Unter dem Zwang, im Verteidigungsbudget Einsparungen in Milliardenhöhe zu generieren, hat Verteidigungsminister Robert Gates ein zentrales Vorhaben der US Marine Corps (USMC) gestrichen.
In den 1980er-Jahren hatte das USMC eine neue Strategie für amphibische Operationen entwickelt. Die größeren Landungsschiffe sollten einen deutlichen Abstand zur Küste wahren ; amphibische Landungen sollten außerhalb der Reichweite möglicher Küstenverteidigungsstellungen „hinter dem Horizont“ beginnen. Dazu wurden drei Beschaffungsvorhaben initialisiert, von denen zwei (Luftkissenboote LCAC und Schwenkrotorflugzeuge V‑22 Osprey) inzwischen realisiert sind. Dritte Komponente sollte ein Expeditionary Fighting Vehicle EFV werden (bis 2003 als Advanced Amphibious Assault Vehicle AAAV bezeichnet), ein amphibischer gepanzerter Personentransporter, der von einem Landungsschiff ins Wasser gesetzt einen Trupp Marineinfanteristen an einen Strand bringen konnte. Das USMC verfügt derzeit über AAV (Amphibious Assault Vehicle), die aber nur knapp zwei Seemeilen zwischen einem Schiff und der Küste überbrücken können.
Die taktischen — /technischen Forderungen für das EFV sahen eine Reichweite von 25 sm vor. Auf dem Wasser sollte es Geschwindigkeiten von 20 Knoten, auf Straßen an Land dann 45 km/h erreichen. Die Tankfüllung sollte dem Fahrzeug an Land eine Reichweite von mehr als 500 km geben. Neben drei Mann Besatzung sollten 17 Marineinfanteristen Platz finden. Eine 30-mm-Maschinenkanone Bushmaster II sollte dem EFV eine deutlich höhere Feuerkraft als dem AAV geben; verbesserte Panzerung darüber hinaus den Eigenschutz erhöhen.
EFV Prototyp bei Erprobung Bildquelle: US Marine Corps |
Ursprünglich wollte das USMC für 8,5 Milliarden Dollar insgesamt 1025 EFV kaufen; 2011 sollte die Serienproduktion anlaufen. Nach erheblichen technischen Problemen (u.a. Motorausfälle nach nur 30 Minuten) war allerdings bereits Anfang 2007 absehbar, dass die Produktion nicht wie geplant anlaufen würde. Das USMC forderte den Bau zusätzlicher Prototypen. Designveränderungen und Fristverlängerungen führten schließlich auch zu erheblichen Kostenüberschreitungen. In der Folge musste das USMC seine Forderungen bereits auf 573 Fahrzeuge zurück schrauben. Dennoch wurde zuletzt ein Gesamtumfang von 14,4 Milliarde Dollar genannt – ohne dass wirklich klar war, ob EFV letztendlich die Forderungen erfüllen würde.
Nicht wirklich überraschend hat Verteidigungsminister Gates nun „die Reißleine gezogen“. In einer Alternative soll das USMC nun die vorhandenen AAV modernisiert werden. Mittelfristig soll dann ein neues (deutlich billigeres) Vorhaben initiiert werden. Zur Disposition steht dabei offenbar die hohe Reichweite im Wasser von 25 sm. In den 80er Jahren war ein 25-sm Abstand der großen Landungsschiffe von einer feindlichen Küste wohl noch sinnvoll; moderne Küsten-FK haben die Bedrohungslage inzwischen deutlich verändert.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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