Anfang Februar hatte die US Navy ihre Neubauplanung für die kommenden 30 Jahre (30-Year Shipbuilding Plan — SBP) vorgelegt. Nun mehren sich Zweifel an der Realisierbarkeit.
Basis des SBP war der Erhalt einer „313-Ship Fleet“ durch zyklische Erneuerung des Schiffsbestandes (bis 2040 insgesamt 276 Neubauten). Dazu wollte die US Navy mit jährlich etwa 16 Mrd. Dollar (Basis 2010) auskommen und dabei zwischenzeitlich sogar eine „323 Ship Fleet“ realisieren. Schon kurz nach der Vorstellung des SBP war Skepsis aufgekommen. Immerhin bezifferte eine Schätzung des US Kongresses aus dem Jahre 2008 die für den Erhalt einer „313-Ship Fleet“ notwendigen Mittel auf etwa 27 Mrd. Dollar. Am 26. Mai hat das Congressional Budget Office (CBO) in einer Studie nun neue Schätzungen vorgelegt. Die Diskrepanz zu den Vorstellungen der US Navy ist zwar nicht sehr so groß wie noch vor zwei Jahren, aber die Rechnungsprüfer sehen immer noch deutliche Lücken bei der Finanzierung der diversen Schiffbauprojekte der US Navy. Sie kalkulieren, dass die US Navy durchschnittlich etwa 3 Mrd. Dollar jährlich mehr benötigen wird. In der im Haushaltsjahr 2011 beginnenden ersten Dekade könne man zwar ein nur geringes Defizit von vier Prozent erwarten; gegen Ende des Planungszeitraums werde die Deckungslücke aber auf voraussichtlich 37 Prozent anwachsen. Auf den Gesamtzeitraum bezogen liege die Planung der Marine um etwa 18 Prozent unter den tatsächlich zu erwartenden Ausgaben (durchschnittlich 19 Mrd. Dollar).
CVN-78-Klasse Bildquelle: US Navy |
Die Differenzen ergeben sich vor allem aus den unterschiedlich veranschlagten Basiskosten und zu erwartenden Kostensteigerungen für die einzelnen Vorhaben. So beziffert die US Navy den Finanzbedarf für einen neuen Flugzeugträger der CVN-78-Klasse auf 10,6 Mrd. Dollar; das CBO geht von 12,4 Mrd. aus, wobei die Baukosten für das Typschiff GERALD R FORD sogar noch deutlich höher ausfallen könnten. Jedes einzelne der 14 ab 2019 zu bauenden neuen strategischen U‑Boote SSBN(X) wird laut CBO-Studie um mindestens 1 Mrd. Dollar teurer als von der Navy kalkuliert. Die US Navy will neue Zerstörer DDG(X) Replacement für nur 2,4 Mrd. Dollar bauen; das CBO erkennt hier einen Bedarf von 4 Mrd. Dollar. Auch bei den neuen amphibischen Trägern der AMERICA-Klasse sieht das CBO eine Deckungslücke von fast 1 Mrd. Dollar. Fast alle anderen Vorhaben der US Navy würden ebenfalls um mehr als 10 Prozent teurer als geplant.
Fazit der Studie des Congressional Budget Office: Zwar gäbe es bei der Ermittlung der wahrscheinlichen Kosten für Designentwicklung und Bau neuer Kriegsschiffe vor allem für das Ende des Planungszeitraums deutliche Unsicherheiten und auch unterschiedliche Berechnungsansätze, aus denen zum Teil auch die Diskrepanzen zwischen der CBO-Studie und dem SBP der US Navy resultierten. Eindeutig klar sei aber, dass die Absicht der Marine, bis 2040 mit jährlich durchschnittlich nur 16 Mrd. Dollar insgesamt 276 neue Schiffe zu beschaffen, illusorisch sei. Die US Navy müsse entweder ihre Forderungen an das Budget erhöhen (mit wohl nur geringen Aussichten auf Erfolg), oder aber Abstriche an die Anzahl der zu bauenden Einheiten machen. Wahrscheinlich werde sie sich von der „313 Ship Fleet“ verabschieden müssen. In den kommenden Wochen und Monaten kommt es nun für die US Navy darauf an, ihre Wünsche und Vorstellungen auf der politischen Ebene mit den Ausschüssen des Kongresses abzustimmen und bei der Mittelbewilligung für die diversen Vorhaben (das Haushaltsjahr 2011 beginnt bereits im Oktober dieses Jahres) Kompromisse zu erreichen. Dabei zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Beschaffung neuer strategischer U‑Boote SSBN(X) sehr kontrovers diskutiert werden dürfte.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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