Update Piraterie — Stand 27.11.2011

Am 25. Novem­ber haben soma­lis­che Pirat­en nach Zahlung von Lösegeld den im April im Ara­bis­chen Meer gekaperten ital­ienis­chen Mas­sen­gut­frachter ROSALIA D’AMATO frei gelassen. Ein ital­ienis­ches Kriegss­chiff (wahrschein­lich der im Rah­men der NATO-Oper­a­tion „Ocean Shield“ vor Soma­lia einge­set­zte Zer­stör­er ANDREA DORIA) nahm den Frachter vor der soma­lis­chen Küste in Emp­fang; Sol­dat­en gin­gen an Bord, um das Schiff bei sein­er Fahrt in einen sicheren Hafen zu schützen.

Marineforum - Karte: gcaptain.com
Karte: gcaptain.com

Neue Beute macht­en die soma­lis­chen Ban­den in der abge­laufe­nen Woche nicht, aber es gab doch einige Ver­suche. So grif­f­en Pirat­en am 20. Novem­ber Im Golf von Aden mit zwei Skiffs den Mas­sen­gut­frachter PIONEER PACIFIC an, beschossen diesen auch schon, dreht­en dann aber sofort wieder ab, als ein eingeschifftes Sicher­heit­steam ihr Feuer erwiderte. 

Einen Tag später ver­suchte weit­er im Süden im Soma­li­abeck­en, etwa 100 sm östlich von Mom­basa, eine andere Gruppe Pirat­en mit eben­falls zwei Skiffs ihr Glück beim Con­tain­er­schiff MSC JEANNE. Hier befand sich kein Sicher­heit­steam an Bord, aber die Pirat­en brachen ihren Angriff schon ab, als der Kapitän Leucht­mu­ni­tion auf die Skiffs abfeuern ließ. Möglicher­weise gin­gen sie von einem bewaffneten „Ves­sel Pro­tec­tion Detach­ment“ aus. Nur wenige Stun­den später stellte ein zu Hil­fe gerufenes Kriegss­chiff die Ver­brech­er. Die „Pirate Action Group“ wurde „neu­tral­isiert“ (dis­rupt­ed). Wie genau dies erfol­gte (nur ent­waffnet oder Boote versenkt?) und was mit den Pirat­en geschah, hat die NATO in ihrer Pressemel­dung nicht bekan­nt gegeben. 

Mehr Infor­ma­tio­nen gibt es zu einem anderen Zwis­chen­fall. Direkt vor der soma­lis­chen Küste (in den Ter­ri­to­ri­al­gewässern nahe Gaal­o­god) ent­deck­te der ital­ienis­che Zer­stör­er ANDREA DORIA (NATO) ein verdächtiges offenes Boot. Als ein Board­ingteam mit einem Bei­boot (RHIB) den „Whaler“ zur näheren Unter­suchung ans­teuerte, wurde von dort plöt­zlich das Feuer eröffnet. Die ital­ienis­chen Sol­dat­en schossen zurück, gin­gen dann aber erst ein­mal auf Abstand. Die mut­maßlichen Pirat­en nutzten dies, um sich mit ihrem Boot an den soma­lis­chen Strand zu ret­ten und dort lan­dein­wärts abzuset­zen. Ver­let­zt wurde (zumin­d­est auf ital­ienis­ch­er Seite) niemand. 

