Neuere Geschichte:
Während der britischen Kolonialzeit wurden systematisch die Kalenjins und Massai aus den klimatisch günstigen Hochländern im Westen Kenias — insbesondere aus dem Gebiet von Rift Valley — verdrängt.
Der „Mau-Mau-Aufstand“ gegen die Engländer wurde zum Symbol für den Unabhängigkeistkampf der ostafrikanischen Völker und Stämme. Obwohl von den Briten militärisch unterdrückt führte das damit verbundene politische Desaster zur Unabhängigkeit des Landes. Erster Präsident (und wegen seiner außenpolitisch moderaten Führung später von den Briten geschätzt) wurde. Jomo Kenyatta, der Staatsgründer, war genauso wie der bis 2007 im Amt befindliche Präsident Mwai Kibaki ein Kikuyu. Lediglich die Wahl von Daniel arap Moi vom schwachen Stamm der Kalenjin brachte eine mehrjährige Unterbrechung. Jomo Kenyatta, Kenias “Gründervater” ließ nach der Unabhängigkeit des Staates tausende Kikuyus auf den von den britischen Siedlern geräumten Gebieten ansiedeln. Die Kalenjin fühlten sich um die Früchte der Unabhängigkeit gebracht.
Die Unruhen, die im Januar 2008 Kenia erschütterten, waren ausgelöst durch offenkundige Wahlmanipulationen — es ist unerklärlich, dass die Opposition 100 von 137 Parlamentssitzen eroberte, aber nur 44,3 % (gegenüber 46,7%) der Stimmen in der Präsidentenwahl auf den Oppostionskandidaten fallen sollten. Wahlbeteiligungen von über 90 % — sowohl in den Wahlgebieten der Luo (Oppositionsfüher) wie auch der Kikuyu (Regierungsvertreter) sind ebenso … unwahrscheinlich.
Die Verlierer der bisherigen “Kikuyu-Regentschaft” wollten offenbar auch einmal an die Schaltstellen der Macht, um dort die Kikuyu von den lukrativen Regierungsstellen zu verdrängen — und fühlen sich nach offenkundigen Wahlmanipulationen um ihren Sieg betrogen. Der ethnische Konflikt ist aber zutiefst auch und vor allem ein “Schichtenkonflikt”, zwischen den bisherigen Verlieren der “Vetternwirtschaft” (s.u.) und denjenigen, die sich nicht von den lukrativen Schaltstellen trennen wollen.
Wirtschaft:
Mit Wachstumsraten von bis zu 7 % (2007) galt Kenia trotz der grassierenden Korruption politischer Entscheidungsträger bis Ende 2007 als “Musterland Afrikas”. Das Land mit über 30 Mio. Einwohnern (2007 angebl. 37 Mio.) und einem BIP von 22,2 Mrd. $ gilt als größte Volkswirtschaft im ostafrikanischen Raum. Dabei verfügt das Land kaum über Bodenschätze. Kenia wird ökonomisch hauptsächlich von Landwirtschaft und Tourismus geprägt. Daneben spielen die Küstenfischerei sowie die Fischerei am größten Binnensee Afrikas — dem Vikcoria-See — eine lokale Rolle. Das Land exportiert Agrarproduktue wie Tee, Kaffe, Blumen oder Ananas.
In der Landwirtschaft sind vor allem die Blumenplantagen von internationaler Bedeutung. Kenia ist führender Blumenexporteuer nach Europa. Gerade im Winter — wenn tausende von Touristen das Land besuchen — nehmen die Flugzeuge Blumen nach Europa zurück. 2005 wurden so Exporterlöse von rund 700 Mio. $ erzielt.
Tourismus und Warentransport (insbesondere für Burundi, Ruanda, Uganda und den Südsudan) sind aber die größten Devisenbringer des Landes.
Im Jahr 2007 haben mehr als eine Million Touristen, doppelt soviele wie fünf Jahre zuvor - vorwiegend Deutsche und Briten — rund 650 Mio. Euro in die Kassen des Landes transferiert. Damit hat die Branche etwa 14 % des BIP erwirtschaftet. Nicht nur die traumhaft weißen Strände und die Naturschutzgebiete im Landesinneren sind anziehend. So manche “weiße Frau” soll dem Charme der heimischen Gigolos erlegen sein. Zehntausende von Arbeitsplätzen hängen direkt oder indirekt von dieser Branche ab. In Folge der Unruhen nach dem Wahldebakel ist diese Branche allerdings Anfang 2008 zusammen gebrochen. Nur etwa 10 % der Betten waren belegt — obwohl der Januar die Hochsaison für die den Winter fliehenden Europäer ist. Von prognostizierten 220 Mio. Euro Einnahmen aus der Wintersaison 2007/2008 werden wohl nicht einmal 8 Mio. Euro erreicht.
Der Hafen von Mombasa gilt als das Versorgungstor für Ostafrika. 2002 wurden 7,8 Millionen Tonnen angelandet, 2006 waren es bereits 11,8 Millionen Tonnen. Etwa 1/3 der Güter werden in Kenias Nachbarländer weitertransportiert – überwiegend nach Uganda, dessen BIP zu einem Großteil vom Warentransfer über Mombasa anhängig ist. Auch der Südsudan, der durch den jahrelangen Bürgerkrieg mit dem Norden faktisch weitgehend isoliert ist, hat über Kenia die kürzeste Verbindung zum Meer. Selbst der Ostkongo — und erst recht die Binnenstaaten Ruanda und Burundi — nutzen überwiegend den Transit über Mombasa, da der — schelcht organisierte — Hafen Daressalam in Tansania so gut wie überlastet ist. Die (einzige) Eisenbahn des Landes, die Uganda-Bahn, und Speditionen spielen dabei aber nur eine untergeordnete Rolle. Der Warentransport erfolgt vor allem mit Pick-ups und Kleinbussen.
Der Handel liegt überwiegend in der Hand von Kleinhändlern und den so genannten „Aseans“ – Nachkommen indischer Kulis, die in der britischen Kolonialzeit als Arbeitskräfte ins Land geholt wurden und inzwischen an die uralten Geschäftsbeziehungen der Swahili-Kultur über den indischen Ozean hinweg anknüpfen.
Das Wirtschaftsleben ist dabei meist von einer wortwörtlich zu bezeichnenden „Vetternwirtschaft“ geprägt. Wer die Möglichkeit hat, versucht armen und mittellosen Verwandten zu einem entsprechenden Einkommen zu verhelfen.
Diese „Vetternwirtschaft“ führt dazu, dass die Einkommensverteilung eher zu Gunsten der ohnehin bereits Begüterteren erfolgt, während Familien und Stämme ohne entsprechende Verbindungen zu den Verlierern gehören. Damit baut sich eine zunehmende Spannung zwischen ärmeren und reicheren Stämmen auf.
Regionale Zusammenarbeit:
Am 2. März 2004 unterzeichneten die Staatschefs von Tansania, Kenia und Uganda das Protokoll zur Weiterentwicklung der Die East African Community (EAC). Auf dieser Grundlage soll in den nächsten Jahrenüber eine Zollunion ein Binnenmarkt mit fast 80 Mio Einwohnern auf einer Fläche der Größe Westeuropas entstehen. Ruanda und Burundi haben Anträge auf Mitgliedschaft in der EAC gestellt.
Externe Links:
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik — (www.auswaertiges-amt.de)