Am 12. April gaben somalische Piraten den in den VAE registrierten Frachter LEILA frei. Das kleine, alte Küsten-Containerschiff war am 16. Februar vor der omanischen Küste entführt worden. Ob für die nunmehrige Freilassung Lösegeld gezahlt wurde, ist unklar; angeblich aber wohl höchstens 150.000 US-Dollar. Zunächst sollen die Piraten überhaupt kein Lösegeld gefordert, sondern stattdessen den Behörden der semiautonomen somalischen Provinz Somaliland (vergeblich) die Freilassung der LEILA im Gegenzug für die Freilassung dort inhaftierter Kumpane angeboten haben.
LEILA (Foto: EU NavFor) |
Zu zwei in der letzten Woche an dieser Stelle dargestellten Ereignissen sind Nachträge notwendig:
- Wie erst jetzt bekannt gegeben wurde, kamen bei der Befreiung des iranischen Massengutfrachters EGLANTINE (2. April) durch iranische Marinekommandos zwei philippinische Besatzungsmitglieder ums Leben. Einer der Männer war als „menschliches Schutzschild“ bei dem Feuergefecht in den Kopf getroffen worden; der zweite hatte sich in einem Maschinenraum versteckt und war dort an Abgasen erstickt.
- Bei der Befreiung des chinesischen Frachters XIANGHUAMEN (6. April), ebenfalls durch die iranische Marine, soll mit Mohamed Garad auch einer der prominentesten somalischen Piratenführer festgenommen worden sein.
Das regionale Wetter ist weiterhin perfekt für die Piraten geeignet, aber deren Aktivitäten blieben in der abgelaufenen Woche weit hinter den Befürchtungen zurück. Lediglich am 9. April meldete ein Frachter im Arabischen Meer, etwa 400 sm östlich von Socotra, den Angriff eines Skiffs. Ausweichmanöver verhinderten hier eine Kaperung.
Internationale Seestreitkräfte konnten zwei weitere Piratengruppen neutralisieren. Am 7. April stieß zunächst die französische Fregatten ACONIT (EU NavFor), die im Somaliabecken auf dem Weg zum Geleit eines Frachters des World Food Program war, auf ein Mutterboot (Whaler) mit einem Skiff im Schlepp. Boardingteams setzte acht mutmaßliche Piraten fest, beschlagnahmte Waffen und Ausrüstung und versenkte dann den Whaler. Die acht mutmaßlichen Piraten wurden in die Nähe der somalischen Küste gebracht und dort mit ihrem Skiff abgesetzt. Ihnen war kein bereits begangenes Verbrechen nachzuweisen.
ACONIT stoppt Piratengruppe (Foto: EU NavFor) |
Am 11. April stoppte das dänische Mehrzweckschiff ABSALON (NATO) dicht unter der somalischen Küste eine iranische Fischer-Dhau. Das kleine Boot war vor einem Monat von somalischen Piraten gekapert und seitdem (erfolglos) als Mutterschiff genutzt worden. Als die ABSALON sich näherte, gaben die Entführer ohne Widerstand sofort auf. In einem „compliant boarding“ wurde die Dhau befreit und mit ihren 12 Mann iranisch/pakistanischer Besatzung in Richtung Heimat entlassen. Die insgesamt 16 Piraten wurden an Bord der ABSALON in Gewahrsam genommen. Dänische Juristen prüfen nun Möglichkeiten einer Strafverfolgung, aber die Chancen dafür dürften gering sein. Erst vor wenigen Monaten hatte die ABSALON in einem fast identischen Fall eine andere iranische Dhau befreit, aber nur vier der 21 Piraten wurden nach mehreren Wochen juristischen Tauziehens schließlich von den Behörden der Seychellen „abgenommen“. Die anderen 17 mussten unbehelligt an der somalischen Küste abgesetzt werden. Ähnliches steht leider auch jetzt zu befürchten.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Am 6. April hat sich der russische Zerstörer VIZEADMIRAL KULAKOV im Nordflottenstützpunkt bei Murmansk auf den Marsch in Richtung Golf von Aden gemacht. Der UDALOY-Zerstörer ist nach offiziellen Presseerklärungen „Führungsschiff eines Verbandes“, aber zu den begleitenden Schiffen macht die russische Marine noch keine Angaben. Üblicherweise gehören zu einer russischen Einsatzgruppe neben einem Kampfschiff auch ein Tanker/Versorger und ein Hochseebergeschlepper. Auf dem Weg ans Horn von Afrika sind noch Hafenbesuche in Ceuta (Spanien, 16.–18. April), Souda Bay, Kreta (Griechenland, 23.–26. April) und Dschidda (Saudi Arabien, 2.–5. Mai) geplant. Die vom Nordflottenverband abzulösende Einsatzgruppe der russischen Pazifikflotte (Zerstörer ADMIRAL TRIBUTS, Tanker PECHENGA und Bergeschlepper SORUM MB-37) ist schon vor mehr als zwei Wochen abgelaufen und befindet sich nach einem Besuch in Ho Chi Minh Stadt (Vietnam) wenige Tagesreisen vor Wladiwostok.
MARNE neues Flaggschiff der EU NavFor (Foto: Prezelin / Flottes de Combat) |
Bei der EU NavFor hat in üblicher Rotation wieder einmal die Verbandsführung gewechselt. Der französische KAdm Jean-Baptiste Dupuis löste am 7. April den spanischen KAdm Jorge Manso ab, und der französische Versorger MARNE ersetzte zugleich den spanischen Versorger PATINO als Flaggschiff des Verbandes.
Der US-Zerstörer PORTER hat sich am 8. April der multinationalen Einsatzgruppe CTF-151 angeschlossen. Das Schiff der ARLEIGH BURKE-Klasse gehört zur in dieser Woche in der Region eingetroffenen ENTERPRISE Carrier Strike Group (siehe auch unten, IRAN).
Die südafrikanische Marine setzt in der Straße von Mosambik ihren Anti-Piraterie-Einsatz im Rahmen der nationalen Operation „Copper“ fort. Eingesetzt sind derzeit eine Fregatte der VALOUR-Klasse (zwischenzeitlich kurz zu Nachversorgung abgelaufen) sowie ein Aufklärungsflugzeug C‑47TP Dakota der südafrikanischen Luftwaffe. Der Einsatz erfolgt Im Rahmen bilateraler Vereinbarungen mit den regionalen Nachbarstaaten Mosambik und Tansania und beschränkt sich auf die Seegebiete vor deren Küsten, weit südlich von den Operationsgebieten der anderen internationalen Seestreitkräfte.
Die niederländische Regierung hat die weitere Beteiligung der Marine an der NATO Anti-Piraterie Operation „Ocean Shield“ gebilligt. Von Juni bis August soll die Fregatte EVERTSEN eingesetzt werden, im September dann für einige Monate Schwesterschiff TROMP, danach dann Docklandungsschiff ROTTERDAM. Beim Einsatz der ROTTERDAM gibt es Spekulationen über Mitführung von Kampfhubschraubern zur Bekämpfung von Piratencamps an der Küste. Dazu müsste das Schiff sich allerdings wohl der EU Operation „Atalanta“ anschließen, es sei denn, nach der EU billigt bis dahin auch die NATO die entsprechend verschärften Rules of Engagement.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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