Die Entwicklung eines Schiffsgeschützes der Zukunft ist offenbar einen großen Schritt voran gekommen.
Railgun-Versuch 2008 (Foto: US Navy) |
Beim US Naval Surface Warfare Center Dahlgren wurden erste Testschüsse mit einem von zwei Prototypen einer industriell gefertigten Railgun durchgeführt. Ein solches Geschütz (genauer: Electromagnetic Railgun/EMRG, dt. Schienenkanone) beschleunigt durch magnetische Wechselwirkung ein auf einem stromführenden Schlitten liegendes Projektil entlang zweier parallel laufenden Schienen („Rails“). Abhängig von u.a. Schienenlänge und Stärke des Stromimpulses lassen sich dabei Geschwindigkeiten im Hyperschallbereich erreichen, ja grundsätzlich ist die Geschossgeschwindigkeit sogar nur durch die Luftreibung begrenzt; das Geschoss kann aufgrund der Reibungshitze sogar verglühen. Das nebenstehende Foto eines Versuches (2008) zeigt, wie extrem stark die Umgebungsluft (!) durch das hyperschallschnelle Projektil beim Abschuss erhitzt wird.
Die hohe kinetische Energie ermöglicht extrem große Reichweiten (diskutiert werden mehr als 250 sm) und gibt den abgefeuerten Geschossen eine enorme Durchschlagskraft. Im Gegensatz zu herkömmlichen Geschützen müssen nur noch Projektile, nicht jedoch Treibladungen bevorratet werden, und es gibt am Geschütz weniger bewegliche Teile, was möglichen Verschleiß und Ausfall auf wenige Teile verringert und das Waffensystem so wartungsärmer macht.
Das Prinzip der Railgun ist nicht neu. Schon im 2. Weltkrieg gab es Versuche deutscher Wissenschaftler, die aber weitgehend erfolglos blieben. Problem war damals die Konstruktion eines Energiespeichers (Kondensators), der kurzzeitig bis zu 40 Megajoule (MJ) liefern muss. Hier ist die technologische Entwicklung nun aber so weit voran geschritten, dass dies möglich wird. Im März 2006 hatten BAe Systems und General Atomics vom Office of Naval Research (ONR) der US-Navy den Auftrag erhalten, in einem bis 2020 reichenden Vorhaben jeweils eine Railgun für Kampfschiffe der Zukunft zu entwickeln. In ersten Versuchen noch mit einem „Demonstrator“ und unter Laborbedingungen wurde 2008 (siehe Foto) bereits eine Energie von 11,2 MJ erreicht, und das Geschoss konnte damit auf Mach 7 beschleunigt werden.
Mit dem ersten Prototypen von BAe Systems wurde nun wurde nun auch das für Ende 2011 gesetzte Ziel von 32 MJ realisiert — ausreichend, ein Geschoss auf achtfache Schallgeschwindigkeit zu beschleunigen. Ein solches Projektil würde in seiner ballistischen Kurve über die Erdatmosphäre hinaus aufsteigen und dann GPS-gesteuert mit etwa Mach 5 binnen knapp einer Minute ein etwa 200 sm entferntes Ziel treffen. Im April will auch General Atomics seinen Prototypen in Dahlgren präsentieren.
Beide Prototypen sollen in ihrem Aussehen schon einem Geschütz nahe kommen, und auch schon deutlich kleiner und leichter sein als der „Demonstrator“ von 2008. Die US Navy ist daher sehr zuversichtlich, spätestens etwa 2020–25 erste Kampfschiffe mit voll einsatzklaren Railguns bestücken zu können. Mit den geplanten „All Electric Ships“ sollte sich auch das Problem der Energiebereitstellung lösen lassen. Die gewünschte Reichweite wird zur Zeit noch relativ konservativ mit „50 – 100 sm“ angesetzt, aber Wünsche nach „bis zu 200 sm“ werden nicht mehr als realitätsfern abgetan.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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