Leistungsschau der Superlative – ILA 2008 in Berlin
Im Zentrum des Besucherinteresses standen die Displays der Fluggeräte; sowohl statisch als auch in Flugvorführungen. Besonders in den Bann gezogen haben die Unterschiede zwischen den vorgeführten Flugzeugen. Die enorme Leistung eines Eurofighters verbunden mit dem infernalischen Lärm der fast bei der kompletten Vorführung aktivierten Nachbrenner. Steigraten, die senkrecht gen Himmel führten und eine erstaunliche Wendigkeit stellten die Fähigkeiten des europäischen Jagdflugzeugs beeindruckend dar.
Ganz anders die dazu fast lautlose US-amerikanische C‑17 Globemaster III. Auch hier war die Steigleistung für eine so große Maschine bemerkenswert und die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Flugzeugs am Boden wurden mit einer durch Umkehrschub vorgeführten Rückwärtsfahrt demonstriert. Das Flugzeug hat hierfür eine installierte Rückfahrkamera, die der nur drei Personen starken Crew, die Sicht nach hinten ermöglicht und so maximal autark auf Flugplätzen manövrieren läßt.
Ebenso immer wieder faszinierend die schiere Größe des zivilen Airbus A380 und die dafür geringe Lärmemission beim Start und Vorbeiflug. Ein ungefährer Eindruck dazu läßt sich im Community-Videobereich (GlobalDefence.net Community: Videos) gewinnen.
Bild Quelle/Image source: ILA 2008 |
Bei den Hubschraubern war die vorgeführte Luftlandeoperation des deutschen Heeres, genauer der Division Luftbewegliche Operationen (DLO), ein Highlight. Fallschirmjäger schwebten zur Aufklärung der Lage ein und bereiteten die Landung der Hubschrauber vor. Während die mittleren Transporthubschrauber CH 53 G Soldaten und Fahrzeuge, sowohl als Außenlast, als auch im Innenraum einflogen, wurde die Operation von neuen TIGER-Kampfhubschraubern aus der Luft gesichert. Die Luftverteidigung vom Boden aus übernahm sofort nach dem Absetzen das OZELOT-Flugabwehrsystem im Nahbereich montiert auf dem Waffenträger WIESEL. Sämtliche beteiligten Soldaten trugen die neue Ausrüstung des Infanteristen der Zukunft und waren so Teil der vernetzen Operation.
Neben dem großen Showprogramm waren für Fachbesucher die zahlreichen Ausstellerstände eine interessante Möglichkeit zur Information und zum Meinungsaustausch. Wie in den letzten Jahren ist die Vernetzung der Streitkräfte ein klarer Schwerpunkt. Hinzu kommt der sich stark vergrößernde Bereich der unbemannten Aufklärungssysteme (UAV).
Die datentechnische Einbindung von Aufklärungssystemen, Soldaten, Fahrzeugen, Artillerie, Kampfflugzeugen, Luftabwehr, usw. in das komplexe Schlachtfeld der Zukunft und deren Umsetzung in Computerprogrammen hat beeindruckende Fortschritte gemacht. Sei es im Rahmen der Artillerieführung, Stichworte ADLER und KleingeräteZierlOrtung (KZO), oder der komplexen Flugabwehrsysteme, die die Kapazitäten der Luftwaffe bündeln und optimal zum Einsatz bringen.
Bild Quelle/Image source: Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe/Anton Mühlemann |
EADS hat hierzu das Surface-to-Air Missile Operations Centre (SAMOC) entwickelt. Das System unterstützt die integrierte Theatre Ballistic Missile Defence (TBMD)u.a. im Verbund mit Radarsystemen, AWACS und vorhandenen Luftabwehrsystemen z.B. PATRIOT. Dabei ist eine spätere Integration von weiteren Systemen jederzeit möglich. SAMOC stellt für die Operatoren die Möglichkeit zur Verfügung, Flugaktivitäten zur verfolgen und ggf. Flugzeuge als feindlich, verbündet oder neutral zu markieren. Auf mehreren Monitoren wird dabei das Lagebild bedarfsgerecht dargestellt; von der Kartenansicht mit Positionsangaben der Flugzeuge, Flugabwehrpositionen und Raketenstellungen, über Flugkorridore bis hin zur Anzeige, die die einzelnen Objekte in einem speziellen Display nach Entfernung, Klassifizierung und Bekämpfungsmöglichkeiten wieder gibt.
