In der abgelaufenen Woche konnten somalische Piraten keine neue Beute machen, auch wenn sie es versuchten.
So wurde am 16. Januar im Arabischen Meer, etwa 250 sm nordöstlich von Socotra, ein Tanker von einem mit sechs Piraten besetzten Skiff angegriffen. Während die Besatzung sich in einem Schutzraum verbarrikadierte, versuchte ein eingeschifftes, aber unbewaffnetes Sicherheitsteam die Piraten auf Distanz zu halten. Der Einsatz eines Schallgerätes LRAD erwies sich über eine Entfernung von 300 m als völlig wirkungslos. Auch auf das Abfeuern von Signalmunition reagierten die Piraten zunächst nicht. Erst als Leuchtraketen direkt auf das Skiff geschossen wurden, drehten sie ab, folgten dem Tanker noch etwa 15 Minuten und kehrten zu ihrem in der Nähe wartenden Mutterschiff zurück.
FLINTSTONE (Foto: niederl. Marine) |
Indische Dhau (Foto: EU NavFor) |
ENRICO IEVOLI (Quelle: EU NavFor) |
Weitere Aktivitäten mutmaßlicher Piraten wurden aus dem inneren Golf von Aden und der Meerenge des Bab el Mandeb gemeldet. Mehrere Handelsschiffe meldeten „verdächtige Skiffs“, wurden allerdings nicht angegriffen. Ein Frachter wurde frontal von zwei Skiffs angelaufen, die allerdings schon bei Warnsignalen mit dem Schiffshorn abdrehten. Möglicherweise waren es harmlose Fischer, die den nahenden Frachter vor ausgelegten Netzen zu Kursänderungen bewegen wollten.
Einen tatsächlichen Überfall gab es am gleichen Tag aber im Arabischen Meer. Östlich von Socotra griffen Piraten mit einem Skiff das niederländische Spezialschiff FLINTSTONE an. Der Pipeline-Leger ist allerdings eines der wenigen zivilen niederländischen Schiffe, die auf Regierungsweisung bei der Passage der piratengefährdeten Gebiete am Horn von Afrika von niederländischen Marineinfanteristen geschützt werden. Warnschüsse mit Signalmunition zeigten keine Wirkung. Als dann aus dem Skiff eine Panzerfaust auf die FLINTSTONE gerichtet wurde, schossen die Soldaten gezielt, verwundeten offenbar auch einige Piraten. Das Skiff drehte ab und kehrte zu einem in der Nähe wartenden Mutterschiff zurück.
Während die FLINTSTONE ihre Fahrt unbeschadet und ungehindert fortsetzte, wurde die in der Nähe operierende deutsche Fregatte LÜBECK (EU NavFor) beauftragt, das Mutterschiff zu suchen und zu neutralisieren.
Schon wenige Stunden später entdeckte die LÜBECK das Piratenschiff, eine zuvor gekaperte indische Dhau, auf der 15 Inder als Geiseln gehalten wurden. Die Dhau ignorierte alle Aufforderungen zum Stoppen; nach Warnschüssen vor den Bug drohten die Piraten mit der Ermordung ihrer Geiseln. Ein gewaltsames Boarding verbot sich damit. Die Fregatte hielt nun beständig Position in unmittelbarer Nähe der Dhau; Scharfschützen und Schüsse vom Bordhubschrauber machten an Deck der Dhau gestaute Skiffs unbrauchbar.
Möglicherweise wurde auch die Dhau selbst auch beschädigt. Jedenfalls bezweifelten die Piraten offenbar, aus eigener Kraft die rettende somalische Küste erreichen zu können – und riefen um Hilfe. Als der im Dezember gekaperte und seitdem vor der somalischen Küste fest gehaltene italienische Tanker ENRICO IEVOLI seinen Ankerplatz verließ und mit Nordostkurs in See ging, wurde bei NATO und EU NavFor zunächst noch von einem Einsatz als Mutterschiff für weitere Überfälle ausgegangen. Tatsächlich nahm die ENRICO IEVOLI — mit 18 Geiseln an Bord — aber direkten Kurs auf die bedrängte Dhau.
