Sierra Leone.
Im Süden wird die Regierungsarmee mit Waffenlieferungen aus Angola und Ausbildern aus Südafrika und der Ukraine zunehmen aufgerüstet. Als am 4. November 2004 ein Kampfflugzeug aus dem Süden die bei Bouaké stationierten französichen Einheiten attackierte schlug die französische Luftwaffe vernichtend zurück — was mit einem massiven Volksaufstand gegen die französischen Truppen in Abidjan beantwortet wurde. Nur mit scharfen Schüssen konnten Hubschrauber der französischen Armee die Erstürmung der Kasernen verhindern. Die daraufhin ausgebrochene Vendetta gegen Weiße (insbesondere französische) Geschäftsleute führte zur größten und schnellsten Rettungsaktion in Afrika. Nach schweren Unruhen wurden Bundeswehr, aber auch französische und britische Soldaten eingesetzt, um europäische Staatsbürger Mitte November 2004 aus dem Land zu evakuieren. Auch die Bevölkerung selbst flüchtet in die Nachbarstaaten. Über 25.000 Europäer wurden innerhalb von 10 Tagen evakuiert — und mit Ihnen die größten Steuerzahler der ivorischen Wirtschaft.
Enge wirtschaftliche Verflechtung mit Europa:
Auch wirtschaftlich ist die Grande Nation — und damit der Europäische Währungsraum — eng mit seinen ehemaligen Kolonien verbunden, so etwa durch die Westafrikanische Währungsunion, der UEMA. Die Mitgliedsstaaten der UEMA, besitzen eine eigene Währung, den Franc CFA (Franc de la Communauté Financière Africaine), der wiederum an einen festen Wechselkurs an den französischen Franc gebunden war. Seit der Einführung des Euro ist der Franc CFA an den Euro gebunden (1Euro entspricht 656 Franc CFA). Die einzelnen Staaten dieser Währungsunion verfügen in Paris über ein Operationskonto, über das sie ihren gesamten Außenhandel abwickeln und auf dass sie 65 Prozent ihrer Gold- und Devisenvorräte einzuzahlen haben.
Wegen der Unruhen in der Elfenbeinküste haben mehrere tausend Menschen in Nachbarländern Zuflucht gesucht. In der vergangenen Woche seien rund 10 000 afrikanische Flüchtlinge aus dem Land allein im benachbarten, ohnehin von Krisen geschüttelten, Liberia eingetroffen, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf. Unterdessen sucht die Regierung von Elfenbeinküste die Unterstützung der Vereinigten Staaten in der Krise mit Frankreich. Washington solle Frankreich zum Rückzug seiner Streitkräfte auffordern, sagte der Sondergesandte Pascal Kokora. des ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo in den Vereinigten Staaten.
Der Weltspiegel-Bericht endet mit der Aussage:
“Doch die( Regierung in Abidjan) hat längst einen anderen Kurs eingeschlagen. Der christliche Präsident Gbagbo hat neue, einflussreiche Freunde im Kampf gegen den muslimischen Norden gefunden, nämlich jenseits des Atlantiks. Im fernen Washington sieht man nicht ohne Genugtuung, wie der Konflikt zwischen Paris und Abidjan eskaliert.”
Quelle: Elfenbeinküste — Geteiltes Land — (www.daserste.de)
Tatsächlich soll es bereits Überlegungen geben, US-Stützpunkte in der Region zu errichten.
Extrner Link: Das Interesse an Westafrika steigt — US-Militärstützpunkt geplant? — (www.uni-kassel.de)
Auch heute ist die Elfenbeinküste de facto ein geteiltes Land. Nördlich der Hauptstadt Yamoussoukro liegt die Waffenstillstandslinie, die das Land zwischen Liberia und Guinea im Westen und Ghana im Osten in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt. Der Norden mit den beiden Städten Bouakè und Korhogo ist in der Hand islamischer Rebellen, der Süden mit der Hauptstadt und dem Regierungssitz Abidjan wird von der christlichen Regierung kontrolliert. Dem Norden gegenüber stehen die “Jeunes Patriots”, die Anhänger der Regierung Gbagbo. Sie sehen sich als “echte Ivorer”, kämpfen gegen die Einwanderer und gegen eine politische und militärische Einmischung Frankreichs in dem Konflikt. In dieser Situation ist Gbagbo gefangen: Er hat die Politik gegen eine Anerkennung der Einwanderer als Ivorer fortgesetzt und so die Krise verschärft, ebenso hat er versucht, sich von Frankreich zu lösen. Mit diesem Versuch ist er bislang gescheitert, da nicht zuletzt die anderen westafrikanischen Staaten diesen Kurs nicht unterstützt haben und sich Washington — noch — aus dem Konflikt heraus hält.
