Bantu-Afrika: Dem. Rep. Kongo (Kinshasa) (Democratic Republic of the Congo)


Flagge Dem. Rep. Kongo (Kinshasa)

 

Aus­ge­hend von der aktuellen Wach­s­tum­srate wird … die Demokratis­che Repub­lik Kon­go … fün­fzig Jahre Frieden brauchen, nur um erneut das Einkom­men­sniveau des Jahres 1960 zu  erre­ichen. Mit dem niedri­gen Einkom­men, dem gerin­gen Wach­s­tum, der Abhängigkeit von Primärgütern und eienr Geschichte voller Bürg­erkriege ste­hen die Chan­cen auf fün­fzig fort­laufende Frieden­s­jahre jedoch nicht son­der­lich hoch.”:
Paul Col­lier “Die Unter­ste Mil­liarde — Warum die ärm­sten Län­der scheit­ern und was man dage­gen tun kann”, München 2008

Wirtschaftlich­er Wieder­auf­bau:
In (inzwis­chen) sel­tener Einigkeit möcht­en die USA und die EU den Kon­go “unter Kur­ra­tel” nehmen. Die vom West­en­bere­it gestell­ten Mit­tel zum Wieder­auf­bau sollen durch die neu gewählte Regierung nur mit Zus­tim­m­mung aus Wash­ing­ton und Brüs­sel vergeben wer­den. Ein “afrikanis­ch­er Rat der Weisen” — gebildet aus renom­mierten Staat­spräsi­den­ten des Kon­ti­nents — soll dabei bera­tende Funk­tion einnehmen.Mit Hil­fe der Welt­bank, und unter­stützt von der inter­na­tionalen Min­ing Con­sul­tants Group (EU) sowie Dun­can & Allen und Ernst & Young (USA) will der staatliche Minenkonz­ern Gécamines bere­its jet­zt die in den Wirren des jahrzehnt­langen Bürg­erkriegs verkomme­nen Abbauan­la­gen wieder in Schuss brin­gen. Dazu sind neue Minen geplant und in der Erschließung:

Im “Tenke-Fun­grume-Kobalt-Kupfer-Pro­jekt” hat die US-Amerikanis­che Minenkonz­ern Phelps-Dodge (über 57 % Beteili­gung) mit der kanadis­chen Tenke Min­ing Cor­po­ra­tion (knapp 25 % Beteili­gung) bis Mitte 2007 ins­ge­samt 650 Mio. Dol­lar für die Erschließung von vier Minen in einem Konzes­sion­s­ge­bi­et von 1.600 qkm zwis­chen Lubum­bashi und Kol­wezi investiert. Mehrere Tausend Kon­gole­sen aus den bei­den Städten sollen in der Mine Arbeit find­en. Fast 1,5 Mio. Ton­nen Kobalt und 20  Mil­lio­nen Ton­nen Kupfer mit einem poten­tiellen Mark­t­preis von 90 Mrd. $ sollen dort lagern und ab Ende 2008 gefördert wer­den. Bere­its im ersten voll­ständi­gen Förder­jahr wer­den Erträge von 115.000 Ton­nen Kupfer und 8.000 Ton­nen Kobald erwartet. Der jährlich Kupfer­ausstoß soll auf 400.000 Ton­nen steigern — und mit dieser Förderung soll bis zu 11 % des Welt­mark­tes abgedeckt wer­den. “Stiller Teil­haber” ist Gécarmines, das mit über 17 % an der gemein­samen Minenge­sellschaft beteiligt ist, und nicht selb­st investiert, son­dern schon vor der ersten Förderung zwis­chen 15 und 50 Mil­lio­nen Dol­lar als “Gebühren” von den bei­den anderen Konz­er­nen kassiert haben soll. Von den kün­fti­gen Gewin­nen sollen 31 % als Abgaben an die kon­gole­sis­che Regierung und 9 % an den Staatskonz­ern laufen.
Die kanadis­che “First Quan­tum” Minenge­sellschaft wird dem­nächst in ihrem Konzes­sion­s­ge­bi­et im Südosten Katan­gas an der Gren­ze zu Sam­bia eine zweite Mine in Betrieb nehmen, nach Investi­tion von rund 230 Mio. Dol­lar. Mit der ersten Mine, der Lon­shi-Mine, wird Erz mit einem Kupfer­an­teil von 10 % gefördert — zehn­mal so viel wie in der welt­größten Kupfer­mine in Chile.  In Kol­wezi - im Gren­zge­bi­et zu Ango­la und Sam­bia — wird von dem Konz­ern mit weit­eren 250 Mio. Dol­lar eine Kupfer-Kobat-Mine erschlossen.

Aber auch andere inter­essieren sich für den Wieder­auf­bau — Chi­na hat bere­its bish­er von den “schwarz abge­baut­en” Boden­schätzen prof­i­tiert und diese aufgekauft. Vor allem das kon­gole­sis­che Kuper wurde über Sam­bia via Tansa­nia oder Südafri­ka nach Chi­na ver­bracht. Inzwis­chen bemüht sich die Cov­ec Group (Chi­na) auch offiziell um einen Auf­trag zur Restau­rierung der Kamatan­da-Minen und der Aufar­beitungsan­la­gen für Kupfer und Kobalt.

