Somalische Piraten ließen in der abgelaufenen Woche kein Schiff frei, aber sie konnten auch kein weiteres Schiff in ihre Gewalt bringen. Mit Einsetzen des Südwestmonsuns (zunächst im Golf von Oman) stellt sich die regionale Wetterlage langsam um und dürfte – zur Erleichterung von Reedern und Kapitänen der die Region passierenden Handelsschiffe – die „operativen Möglichkeiten“ der Piraten nun zunehmend erst einmal wieder einschränken. Starke Winde und hoher Seegang dürften sich bis Ende Mai langsam nach Südwesten ausbreiten. Das bedeutet aber nicht, dass nun die Überfälle schlagartig aufhören. Sie werden sich bestenfalls regional verlagern, wobei die Piraten vor allem bemüht sein werden, unter Ausnutzung kurzer ruhiger Wetterphasen nahe der somalischen Küste (Golf von Aden) und im zunächst noch ruhigeren südlichen Somaliabecken zuzuschlagen.
Grafik: gcaptain.com |
Eine im Internet veröffentlichte Grafik lässt schon für die abgelaufene Woche einen deutlichen regionalen Schwerpunkt im Ostausgang des Golfes von Aden und vor der omanischen Küste erkennen. Hier wurden fast täglich Überfälle gemeldet, die glücklicherweise sämtlich erfolglos blieben. So wurde am 5. Mai etwa 180 sm südlich von Salalah (Oman) der Frachter KING GRACE angegriffen, auch beschossen, konnte sich aber mit Ausweichmanövern und Beschleunigung auf Höchstfahrt retten. Im gleichen Seegebiet, etwas weiter nördlich, versuchten Piraten einen Tag später einen mit Rohöl beladenen Tanker der Vereinigten Arabischen Emirate zu kapern. Hier hat wahrscheinlich das unvermutete Erscheinen eines auf den Notfunkspruch reagierenden iranischen Kriegsschiffes die Verbrecher zum Abbruch ihres Vorhabens veranlasst.
Am 8. Mai griffen Piraten etwa 300 sm östlich von Socotra den maltesischen Massengutfrachter RABEE an, aber das Schiff konnte sich retten. Erfolglos blieben Piraten schließlich auch mit Versuchen, am 10. Mai den Massengutfrachter MBA LIBERTY sowie am 11. Mai den Öltanker UACC AL MEDINA zu kapern.
Bereits am 5. Mai konnte die niederländische Fregatte TROMP (NATO) ein mutmaßliches Piratenboot stellen. Der Whaler war nur 10 sm von der somalischen Küste entfernt von einem spanischen Aufklärungsflugzeug entdeckt worden. Die im Schutz der Dunkelheit unbemerkt an die Position heran geführte niederländische Fregatte stoppte das offene Boot, durchsuchte es, fand wohl offenbar auch Piratenausrüstung. Der Whaler wurde zerstört, die vier Insassen nach ausgiebiger Befragung zurück an die Küste befördert und dort abgesetzt.
Nachtboarding Wärmebild: niederl. Marine |
Am 13. Mai entdeckte ein deutsches Seefernaufklärungsflugzeug (EU NavFor) vor der somalischen Küste eine vor einem Jahr gekaperte und seitdem als Mutterschiff missbrauchte Dhau und führte die französische Fregatte NIVOSE (EU NavFor) heran. Deren Warnschüsse wurden zunächst ignoriert, aber schließlich stoppten die Piraten. Mit Blick auf die Geiseln war ein Boarding zwar nicht möglich; die Piraten ließen sich aber durch Scharfschützen „überreden“, ihre Skiffs aufzugeben (ohne die sie keine Schiffe angreifen können). Danach durften sie die Dhau zur somalischen Küste zurück steuern – wo sie sicher sofort neue Skiffs aufnehmen werden.
Die chinesische Regierung überlegt zusätzliche Maßnahmen zum Schutz ihrer die Region passierenden Handelsschiffe. So ist offenbar auch eine Anheuerung ziviler Sicherheitsfirmen zur Einschiffung bewaffneter Sicherheitsteams im Gespräch. Der Rückgriff auf zivile Firmen scheint angesichts der Personalreserven der chinesischen Streitkräfte auf den ersten Blick abwegig. Hier sind aber wohl vor allem logistische und völkerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Zivile Firmen können sich relativ problemlos in der Region abstützen und ihre Teams vor örtlichen Häfen einschiffen. Chinesische Soldaten haben ohne vorherige politische Abkommen diese Möglichkeit nicht.
Mit Blick auf durch Piraterie verursachte höhere Kosten (Umwege, Lösegelder etc…) hat die Schifffahrtsgesellschaft A.P. Moller-Maersk AS die Frachtraten / Risikozuschläge für die Region passierende Schiffe weiter erhöht. In diesem Zusammenhang ist auch eine Meldung aus Indien erwähnenswert. Die indische Regierung wehrt sich heftig gegen die Erweiterung der international offiziell definierten piratengefährdeten Gebiete nach Osten bis an die indischen Territorialgewässer. Praktisch jedes die indische Westküste ansteuernde Schiff müsse nun Risikozuschläge und höhere Frachtraten zahlen; die wirtschaftlichen Einbußen seien enorm. Sicher hätten die Piraten ihre Aktionen weit nach Osten ausgedehnt, aber bei Weitem nicht bis an die indischen Gewässer. In den nun als „piratengefährdet“ erklärten Seegebieten habe es bisher keinen einzigen Überfall gegeben, und indische Marine und Küstenwache sorgten mit groß angelegten Operationen dafür, dass dies auch künftig nicht der Fall sei.
Indien spricht sich einmal mehr dafür aus, sämtliche in der Region operierenden multinationalen Verbände und unter nationalem Befehl eingesetzte Kriegsschiffe in einer einzigen Organisation unter UN-Mandat zusammenzufassen. Die vor der Küste des Libanon operierende UNIFIL Maritime Task Force zeige, dass es neben an Land eingesetzten UN-Friedenstruppen durchaus auch maritime UN-Friedenstruppen geben könne. Ein solchermaßen zentralisierter Einsatzverband könne deutlich effektiver arbeiten und koordinierter auf Lageentwicklungen reagieren.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Mit Einlaufen in den Heimathafen bei der Ostflotte hat die 7. chinesische Einsatzgruppe mit den Fregatten ZHOUSHAN und XUZHOU ihre sechsmonatige Einsatzfahrt beendet.
Bei der russischen Nordflotte hat sich am 8. Mai der Zerstörer SEVEROMORSK (UDALOY-Klasse) auf den Weg ans Horn von Afrika gemacht. Unterwegs sollen sich der Tanker YELNYA (ALTAY-Klasse) der Baltischen Flotte sowie im Mittelmeer ein Bergeschlepper der Schwarzmeerflotte dem Zerstörer anschließen. „Im Juni“ soll die neue russische Einsatzgruppe dann ihre Operationen (vornehmlich Konvoisicherung) im Golf von Aden aufnehmen.
SEVEROMORSK Bildquelle: Deutsche Marine |
Die zuvor dort eingesetzte Einsatzgruppe der Pazifikflotte (Zerstörer ADMIRAL VINOGRADOV, Tanker PECHENGA und Bergeschlepper SB-522) hat auf dem Rückweg nach Wladiwostok inzwischen Südostasien erreicht. Vom 7.–12. Mai führte der Verband einen Hafenbesuch in Da Nang (Vietnam) durch.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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