Kurzmel­dun­gen

  • Wie der par­la­men­tarische Staat­sekretär im deutschen Verkehrsmin­is­teri­um, Enak Fer­le­mann, in einem Inter­view mit ein­er Fachzeitschrift erk­lärte, sollen deutsche Han­delss­chiffe in piratenge­fährde­ten Gewässern schon im kom­menden Jahr von pri­vat­en, aber staatlich zer­ti­fizierten Sicher­heit­skräften geschützt wer­den. Aktuell werde auf Min­is­te­rienebene „mit Hochdruck“ an der let­zten inhaltlichen Fein­ab­stim­mung eines entsprechen­den Geset­zen­twur­fes gear­beit­et, über den dann der Bun­destag zu entschei­den habe.
  • Am 23. Novem­ber hat der UN Sicher­heit­srat das Man­dat zur Bekämp­fung der Pira­terie vor Soma­lia um ein Jahr ver­längert. „In Zusam­me­nar­beit mit der soma­lis­chen Zen­tral­regierung“ dürften Kriegss­chiffe und Flugzeuge zur Ver­fol­gung von Pirat­en auch in die soma­lis­chen Ter­ri­to­ri­al­gewäss­er ein­drin­gen. Wie sich die geforderte „Zusam­me­nar­beit“ mit der Zen­tral­regierung in Mogadis­chu in der Prax­is gestal­ten soll, lässt die Res­o­lu­tion offen. Die Hochbur­gen der Pirat­en liegen weit außer­halb des von Mogadis­chu kon­trol­lierten Gebi­etes. Der Sicher­heit­srat appel­lierte an „alle Län­der mit entsprechen­den Kapaz­itäten“, Schiffe und Flugzeuge zur Ver­fü­gung zu stellen und mah­nte überdies eine kon­se­quente Strafver­fol­gung ergrif­f­en­er Pirat­en an.

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Die spanis­che Korvette INFANTA CRISTINA (DES­CU­BIER­TA-Klasse) hat am 20. Novem­ber ihren mehrmonati­gen Ein­satz bei der EU Nav­For been­det und den Rück­marsch in die Heimat ange­treten. Dort machte sich am 22. Novem­ber der Ver­sorg­er PATINO auf den Weg ans Horn von Afri­ka. Das Schiff soll sich eben­falls der EU Nav­For in Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ anschließen. 

Marineforum - PATINO (Foto: span. Marine)
PATINO (Foto: span. Marine) 
Marineforum - Hakan Syren (Foto: EU)
Hakan Syren (Foto: EU

Wie kaum anders zu erwarten, hat das tai­wane­sis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um in lokalen Medi­en ver­bre­it­ete Mel­dun­gen über die unmit­tel­bar bevorste­hende Entsendung eines tai­wane­sis­chen Marin­e­ver­ban­des vor das Horn von Afri­ka demen­tiert. Natür­lich sei die Marine „gut vor­bere­it­et und dur­chaus fähig“ zu einem solchen Ein­satz; „derzeit“ sei er aber nicht geplant, hieß es in ein­er offiziellen Pressemit­teilung. Vor allem logis­tis­che Gründe ste­hen der Entsendung eines Ver­ban­des ent­ge­gen. Tai­wan hat zu keinem Land in der Region diplo­ma­tis­che Beziehun­gen, und dort einge­set­zte tai­wane­sis­che Kriegss­chiffe kön­nten sich denn auch keinen Hafen zu Nachver­sorgung oder ggf. notwendig wer­den­der Instand­set­zung anlaufen. 

Der Vor­sitzende des EU Mil­i­tary Com­mit­tee, der schwedis­che Gen­er­al Hakan Syren, hat vor ein­er „tem­porären Unterbe­set­zung“ der EU Nav­For gewarnt. Bei den gegen­wär­ti­gen wirtschaftlichen Prob­le­men kön­nten einige EU Mari­nen ihre zuvor angekündigte Entsendung von Kriegss­chif­f­en zur Unter­stützung der Oper­a­tion „Ata­lan­ta“ nicht mehr erfüllen. Bis zumin­d­est März 2012 ste­he man am Horn von Afri­ka vor ein­er Fähigkeit­slücke. In offiziellen Stel­lung­nah­men der EU hieß es, dies sei bekan­nt, werde aber keine „schw­er­wiegen­den Fol­gen“ haben, da soma­lis­che Pirat­en in den Win­ter­monat­en erfahrungs­gemäß weniger aktiv seien. 

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