Einige Wochen früher als erwartet scheinen die somalischen Piraten ihre „Sommerpause“ beendet zu haben.
SUEZ Bildquelle: EU NavFor |
Eigentlich sollte die wetterbedingte saisonale Zwangspause noch bis etwa Ende August andauern, und in den offenen Seegebieten des Somaliabeckens herrscht auch noch Ruhe, aber im Golf von Aden werden die Verbrecher schon jetzt wieder aktiv. Dabei kommt ihnen offenbar zupass, dass angesichts der trügerischen Ruhe der letzten Wochen einige Handelsschiffskapitäne bzw. deren Reeder offenbar meinen, die Passage der piratengefährdeten Gebiete sei derzeit auch ohne militärisches Geleit sicher, wenn man nur auf dem Internationally Recommended Transit Corridor (IRTC) fahre. Warten bis ein Konvoi zusammen gestellt ist und dann mit der Geschwindigkeit des langsamsten Schiffes fährt, kostet Zeit und Geld – was man sich in dieser „piratenfreien Zeit“ wohl getrost sparen könne.
Erstes Opfer solcher Fehleinschätzung wurde der 17.000-ts Zementfrachter SUEZ (Flagge: Panama), der am 2. August als Alleinfahrer mitten auf dem IRTC gekapert und mit seinen 23 Mann Besatzung als Geiseln zur somalischen Küste gesteuert wurde.
Nur einen Tag später griffen Piraten ebenfalls auf dem IRTC den norwegischen Chemikalientanker BOW SAGA an. Dieses Schiff hatte allerdings Glück, denn die spanische Fregatte VICTORIA (EU NavFor) war nicht weit entfernt, und das Erscheinen ihres Bordhubschraubers veranlasste die Piraten zum Abbruch ihres Vorhabens. Ihr Skiff wurde mit Warnschüssen gestoppt, durchsucht und Waffen beschlagnahmt.
VICTORIA Boardingteam stellt Piraten Bildquelle: span. Marine |
Die sieben Piraten durften danach allerdings unbehelligt zur somalischen Küste zurück kehren. Zwar sind nun schon seit mehr als zwei Jahren Kriegsschiffe vor Somalia im Anti-Piraterieeinsatz, aber noch immer haben Politiker – auf nationaler wie internationaler Ebene — es nicht geschafft, sinnvolle und verbindliche Gesetze für eine Strafverfolgung von Piraten zu erarbeiten geschweige denn zu beschließen.
Am 5. August wurde im östlichen Teil des Golfs von Aden – ebenfalls auf dem IRTC – der mit Zucker beladene syrische Frachter SYRIA STAR (Flagge St Vincent & Grenadinen, 24 Mann Besatzung) gekapert. Beschattet von der für ein unmittelbares Eingreifen zu weit entfernten deutschen Fregatte SCHLESWIG-HOLSTEIN (EU NavFor) nahm das Schiff zunächst Kurs auf die somalische Küste.
Einen Tag später gaben die Piraten allerdings unvermittelt ihre Beute wieder auf und setzten sich mit einem Rettungsboot des Frachters an die Küste ab. Der Grund dafür bleibt bisher im Dunkeln. Vielleicht hat die Anwesenheit der Fregatte sie nervös gemacht (bei 24 Geiseln eher unwahrscheinlich), vielleicht wurden sie aber auch von Kumpanen an Land davor gewarnt, den vorgesehenen Ankerplatz anzusteuern. In jüngster Vergangenheit hatten Piraten in Puntland und Somaliland schon mal „Probleme“ mit örtlichen Behörden. Die SCHLESWIG-HOLSTEIN nahm die frei gelassene SYRIA STAR jedenfalls sofort unter ihren Schutz und leistete medizinische Hilfe (beim Überfall der Piraten waren u.a. zwei Seeleute verletzt worden).
SYRIA STAR Bildquelle: EU NavFor |
Abseits des von internationalen Seestreitkräften patrouillierten Golfs von Aden waren Piraten auch im südlichen Zugang zum Roten Meer wieder aktiv. Am 2. August überfielen sie hier den russischen Tanker DAFNA – der allerdings vom Hochseebergeschlepper GORYN SB-36 der russischen Schwarzmeerflotte begleitet wurde. Dessen Warnschüsse trieben die zwei angreifenden Skiffs schnell in die Flucht. Anschließend gingen russische Marineinfanteristen als Vessel Protection Team an Bord des Tankers, um die weitere Fahrt zu sichern. Am 5. August versuchten Piraten im Bab el Mandeb ihr Glück bei einem iranischen Supertanker, gelangten aber nicht an Bord. Das Schiff hatte gerade 320.000 t Rohöl in einem ägyptischen Rotmeerhafen gelöscht und ragte „in Ballast“ für ein Entern vielleicht zu hoch aus dem Wasser.
Eine saudische Versicherung soll sich mit Piraten auf ein Lösegeld von 2–3 Mio. US-Dollar für die Freilassung des am 1. März gekaperten Chemikalientankers AL NISR AL SAUDI geeinigt haben. Nun warte man auf die Genehmigung der Regierung, das Lösegeld möglichst schnell zu übergeben.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
ESBERN SNARE Bildquelle: Deutsche Marine |
Am 29. Juli hat sich die italienische Fregatte LIBECCIO der EU NavFor in „Operation Atalanta“ angeschlossen. Das spanische Wachschiff INFANTA CRISTINA hat am 4. August den Suezkanal südlaufend passiert. Das Schiff der DESCUBIERTA-mod Klasse soll die Fregatte VICTORIA in der EU NavFor ablösen.
Am 5. August hat der NATO Einsatzverband SNMG‑1 die Aufgaben der „Operation Ocean Shield“ übernommen. Die Führung des Verbandes hat das dänische Unterstützungsschiff ESBERN SNARE, mit dem eingeschifften dänischen RAdm Christian Rune als Verbandsführer.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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