Der andauernde Monsun setzt somalischen Piraten mit Wind und Wellen weiterhin enge Grenzen, verdammt sie aber nicht zu völliger Untätigkeit. In kleinen Gebieten dicht unter einer Küste, vor allem im inneren Golf von Aden und im südlichen Roten Meer (Meerenge von Bab el Mandeb), finden sie immer noch Wetterbedingungen, die ihnen Überfälle erlauben, und dies nutzen sie auch.
JUBBA XX Bildquelle: EU NavFor |
So gelang ihnen am 16. Juli im Golf von Aden die Kaperung des kleinen Tankers JUBBA XX (4,800 ts, 16 Mann Besatzung), der auf dem Wege aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Berbera (Somaliland) war. Das Schiff hatte sich nicht einem Konvoi angeschlossen und seine Passage auch nicht angemeldet.
Noch drei weitere Überfälle wurden in der letzten Woche gemeldet. Am 16. Juli versuchten Piraten im Golf von Aden den griechischen Frachter ELINAKOS zu entern, brachen ihr Unternehmen aber ab, als die indische Fregatte GODAVARI und die deutsche Fregatte NIEDERSACHSEN sich näherten. Waffen und Piratenausrüstung wurden schnell über Bord geworfen; anschließend setzte das Skiff sich ab. Am 18. Juli griffen Piraten mit „mehreren“ Skiffs im äußersten Süden des Roten Meeres, knapp nördlich des Bab el Mandeb, den dänischen Frachter STELLA KOSIN an, zwei Tage später im gleichen Seegebiet den Tanker FRONT PRIDE. In beiden Fällen wurde der Kaperversuch sofort abgebrochen, als eingeschiffte bewaffnete Sicherheitsteams Warnschüsse abgaben.
Die Überfälle zeigen, dass selbst in den gegenwärtig nur sehr kleinen „Operationsgebieten“ der Piraten die Präsenz internationaler Seestreitkräfte nicht ausreicht, Überfälle grundsätzlich zu verhindern. Zudem endet am Bab el Mandeb der politisch definierte „Zuständigkeitsbereich“ von NATO und EU NavFor (und vermutlich auch der meisten anderen am Horn von Afrika operierenden Marinen); nur wenige Meilen nördlich der Meerenge können Piraten offenbar völlig ungehindert ihr Unwesen treiben.
Immer mehr internationale Schifffahrtsgesellschaften sehen denn auch in der Einschiffung bewaffneter Sicherheitsteams den einzig wirksamen Schutz vor einer Entführung. Immerhin konnten somalische Piraten bisher noch kein einziges solchermaßen gesichertes Schiff kapern. So kann nicht verwundern, dass in jüngster Zeit zahlreiche Unternehmen auf den Markt drängen, um den zunehmenden Bedarf zu decken. Allein in Großbritannien wurden in den letzten 18 Monaten mindestens 120 solche Firmen gegründet Sie rekrutieren ihr Personal vor allem aus früheren Soldaten britischer Special Forces, werben mit lukrativen Angeboten zunehmend aber auch aktive Soldaten ab. Medien berichten, der British Special Boat Service und die Royal Marines sähen sich bereits vor erheblichen Personalproblemen. In Deutschland hat der Verband Deutscher Reeder einmal mehr gefordert, entweder die Anheuerung ziviler bewaffneter Sicherheitsteams zu erlauben, oder aber durch Einschiffung von Bundespolizisten den Schutz deutscher Schiffe in piratengefährdeten Gebieten zu gewährleisten – ganz sicher darf der VDR auch weiterhin nicht auf eine baldige Entscheidung hoffen.
Die Präsidenten von Südafrika und Tansania, Jacob Zuma und Jakaya Kikwete, haben bei einem Treffen am 20. Juli eine „dynamische Zusammenarbeit“ bei der Bekämpfung der regionalen Piraterie vereinbart. Man registriere mit Sorge, dass somalische Piraten ihre Aktivitäten zunehmend in nicht von internationalen Seestreitkräften patrouillierte Gebiete nach Süden verlagerten. Wie genau sich die Zusammenarbeit gestalten soll, bleibt vorerst unklar. Ebenfalls am 20. Juli hat die Europäische Union mit Mauritius ein Abkommen zur Überstellung in Gewahrsam genommener Piraten geschlossen. Das „Pre-trial Prisoner Transfer Agreement” ist ein erster Schritt auf dem Wege zu einer Strafverfolgung somalischer Piraten vor Gerichten in Mauritius.
An dieser Stelle wird fast ausschließlich über Piraterie vor Somalia berichtet, aber dies darf nicht darüber hinweg täuschen, dass Piraten auch andernorts aktiv sind. Fast täglich werden vor allem auch vor Westafrika und aus Südostasien Überfälle gemeldet. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich von denen am Horn von Afrika. Während dort die Entführung von Schiffen und Besatzungen zur Erpressung von Lösegeld im Vordergrund steht, führen Piraten andernorts fast ausschließlich „Hit-and-Run“ Überfälle durch. Schiffe, bevorzugt Ankerlieger, werden nachts kurz geentert, die Besatzungen ausgeraubt, Wertsachen von Bord gestohlen – dann sind die Piraten auch schon wieder von Bord. Schiffsentführungen sind ausgesprochen selten. Das hat natürlich seinen Grund. Nur in Somalia können Piraten ohne Furcht vor einem Eingreifen staatlicher Sicherheitskräften gekaperte Schiffe bis zu einer Zahlung von Lösegeld monatelang vor der Küste vor Anker legen. In allen anderen Ländern sähen sie sich schon nach kurzer Zeit mit Polizei oder Streitkräften konfrontiert.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die Singapore Air Force hat am 15. Juli ein Seefernaufklärungsflugzeug Fokker-50 von Dschibuti in die Heimat zurück verlegt. Das Flugzeug hatte in den letzten drei Monaten die multinationale CTF-151 mit insgesamt 58 Einsatzflügen unterstützt.
Am 18. Juli ist die deutsche Fregatte BAYERN aus Wilhelmshaven in Richtung Horn von Afrika ausgelaufen.
BAYERN Bildquelle: US Navy |
Am 13. August soll in Dschibuti die Führung der EU NavFor vom portugiesischen Commodore Alberto Manuel Silvestre Correia auf den deutschen FltlAdm Thomas Jugel übergehen. Dann soll auch die BAYERN die portugiesische Fregatte VASCO DA GAMA bei „Operation Atalanta“ als Flaggschiff ablösen.
Am 21. Juli ist die 9. chinesische Einsatzgruppe mit dem Zerstörer WUHAN, der Fregatte YULIN und dem Flottenversorger QINGHAIHU im Golf von Aden eingetroffen. Der Verband traf sich mit der seit Mai eingesetzten 8. Einsatzgruppe. Bevor diese in Richtung Heimat abläuft, führen beide Verbände in „operativer Übergabe“ gemeinsam Konvoisicherung durch.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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