Während in den offenen Seegebieten des Indik (Somaliabecken) noch immer Ruhe herrscht, probieren Piraten im etwas geschützteren Golf von Aden ihr Glück. Am 28. August näherten sich gleich drei Gruppen mutmaßlicher Piraten mit insgesamt fünf Skiffs in offensichtlichen Angriffsabsichten einem von chinesischen Kriegsschiffen gesicherten Konvoi mit 21 Handelsschiffen. Sofort gestartete Marinehubschrauber konnten die Piraten mit direkten Überflügen und Warnschüssen zum Abbruch ihrer Vorhaben bringen. Trotz Beschuss zogen sie sich allerdings kaum eine Seemeile zurück, ganz offensichtlich um auf weitere mögliche Beute zu warten. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Piraten die für die internationalen Seestreitkräfte geltenden „Rules of Engagement“ nicht nur sehr genau kennen, sondern sie auch ganz bewusst in ihre Operationen einbeziehen. Sie wissen, dass sie trotz aller “Drohgebärden” praktisch keinerlei persönliche Risiken eingehen. Schlimmstenfalls werden sie entwaffnet und an die somalische Küste zurück geschickt, wo sie sich sofort wieder ausrüsten und zu neuen Raubzügen aufbrechen können.
Flüchtendes Piratenskiff Bildquelle: NATO |
Dies gilt sicher auch für zwei weitere in der abgelaufenen Woche gemeldete Vorfälle. Am 29. August kam das dänische Führungsschiff ESBERN SNARE (NATO) hinzu, als im Golf von Aden neun Piraten mit einem Skiff zunächst versuchten, den Frachter CARIBBEAN CARRIER (Flagge: Panama) zu entern und als dies fehlschlug, die norwegische HOEGH OSLO zu kapern. Ein dänischer Bordhubschrauber konnte die Angriffe mit Warnschüssen beenden und das Skiff auch stoppen. Ein Boardingteam fand Munition und leere Geschosshülsen sowie andere Piratenausrüstung. Diese wurde konfisziert, die Piraten dann aber “mangels Beweisen” frei gelassen. Zwei Tage später entdeckte ebenfalls im Golf von Aden ein japanisches Aufklärungsflugzeug ein mit sieben mutmaßlichen Piraten besetztes Skiff, das direkt neben dem Internationally Recommended Transit Corridor offenbar auf Beute wartete. Bordhubschrauber der ESBERN SNARE und der italienischen Fregatte LIBECCIO (EU NavFor) stoppten das Skiff, bis die US Fregatte KAUFFMAN (NATO) mit ihrem Boardingteam zur Stelle war. Bis dahin hatten die mutmaßlichen Piraten Waffen und einen Großteil ihrer Ausrüstung über Bord geworfen und gaben sich als harmlose Fischer. Weitere Ausrüstung (darunter eine Enterleiter) wurde konfisziert, danach durften die Männer dann mit dem Skiff unbehelligt ihres Weges ziehen.
Einen weiteren Akt von „Piraterie“ meldeten jemenitische Behörden am 28. August aus dem südlichen Roten Meer. Hier hätten „eritreische Piraten“ sechs jemenitische Fischerboote mit insgesamt 60 Fischern gekapert und in den eritreischen Hafen von Massawa entführt. Am nächsten Tag seien die Männer mit einem ihrer Boote wieder frei gelassen worden; die anderen fünf Boote seien konfisziert worden. Der Vorfall ist – auch wenn vom Jemen offiziell als Piraterie dargestellt – sicher nicht als solche zu werten. Er reiht sich in eine ganze Serie ähnlicher Ereignisse ein, die ihren Hintergrund offenbar in einem zwischen Jemen und Eritrea schwelenden Streit um Fischgründe finden.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die griechische Fregatte ADRIAS hat sich am 1. September der EU NavFor angeschlossen, und auch das spanische Docklandungsschiff GALICIA ist für einen mehrmonatigen Einsatz bei der EU NavFor in der Region eingetroffen.
Griechische Fregatte ADRIAS Bildquelle: Deutsche Marine |
Das Lettische Parlament hat eine Beteiligung von Marinepersonal an der EU „Operation Atalanta“ gebilligt. Von der Entsendung eines eigenen Schiffes ist nicht die Rede, wenngleich z.B. das Führungsschiff VIRSAITIS (ex-norwegischer Minenleger der VIDAR-Klasse) grundsätzlich für einen solchen Einsatz durchaus geeignet wäre. Vermutlich fehlen der kleinen baltischen Marine zur Zeit aber die finanziellen Möglichkeiten für eine mehrmonatige Verlegung in den Golf von Aden.
Der britische Versorger FORT VICTORIA bringt eine Staffel Marinehubschrauber EH-101 Merlin ans Horn von Afrika. Das Kontingent soll der multinationalen Einsatzgruppe CTF-151 für “specialist anti-piracy operations” unterstellt werden.
Das Hospitalschiff DAISHANDAO („Friedensarche“) der chinesischen Marine hat eine mehrmonatige Auslandsreise begonnen (s.u.), in deren Verlauf das Schiff auch zeitweilig im Golf von Aden den Anti-Piraterieeinsatz unterstützen soll.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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