Am 19. Januar trafen sich beide Schiffe. Angesichts der zahlreichen Geiseln musste die LÜBECK dem Umsteigen der Piraten (darunter einige Verwundete) von der Dhau auf den Tanker tatenlos zusehen. Die indische Dhau war danach samt ihrer unbeschadeten 15 Mann Besatzung allerdings wieder frei. Die ENRICO IEVOLI wird nun auf dem Weg nach Somalia eng beschattet.
Kurzmeldungen
- Sicherheitskräfte der semi-autonomen somalischen Provinz Puntland haben am 16. Januar in der Nähe von Garacad 13 mutmaßliche Piraten festgenommen sowie Boote und Ausrüstung konfisziert. Die Bande wollte zu einem Camp an der Küste zurück kehren, von dem sie im Dezember schon einmal vertrieben worden waren; bei der damaligen Aktion waren 43 ihrer Kumpane festgesetzt worden. Insgesamt sollen derzeit etwa 250 Piraten in den Ortsgefängnissen von Garacad und Jariban einsitzen und auf ihren Prozess warten.
- Die Spanische Justizbehörde hat entschieden, sechs nach dem Überfall auf den Versorger PATINO der spanischen Marine am 12. Januar vor Mogadischu festgenommene Piraten in Spanien vor Gericht zu stellen.
- 25. am 6. Januar bei der Befreiung einer gekaperten und anschließend als Mutterschiff genutzten iranischen Dhau in Gewahrsam genommene somalische mutmaßliche Piraten werden weiterhin an Bord des dänischen Mehrzweckschiffes ABSALON (NATO) festgehalten. Am 18. Januar lehnten die Behörden der Seychellen eine Übernahme ab. Man begrüße zwar ausdrücklich den Erfolg der dänischen Marine bei der Ergreifung der Piraten, und ein Vertrag sehe auch grundsätzlich eine Strafverfolgung auf den Seychellen vor; in diesem Falle komme sie aber nicht in Frage, da die Piraten außerhalb des im Abkommen definierten Gebietes festgesetzt worden seien. Möglicherweise springt nun Kenia ein. Sollte auch dort eine Überstellung zur Strafverfolgung abgelehnt werden, müssen die Männer wahrscheinlich frei gelassen werden.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Am 12. Januar hat der dänische FltlAdm Aage Buur Jensen vom pakistanischen RAdm Kaleem Shaukat das Kommando über den multinationalen Anti-Piraterie-Verband CTF-151 übernommen. Da dem Verband kein dänisches Schiff angehört, wird der neue Kommandeur seine Einheiten in den kommenden Monaten vom US-Zerstörer HALSEY aus führen.
US Zerstörer HALSEY (Foto: US Navy) |
Die 7. Einsatzgruppe der russischen Pazifikflotte (ADMIRAL TRIBUTS, PECHENGA,SORUM MB-37) hat mit dem Geleit von Konvois durch den Golf von Aden begonnen. Die abgelöste 6. Einsatzgruppe hat derweil den Rückmarsch nach Vladivostok angetreten. Auf dem Heimweg lief der Verband mit dem Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV, dem Tanker BORIS BUTOMA und dem Hochseebergeschlepper FOTIY KRYLOV am 19. Januar zu einem geplanten Hafenbesuch in Surybaya (Indonesien) ein.
Das dänische Mehrzweckschiff ABSALON hat in Port Victoria (Seychellen) einen geplanten Besatzungstausch durchgeführt. Das Schiff soll angegliedert an den ständigen NATO Einsatzverband SNMG‑2 noch bis April die NATO Operation „Ocean Shield“ unterstützen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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