An der “Piratenfront” vor dem Horn von Afrika blieb es in der abgelaufenen Woche ungewöhnlich ruhig. Es gab weder Berichte über neue Kaperungen, noch über Angriffe auf Handelsschiffe. Nur einige wenige Male meldeten Kapitäne von Handelsschiffen verdächtige Skiffs, die jedoch keine Versuche unternahmen, ein Schiff tatsächlich anzusteuern. Meist dürfte es sich dabei um harmlose Fischer gehandelt haben. Allerdings sind weiterhin mehrere Gruppen Piraten mit Mutterschiffen (meist zuvor gekaperte Dhaus) in der Region unterwegs. Vorsicht bleibt also geboten.
Quelle: Google Maps |
Ein Zwischenfall wird in Verbindung mit Piraten gebracht, obwohl hier vielleicht Zweifel angebracht sind. Am 25. Januar befreiten Kampfschwimmer (SEALs) der US Navy zwei vor drei Monaten in Somalia (nicht auf See) entführte Angehörige ziviler Hilfsorganisationen. Beide Geiseln blieben bei der frühmorgens um 02:00 Uhr durchgeführten Aktion unversehrt; „mindestens acht“ der Entführer wurden getötet. Die SEALs wurden per Fallschirm abgesetzt; die befreiten Geiseln anschließend nach Djibouti ausgeflogen. Man kann vermuten, dass der Einsatz auch dort begann, dass also kein US-Kriegsschiff involviert war.
Einige Medien meldeten zunächst den Küstenort Haradheere – eine Piratenhochburg – als Schauplatz des Geschehens. Die US-Presseerklärung nennt dagegen den etwa 180 km von der Küste entfernten, nahe der Grenze zu Äthiopien gelegenen Ort Galcayo. Auch offizielle Quellen sprechen von „Piraten“, aber ob es dort überhaupt Piraten gibt, ist unklar. Grundsätzlich ist dies wohl nicht völlig auszuschließen; wahrscheinlicher sind aber doch eine Rebellengruppe oder ein örtlicher Clan, der möglicherweise Verbindungen zu Piraten unterhält, den Seeräubern aber nicht direkt zuzurechnen ist.
Schon die Vorgeschichte weist einige Ungereimtheiten auf. So sollen die beiden Geiseln angeblich zwar von Rebellen entführt, dann aber Piraten übergeben worden sein, weil diese „größere Erfahrung in der Erpressung von Lösegeld“ hätten. In diesem Fall hätte man allerdings erwarten dürfen, dass die Geiseln dann in eine der Piratenhochburgen an der Küste gebracht worden wären, zu den anderen — laut Ecoterra insgesamt mehr als 400 – Geiseln.
Wenn die Entführer denn keine „echten“ Piraten waren, sind wohl politische Gründe für die „Piratenstory“ anzunehmen. Die aktive Bekämpfung von Piraten – auch auf somalischen Territorium – ist durch UN Resolutionen sanktioniert. Als Anti-Piraterie Operation stünde der Einsatz der SEALs damit auf sicherem rechtlichen Boden und wäre kein (im US Wahlkampf) sofort heftige Debatten auslösender Schritt auf dem Wege zu einer neuerlichen US-Intervention in Somalia.
ACONIT (Foto: franz. Marine) |
Zugleich würde den wirklichen Piraten an der Küste eine deutlich härtere Gangart signalisiert. Die reagieren denn auch schon und kündigen an, ihre Geiseln an andere Orte zu bringen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die französische Fregatte ACONIT (LA FAYETTE-Klasse) ist auf dem Weg zu einem mehrmonatigen Einsatz am Horn von Afrika. Das Schiff soll sich der EU NavFor in der Anti-Piraterie Operation „Atalanta“ der Europäischen Union anschließen.
Am 23. Januar verließ die britische TYPE 23 Fregatte WESTMINSTER ihren Heimathafen Portsmouth. In einem schon länger geplanten, insgesamt siebenmonatigen Routineeinsatz „East of Suez“ soll sie Schwesterschiff SOMERSET in der Anti-Terror Operation „Enduring Freedom“ ablösen und zeitweilig auch in Anti-Piraterie Operationen vor dem Horn von Afrika eingebunden werden. Einige Medien wollen jedoch in der Verlegung vor allem auch einen Zusammenhang mit der aktuellen Lageentwicklung um den Iran (s.u.) erkennen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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