Eine Besonderheit bei der Entwicklung war die Vorgabe der deutschen Luftwaffe auch ökonomische Gesichtspunkte zu berücksichtigen und die Waffenauswahl nach den Kosten der Abwehrmaßnahme zu staffeln. So wird die PATRIOT-Flugabwehrrakete als teuerstes Waffensystem nur ausgewählt, wenn kein anderes System zur Bekämpfung verfügbar ist.
SAMOC ist aber nicht nur ein reines Überwachungs- und Erfassungssystem, sondern unterstützt die Soldaten zudem bei der Planung der Radar- und Raketenstellungen. Auf einer topografischen Karte können z.B. die optimalen Standorte für die Radarstellungen noch vor der Aufstellung simuliert werden. Ebenso werden ‚blinde‘ Bereiche einer aktuellen Abwehrstellung angezeigt. Nach der Planung am Computer ist es möglich, die aktuellen Daten auf einen mobilen Rechner zu übertragen und Stellungen vor Ort zu erkunden. Störende Objekte (Bäume, Häuser, usw.) werden vom Erkundungsoffizier erfaßt und die optimale Stellung direkt an SAMOC übermittelt. Die Radareinheiten erhalten darauf ihren genauen Stellungspositionen zugewiesen und sobald eine Radarstellung einsatzbereit ist, wird auch dieses an SAMOC übermittelt.
Immer komplexere Systeme ermöglichen so den optimalen Einsatz von Mensch und Material. Besonders mit Blick auf die steigenden Kosten im Beschaffungsbereich der Streitkräfte sicherlich ein Ausblick in der Entwicklung zukünftiger Computersysteme zur Gefechtsfeldunterstützung.
GFF4 — Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge Bild Quelle/Image source: KMW |
Auch die Hersteller von Fahrzeugen waren auf der Messe präsent. Krauss-Maffei Wegmann zeigte auf einem Stand Modelle seiner Produktpalette. Schwerpunkt waren neben den Kampfpanzern (LEOPARD 2 PSO) die neuen Geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeuge der Klasse 4 (GFF4). Diese können als multifunktionale Plattformen an die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kunden angepaßt werden. Vom beweglichen Gefechtsstand, über Ambulanz, bis hin zum Transport‑, Patrouillen‑, Begleit- und Beobachtungsfahrzeug. Ebenfalls möglich ist die zivile Nutzung im Bereich Polizei, Grenzschutz oder durch Hilfsorganisationen. Über vier Tonnen Nutzlast und die Besatzung finden unter Panzerung Schutz vor Minen, Artilleriesplittern, Beschuß (bis 12,7mm) und Improvised Explosive Devices (IED). Dem sechsrädrigen Fahrzeug dient ein IVECO Fahrgestell als Basis; bei einem Gefechtsgewicht von 25 Tonnen bietet es Platz für bis zu 10 Soldaten. Neben einer möglichen Bewaffnung mit 40mm Granatmaschinenwaffe oder MG, ist die Ausrüstung mit Wärmebildgerät, CCD-Farbkamera und Laserentfernungsmesser möglich. Ebenso kann das Schutzniveau auf Kundenwunsch erhöht werden. Eine Luftverlastung mit dem neuen europäischen Transportflugzeug A400M ist Bestandteil des Fahrzeugkonzepts.
Ausstellungshallen 1928 Bild Quelle/Image source: ILA |
Geschichtlich blickt die ILA auf ein fast 100-jähriges Bestehen zurück. 1909 fand die erste ILA in Frankfurt am Main statt und dauerte 100 Tage. Hauptsächlich Zeppeline und Ballons wurden von 500 Aufstellern rund 1,5 Mio. Besuchern vorgeführt. Star war damals das Flugzeug der Gebrüder Wright.
Seit 1992 findet die ILA in Berlin Schönefeld statt und auch die ILA des Jahres 2008 bot wieder alles, was von einer Airshow erwartet wurde.
Insgesamt 1.127 Austeller aus 37 Ländern waren vertreten und zeigten auf der ILA 2008 neben der zivil genutzten Technologie auch das gesamte Spektrum an verteidigungsrelevanten Produkten, Dienstleistungen, sowie den aktuellen Stand von Forschung- und Entwicklung.