Der Norden kontrolliert die Grenzübergänge nach Burkina Faso, Malo und Guinea, und der Transit in diese Nachbarstaaten bildet die Existenzgrundlage für den Hafen von Abidjan im Süden.
Das Land ist wirtschaftlich faktisch lahm gelegt. Die Wirtschaftsleistung schrumpgte zwischen 1999 und 2009 um die Hälfte. Die Zahl der Ivorer mit einem Einkommen “unter der Armutsgrenze” stieg gleichlaufend von 18 % (1998) auf fast 50 % (2010).
Die Zweiteilung des Landes spiegelt sich auch im Wahlergebnis vom Jahresende 2010 — der ersten Wahl seit dem Jahr 2000 — wieder: Diese mehrfach verschobene Wahl sollte eigentlich das geteilte Land wieder einigen. Internationale Beobachter hatte die Wahl zunächst auch als im Allgemeinen frei und gerecht beschrieben. Knapp einen Tag nach dem von der Wahlkommission verkündeten Sieg für den Oppositionsführer Alassane Ouattara (Outtara habe mit 54,1 Prozent die meisten Stimmen bekommen), hat der Verfassungsrat aber Amtsinhaber Laurent Gbagbo zum Gewinner erklärt. “Während Ouattara 48,6 Prozent der Stimmen erhalten habe, seien auf Gbagbo 51,4 Prozent der Stimmen entfallen”, wurde nun Leiter des Verfassungsrates verkündet.
Es bleibt abzuwarten, wie die unterschiedlichen Kräfte des Landes auch auf die internationelen Stimmen reagieren werden. “Die UN-Vertretung in der Elfenbeinküste teilte mit, die Vereinten Nationen würden auch nach der Entscheidung des Verfassungsrats Ouattara als Gewinner betrachten. Die USA forderten alle Seiten auf, das von der Wahlkommission verkündete Ergebnis anzuerkennen. Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy appellierte an den Verfassungsrat, “den Willen des Volkes zu respektieren.”
(1. Quelle: FTD 2. Quelle: Tagesschau)
Ausblick:
Es ist kaum zu erwarten, dass die beiden Teile des Landes sich in absehbarer Zeit wieder friedlich zusammen finden. Dazu sind die Emotionen auf beiden Seiten zu sehr und zu lange aufgeheizt worden. Wenn es nicht zu einem Bürgerkrieg größeren Ausmaßes kommen soll, muss die derzeitige Pufferzone zwischen dem islamischen Norden und dem christlichen Süden noch über Jahre hinaus von Dritten gesichert werden.
Im Schutz dieser Friedenstruppen werden sich beide Landesteile wohl voneinander weg entwickeln. Wie in Nigeria und anderen Staaten des Kontinents droht das Land innerhalb seinen kolonialen Grenzen zu zerbrechen.
Interne Links:
Französische Soldaten von Elfenbeinküste angegriffen, 8 Tote.
Diskutieren Sie mit: Commity — Elfenbeinküste
Soll- / Muss sich Europa engagieren? www.defence-forum.net
Externe Links:
Elfenbeinküste allgemein:
Fakten — Zahlen — Links
Ereignisse und Entwicklungen 2004
Geschichte in Auszügen
www.spiegel.de
Elfenbeinküste — (www.westafrika.de)
Frankreichs Wurzeln in Afrika — (www.tagesschau.de)
Uni Kassel:
Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) — Geschichte, Politik — (www.uni-kassel.de)
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: www.auswaertiges-amt.de
Honorarkonsulat der Elfenbeinküste in München