An der US-Atlantikküste hat am 30. Januar die amphibische Großübung „Bold Alligator 2012“ begonnen.
Insgesamt 20.000 Soldaten sind an dieser noch bis zum 12. Februar dauernden „größten amphibischen Übung der letzten zehn Jahre“ beteiligt, als deren Ziel eine „Wiederbelebung der Grundlagen amphibischer Operationen“ genannt wird. Vor allem aber geht es auch darum, den Einsatz von US Marines oberhalb des in den letzten Jahren üblichen Levels der Marine Expeditionary Unit (MEU, ca. 2.200 Mann) zu üben. Höhepunkt wird denn auch eine amphibische Kampflandung in Brigadestärke, bei der eine aus zehn Einheiten bestehende Amphibious Task Force die 2nd Marine Amphibious Brigade gegen „mittlere Bedrohung“ bei Camp Lejeune an der Küste North Carolinas an Land setzen wird. Daneben sind noch eine weitere amphibische Kampflandung bei Fort Story (Virgina) sowie eine von See her bei Fort Pickett (Virgina) durchgeführte Luftlandung geplant.
Fiktive Ausgangslage ist die Invasion von „Amber“ (in der Übungsgeographie Teile von North Carolina) durch eine Panzer-/Panzergrenadierdivision des „aggressiven“ Nachbarn „Garnet“. Die Regierung des bedrängten „Amber“ bittet die USA um Hilfe, den Vormarsch des Angreifers zu stoppen und ihn wieder aus dem Lande zu vertreiben. Das Übungsgebiet reicht dabei von den Küstengewässern Virginias und North Carolinas bis ins Inland, wobei auch Flusskampfkräfte (Riverine Forces) zum Einsatz kommen. Neben den Übungsabschnitten mit realen Truppen werden einige Szenarios auch nur am Computer simuliert.
In einem mehrtägigen Übungsvorlauf machten sich Führungsstäbe, Kommandanten und Operationsoffiziere u.a. auch vor einem „tactical floor“ mit der Übungsgeographie und dem geplanten Szenario vertraut und entwickelten erste operative Pläne. Am 30. Januar liefen die beteiligten Einheiten dann aus ihren Stützpunkten aus in Ausgangspositionen für erste Vorübungen oder begannen mit der Beladung von Truppen und Gerät. Zu den Teilnehmern gehören mit IWO JIMA, WASP und KEARSARGE gleich drei amphibische Träger, die von weiteren amphibischen Schiffen ihrer Amphibious Ready Groups ergänzt und Überwasserkampfeinheiten, U‑Booten, Minenabwehrkräften, Fliegerkräften sowie großen Schiffen des Military Sealift Command unterstützt werden. Letztere machen deutlich, dass „Bold Alligator 2012“ nicht zuletzt auch die operativen Vorteile des zentralen Konzeptes „Sea Basing“ demonstrieren soll.
Vorbereitung am ‘Tactical Floor’ (Foto: US Navy) |
Ebenfalls in „Bold Alligator 2012“ eingebunden ist die Carrier Strike Group (CSG) um den Flugzeugträger ENTERPRISE. Der Flugzeugträger und seine Begleitschiffe hatten im Rahmen eines Work-up für einen geplanten Einsatz in den letzten zwei Wochen bereits vor Norfolk eine Composite Training Unit Exercise (COMPTUEX) durchgeführt. Mit „Bold Alligator“ schließt die Kampfgruppe um den dienstältesten Flugzeugträger der US Navy die Vorbereitung für diesen Einsatz ab. Im März soll die ENTERPRISE CSG Norfolk in Richtung Arabisches Meer / Persischer Golf verlassen. Der lange geplante, mehrmonatige Einsatz soll letzter operativer Einsatz der ENTERPRISE sein; nach Rückkehr soll das 51-jährige Schiff dann deaktiviert werden.
Auch wenn überwiegend US-Kräfte teilnehmen, die Übung national geführt wird und inhaltlich auch weitgehend die Umsetzung nationaler Konzepte verfolgt, ist „Bold Alligator 2012“ doch kein rein nationales Vorhaben. 150 kanadische Soldaten, 80 britische Royal Marines, vor allem aber der französische Hubschrauberträger MISTRAL, machen aus der amphibischen Großübung ein multinationales Manöver, und noch weitere Länder (Australien, Italien, Neuseeland, Niederlande, Spanien) sind mit kleinen Kontingenten und / oder Beobachtern mit von der Partie.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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