Ein Beispiel der “inter­na­tionalen Zusam­me­nar­beit” ist der Aus­bau der Infra­struk­tur. Die über 3000 km lange “Route Nationale 1” von Kin­shasa über Kik­wit, Tshika­pa an der angolanis­chen Gren­ze, die Dia­man­ten­stadt Mbu­ji-Mayi und Lubum­bashi bei Sam­bia ist Teil des Transafrica-High­ways, der von Algi­er bis nach Johan­nes­burg führt und damit den Nor­den des Kon­ti­nents (Alge­rien) mit dem Süden (Südafri­ka) verbindet. Den­noch wür­den selb­st Aben­teuer­reisende erhe­bliche Prob­leme haben, ins­beson­dere die seit 1960 im Kon­go ver­fal­l­ende Strecke zu bewälti­gen. Selb­st mit starken, gelän­degängi­gen All­rad-LKWs dauerte bish­er die Bewäl­ti­gung der Schlamm­loch­piste mehrere Monate. Mit Mit­teln der Europäis­chen Union und der Welt­bank wur­den bis Mitte 2011 die ersten 560 km erneuert — durch einen chi­ne­sis­chen Konz­ern, der eine reko­rd­verdächtig kurze Auf­bauzeit benötigte. Und reko­rd­verdächtig ist auch die Geschwindigkeit, die nun für die Bewäl­ti­gung der Strecke zwis­chn Kin­shasa und Kik­wit benötigt wird. Aus ein­er Wochen­reise ist nun eine Tages­reise gewor­den, die bequem im Bus für 15 Dol­lar zurück gelegt wer­den kann. Den Bauern der Prov­inz Ban­dunu (mit Kik­wit) hat die Straße zu Wohl­stand ver­holfen — die land­wirtschaftlichen Pro­duk­te wer­den von Zwis­chen­händlern aufgekauft und in die Haupt­stadt Kin­shasa gebracht, wo die frische Ware auf den Märk­ten verkauft wird wie die sprich­wörtliche “warme Sem­mel”. Das Einkom­men der Bauern führt auch in der Region zu ver­stärk­ter Nach­frage und damit ins­ge­samt zu steigen­dem Wohl­stand. Der schlägt sich wieder in höherem Energiebe­darf nieder, der bish­er mit Diesel­gen­er­a­toren gedeckt wurde — und ein indis­ches Unternehmen ist dabei, ein Wasserkraftwerk mit ein­er Leis­tung von über 9 Megawatt für die örtlichen Bedürfnisse zu erricht­en (Stand 2011). 

Chi­na, das vom bürg­erkriegsz­er­störten Ango­la den Auf­trag zum Wieder­auf­bau der Eisen­bahn zwis­chen Benguela und dem angolanis­chen Erzge­bi­et an der Gren­ze zum kogole­sis­chen Lubum­bashi erhal­ten hat — und mit der Tansa­nia-Sam­bia Bahn­lin­ie bere­its über ein exel­lentes Ref­eren­zob­jekt ver­fügt — hat gute Chan­cen, sich als wichtiges Abnehmer­land für die kon­gole­sis­chen Erze zu etablieren, und Chi­na ist nicht bekan­nt dafür, seine Finanzen nach Men­schen­rechts­gesicht­spunk­ten, unter Berück­sich­ti­gung von Unter­drück­ung oder Kor­rup­tionzu vergeben.

Ein solch­er Wieder­auf­bau braucht — neben Ruhe und Sicher­heit — vor allem eines: Energie; dementsprechend gibt es Pläne für riesige Wasserkraftwerke am Kon­go, die nicht nur den Kon­go selb­st, son­dern auch die umliegen­den Staat­en mit Strom ver­sor­gen und somit enorme Ein­nah­men erzie­len könnten.

Eine weit­ere Möglichkeit der Energiev­er­sorgung tut sich am Kivu-See auf, der einen Teil der Gren­ze zu Ruan­da bildet. Auf seinem Grund lagern rund 65 Kubikkilo­me­ter Methan in 300 bis knapp 500 Meter Tiefe. Ruan­dis­che Inge­nieure haben bei Gisenyi bere­its ein kleines Kraftwerk mit 30 Megawatt Leis­tung errichtet, das aus dem Gas im See gespeist wird. Vier weit­ere, größere Anla­gen sind im Bau oder noch geplant. Ein ruan­disch-kon­gole­sis­ches Gemein­schaft­sun­ternehmen möchte ab 2013 sog­ar ein 200 Megawatt Kraftwerk mit dem Gas betreiben.

Goril­las und Touris­mus — oder Öl? Vor dieser Frage ste­ht der Staat zu Beginn des Jahres 2014. Unter dem 1925 gegrün­de­ten 300 km langem und gle­ichzeit­ig rel­a­tiv schmalem Nation­al­park von Virun­ga, der die let­zten frei leben­den Pop­u­la­tio­nen der Berggo­ril­las beherbergt, sollen sich reiche Ölvorkom­men befind­en. Die Ölfir­ma Soc­co Inter­na­tion­al (britisch) ver­mutet Mil­liar­den von Litern im Schutzge­bi­et — und hat im Som­mer 2010 von der kon­gole­sis­chen Regierung entsprechende Lizen­zen zur Explo­ration erhal­ten. Zunächst hiel­ten aus rival­isieren­den Hutu und Tut­si gebilde­ten, mar­o­dierende Milizen wie die Maji Maji, FDLR (ab 2011) und M23 (ab 2012) den britis­chen Ölkonz­ern von entsprechen­den Erkun­dun­gen ab — was aber passiert, wenn der mil­liar­den­schwere Ölkonz­ern entsprechende Schutzgelder zahlt, und dann sog­ar mit der Förderung begin­nen kann?  Parkdi­rek­tion und die Fis­ch­er des Eduard- und Kivu-Sees im Bere­ich des Schutzge­bi­etes befürcht­en eine entsprechende Zer­störung der Umwelt. Die Parkdi­rek­tion set­zt auf Touris­mus als Gegenkonzept — und hat begonnen, mit kleinen Wasserkraftwerken eine eigene, kleine, ökol­o­gisch unbe­den­kliche Wirtschafts­grund­lage aufzubauen.