In weiten Teilen des Indischen Ozeans beeinträchtigt der saisonale Nord-Ost-Monsun zur Zeit die kleinen Piratenskiffs in ihren Möglichkeiten, Handelsschiffe zu entführen. Das gilt vor allem für die Seegebiete unmittelbar vor der somalischen Küste. In einigen Gebieten des Arabischen Meeres herrschen allerdings gute Voraussetzungen für Kaperungen, und dies musste am 27. Dezember der italienische Frachter ENRICO IEVOLI erfahren. Das Schiff hatte in den Vereinigten Arabischen Emiraten 15.000 t Ätznatron an Bord genommen und sich auf den Weg ins Mittelmeer gemacht. Im Osteingang des Golfs von Aden wollte der Kapitän sich für die Passage durch piratengefährdete Gebiete einem von chinesischen Kriegsschiffen gesicherten Konvoi anschließen. Den vereinbarten Treffpunkt erreichte der Frachter allerdings nicht mehr. Vor der omanischen Küste nordöstlich von Salalah kaperten Piraten die ENRICO IVEOLI, nahmen die 18 Mann Besatzung als Geiseln und steuerten ihre Beute in Richtung Somalia.
Karte: gcaptain.com |
Einen weiteren möglichen Überfall konnte die iranische Marine am 26. Dezember vereiteln. Nach Meldungen staatlicher iranischer Medien hatten im Golf von Oman, nur 30 sm von der iranischen Küste entfernt, drei Skiffs sich „in verdächtiger Weise“ einem saudischen Tanker genähert. Dabei hatten sie offensichtlich übersehen, dass die iranische Marine zwei Tage zuvor im gleichen Gebiet ihr Großmanöver „Velayat 90“ (s.u.) begonnen hatte. Sofort waren mehrere Kriegsschiffe zur Stelle und „vertrieben“ die mutmaßlichen Piraten. Wie üblich gab es keinerlei Meldungen über (auch nur versuchtes) Boarding und Durchsuchung der verdächtigen Boote. Man kann daraus nur schließen, dass die iranische Marine sich grundsätzlich damit begnügt, (mutmaßliche) Piraten nur zu vertreiben. Offenbar ist sie nicht autorisiert, sie auch zu „neutralisieren“ und damit eine mögliche Gefahr für andere Handelsschiffe vorbeugend zu beseitigen.
Deutsche Medien berichten über die Absicht der Europäischen Union, die Rules of Engagement für die in Operation „Atalanta“ eingesetzten Schiffe der EU NavFor deutlich zu erweitern. Sie sollen künftig auch an der somalischen Küste an Land gegen Piraten vorgehen dürfen, dort z.B. flüchtende Piraten verfolgen oder Boote schon im Piratenlager bei der Ausrüstung für Kaperfahrten zerstören.
Piratencamp am Strand von Somalia (Foto: EU NavFor) |
Eine offizielle Bestätigung steht noch aus, aber überfällig wäre ein solcher Schritt — zu dem der UN-Sicherheitsrat mit Resolution 1851 übrigens schon vor drei Jahren ausdrücklich ermuntert hat — allemal. Schließlich ermöglicht nur die Rückzugsmöglichkeit in ein von jeder staatlichen Autorität und äußeren Bedrohung freies „Sanktuarium“ den somalischen Piraten überhaupt ihre Verbrechen. Die möglichen neuen Rules of Engagement der EU wären so durchaus geeignet, den Piraten mittelfristig die Basis für ihre Verbrechen zu entziehen. Auch von Land aus geraten sie allmählich unter Druck. In den semi-autonomen somalischen Provinzen Puntland und Somaliland sind immer weniger örtliche Autoritäten bereit, die Piraten gewähren zu lassen und gehen zunehmend aktiv gegen sie vor.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die frühere 9. chinesische Einsatzgruppe mit dem Zerstörer WUHAN und der Fregatte YULIN ist am 24. Dezember in ihren Heimatstützpunkt Zhanjiang (Südflotte) zurück gekehrt und hat damit ihren insgesamt 176-tägigen Einsatz beendet. Wie üblich hatten die Schiffe nach der Ablösung durch die 10. Einsatzgruppe und auf dem Heimweg noch einige Besuche in ausländischen Häfen durchgeführt.
Zerstörer WUHAN (Foto: china-defense.com) |
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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