Mindestens vier Gruppen somalische Piraten sind derzeit im nördlichen Arabischen Meer, etwa 300 sm östlich von Salalah (Oman) unterwegs. Beute konnten sie dort in der abgelaufenen Woche nicht machen, nicht zuletzt auch, weil die Schifffahrt entsprechend gewarnt wird und ihre gemeldeten Positionen weiträumig umfährt. Angesichts der schwindenden Aussichten auf Erfolg wollen somalische Piraten sich jetzt offenbar neu orientieren. Es gibt erste Hinweise auf Absichten, Kaperfahrten über den Golf von Aden, das Arabische Meer und das Somaliabecken hinaus auch auf die weit südöstlich gelegenen Schifffahrtswege zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und der Straße von Malakka zu erweitern.
Indische Küstenwache stoppt ENRICA LEXIE (Foto: ICG) |
Ein Zwischenfall der abgelaufenen Woche sorgt für Schlagzeilen. Am 15. Februar meldeten italienische Medien stolz, auf dem italienischen Tanker ENRICA LEXIE als bewaffnetes Sicherheitsteam eingeschiffte Marineinfanteristen des San Marco Regimentes der italienischen Marine habe 30 sm vor der indischen Südküste „erfolgreich einen Piratenangriff abgewehrt“. Gezieltes Abwehrfeuer auf ein Skiff habe „die Verbrecher von der Sinnlosigkeit ihres Vorhabens überzeugt“.
Wenig später traf ein indisches Fischerboot an der Küste ein; zwei der fünf Fischer waren tot. Die Überlebenden berichteten von unvermutetem Beschuss von Bord der ENRICA LEXIE. Indische Marine und Küstenwache setzten sofort Flugzeuge zur Suche des italienischen Tankers ein; drei Einheiten – darunter das Küstenwachschiff SAMAR – fingen die ENRICA LEXIE ab und „geleiteten“ sie vor die indische Küste. Dort liegt der Tanker nun bis zum Abschluss von Untersuchungen vor Kochi vor Anker.
Der Vorfall zeigt die Problematik, zwischen tausenden im Indik ihrem Gewerbe nach gehenden harmlosen Fischern und einigen wenigen Piraten zu unterscheiden: sie alle benutzen gleich aussehende Skiffs. Nicht selten versuchen Fischer, Handelsschiffe vor einem Überfahren ausgelegter Netze zu warnen, indem sie sich ihnen nähern oder gar ihren Kurs blockieren. Bei zunehmend nervösen Kapitänen löst solches Verhalten natürlich Reaktionen aus, und nicht immer wird mit Gegenmaßnahmen — auch bewaffneter Sicherheitsteams — gewartet, bis Piraten tatsächlich beginnen, ein Schiff zu entern. Zu solchen Überreaktionen zählt sicher auch ein Großteil der „Erfolgsmeldungen“ der iranischen Marine, die immer wieder behauptet, ganze „Piratenflotten“ (mit teils bis zu 30 Skiffs) vertrieben zu haben.
Weitere vier somalische mutmaßliche Piraten ist das dänische Mehrzweckschiff ABSALON „los geworden“. Sie konnten in Mombasa kenianischen Behörden zur Strafverfolgung übergeben werden. Schon am 6. Januar waren nach der Befreiung einer iranischen Dhau 25 somalische Männer an Bord der ABSALON interniert worden. Eine Strafverfolgung nach dänischem Recht war nicht möglich, und so begann die Suche nach Alternativen. Erst nach fast einem Monat erklärten sich die Seychellen bereit, zumindest vier der mutmaßlichen Piraten zu übernehmen und ihnen den Prozess zu machen. Weitere vier sollen nun in Kenia vor Gericht gestellt werden. Für die restlichen 17 hat sich allerdings trotz aller Bemühungen kein „Abnehmer“ gefunden. Sie wurden an der somalischen Küste abgesetzt – und werden sicher schon bald wieder auf Kaperfahrt gehen.
Westafrika
Ein für die Region ungewöhnlicher Überfall wird aus dem Golf von Guinea gemeldet. Mehr als 100 sm südlich von Lagos verfolgten und enterten Piraten am 13. Februar auf Hoher See einen Massengutfrachter. Kapitän und Schiffsingenieur wurden auf der Brücke erschossen; der Rest der Besatzung konnte sich in einem Schutzraum verbarrikadieren. Als ein Hubschrauber des im gleichen Seegebiet operierenden französischen Docklandungsschiffes SIROCO den Frachter anflog, gaben die Piraten ohne Aussicht auf Geiseln ihre Beute auf und setzten sich ab. Später eintreffende Einheiten der nigerianischen Marine und Küstenwache brauchten nicht mehr einzugreifen. Über den Verbleib der Piraten (Mutterschiff?) gibt es keine Angaben.
Der Zwischenfall ist insofern ungewöhnlich, als in der Region üblicherweise nur nahe der Küste ankernde Schiffe überfallen werden. Meist geht es den Verbrechern dabei nur um den Raub von Wertsachen; danach verschwinden sie schnell wieder. Gelegentlich entführen regionale Rebellengruppen auch für einige Tage einen Tanker, um dessen Ladung abzupumpen und auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Schiff und Besatzung kommen dann nach wenigen Tagen wieder frei. Der nun gemeldete Überfall gleicht dagegen auffallend der Vorgehensweise somalischer Piraten, und man darf durchaus vermuten, dass hier auch eine Entführung mit dem Ziel der Lösegelderpressung für Schiff und Besatzung geplant war. Schon vor einigen Wochen hatte es (unbestätigte) Medienberichte über die angebliche Anwesenheit einer somalischen Piratengruppe im Golf von Guinea gegeben – mit einem Fischereifahrzeug als Mutterschiff.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die ehemalige 6. Anti-Piraterie Einsatzgruppe der russischen Pazifikflotte ist in den Heimathafen zurück gekehrt. Am 12. Februar liefen der Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV, der Flottentanker BORIS BUTOMA und der Hochseebergeschlepper FOTIY KRYLOV in Wladiwostok ein, wo sie sich am 29. August 2011 auf den Weg ans Horn von Afrika gemacht hatten. Auf dem Rückmarsch in die Heimat hatte der Verband noch Besuche in Indonesien und auf den Philippinen durchgeführt.
BERLIN (Foto: Michael Nitz) |
Am 17. Februar ist der deutsche Einsatzgruppenversorger BERLIN in Dschibuti eingetroffen. Das Schiff soll bis Ende Mai die EU NavFor in der EU Operation „Atalanta“ unterstützen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.