Update Piraterie — Neue erfolgreiche Kaperversuche durch somalische Piraten

Am 30. April ließen soma­lis­che Pirat­en nach Zahlung eines Lösegeldes von 4,5 Mio. US-Dol­lar den am 16. März im Ara­bis­chen Meer gekaperten indone­sis­chen Mas­sen­gut­frachter SINAR KUDUS frei.

Marineforum - SINAR KUDUS (Foto: EU NavFor)
SINAR KUDUS
Bildquelle: EU NavFor

Als das Schiff sich von der Küste in Rich­tung offene See bewegte, vergewis­serte sich ein indone­sis­ches Son­dere­in­satzkom­man­do, dass die 20 Mann Besatzung unversehrt und keine Pirat­en mehr an Bord waren und machte sich dann unmit­tel­bar an die Ver­fol­gung der mit dem Lösegeld flüch­t­en­den Ver­brech­er. In einem Feuerge­fecht wur­den vier von ihnen getötet. Die Pressemel­dung lässt offen, ob die Pirat­en noch auf dem Weg zur Küste gestellt wur­den, oder sich bere­its an Land befan­den. Der Vor­fall kön­nte soma­lis­che Pirat­en ver­an­lassen, ihre „Freilas­sungsver­fahren“ zu über­denken, z.B. Geiseln zurück hal­ten bis sie tat­säch­lich in Sicher­heit sind (Geiseln dann an der Küste zur „Abhol­ung“ zurück lassen). 

Am gle­ichen Tag kaperten Pirat­en im Soma­li­abeck­en 120 sm östlich von Tansa­nia den in Sin­ga­pur reg­istri­erten Chemikalien­tanker GEMINI. Fast gle­ichzeit­ig vere­it­elte die iranis­che Marine im Ara­bis­chen Meer, dicht unter der pak­istanis­chen Küste, einen Über­fall auf den iranis­chen Frachter ZARSAN. Iranis­che Medi­en bericht­en, die Pirat­en seien geflo­hen als ein iranis­ches Kriegss­chiff erschien und das Feuer eröffnete; dies sei bere­its das „6. Seege­fecht zwis­chen Pirat­en und der iranis­chen Marine in den let­zten sechs Wochen“. Während die Aktio­nen der Marine volltö­nend gepriesen wer­den, fehlt auch dieses Mal jedes Wort zu beschädigten / versenk­ten Skiffs oder gar festgenomme­nen Pirat­en. Dies lässt darauf schließen, dass die iranis­che Marine (wie übri­gens andere in der Region aktive Mari­nen auch) sich grund­sät­zlich damit beg­nügt, Pirat­en zu vertreiben, sie anson­sten aber völ­lig unbe­hel­ligt lässt. 

Am 4. Mai grif­f­en Pirat­en im südlichen Ara­bis­chen Meer den Frachter ITAL GLAMOUR an, beschossen ihn auch mit Kalash­nikovs und Panz­er­fäusten, kon­nten das abrupte Auswe­ich­manöver fahrende und auf Höch­st­fahrt beschle­u­ni­gende Schiff let­ztlich aber nicht entern. Auch ein am 5. Mai im Ostaus­gang des Golfs von Aden ange­grif­f­en­er Frachter kon­nte entkom­men. Hier brachen Pirat­en den Über­fall sofort ab, als ihre Schüsse auf das Schiff von einem eingeschifften Sicher­heit­steam erwidert wurden. 

Marineforum - Hubschrauber der BUNKER HILL stoppt Dhau (Foto: US Navy)
Hub­schrauber der BUNKER HILL stoppt Dhau
Bildquelle: US Navy

Eben­falls am 5. Mai waren Pirat­en zunächst erfol­gre­ich. Im Ara­bis­chen Meer enterten sie den chi­ne­sis­chen (Flagge: Pana­ma) Frachter FULL CITY. Die 24 Mann Besatzung ver­bar­rikadierte sich sofort in einem Schutzraum und funk­te um Hilfe. 

Die im Golf von Aden operieren­den chi­ne­sis­chen Fre­gat­ten WENZHOU und MAANSHAN sowie die türkische Fre­gat­te GIRESUN (NATO) und Schiffe der in der Region operieren­den CARL VINSON Car­ri­er Strike Group der US Navy nah­men mit Höch­st­fahrt sofort Kurs auf den Ort des Geschehens. 

Als erstes traf dort aber ein Seefer­naufk­lärungs­flugzeug Tu-142 Bear‑F der indis­chen Marine ein. Mit tiefen Über­flü­gen wurde den Pirat­en sig­nal­isiert, dass Hil­fe unter­wegs war, und sie gaben denn auch schnell ihr Vorhaben auf, ver­ließen die FULL CITY und set­zten sich mit ihrem Skiff zu ihrem Mut­ter­schiff ab. Das indis­che Flugzeug kreiste noch über dem Frachter bis etwa vier Stun­den später die türkische Fre­gat­te GIRESUN ein­traf. Ihr Board­ingteam bestätigte den Abzug der Piraten. 

Etwas später ent­deck­te der US-Kreuzer BUNKER HILL im gle­ichen Seege­bi­et eine Dhau mit einem Skiff im Schlepp – ver­mut­lich das Mut­ter­schiff für den Über­fall. Der Bor­d­hub­schrauber stoppte das Fahrzeug mit Warn­schüssen. Ein Board­ingteam beschlagnahmte gefun­dene Waf­fen und Pirate­naus­rüs­tung; das Skiff wurde versenkt. Die mut­maßlichen Pirat­en durften dann aber mit der Dhau unbe­hel­ligt ihres Weges ziehen. Für eine direk­te Beteili­gung am Über­fall auf die FULL CITY gab es keine hin­re­ichen­den Beweise. 

Zwei Tage zuvor (am 3. Mai) hat­te der US-Zer­stör­er BAINBRIDGE vor der soma­lis­chen Küste eine pak­istanis­che Fracht-Dhau aufge­bracht. Pirat­en hat­ten das Fahrzeug vor mehr als sechs Monat­en in ihre Gewalt gebracht und seit­dem als Mut­ter­schiff für weit­ere Über­fälle genutzt. Sieben soma­lis­che Pirat­en wur­den in Gewahrsam genom­men, Waf­fen und Aus­rüs­tung sichergestellt. Die 15 Pak­ista­nis wur­den mit Lebens­mit­teln, Wass­er und Kraft­stoff ver­sorgt und durften mit ihrer befre­it­en Dhau den Weg in Rich­tung Heimat antreten. Das weit­ere Schick­sal der Pirat­en bleibt vor­erst offen. Es wird davon abhän­gen, ob Pak­istan oder ein anderes Land sie strafrechtlich ver­fol­gen will; anson­sten dürften sie schon bald an der soma­lis­chen Küste abge­set­zt werden. 

Neg­a­tive dies­bezügliche Erfahrun­gen musste das dänis­che Mehrzweckschiff ESBERN SNARE (NATO) machen. Am 2. April hat­te das dänis­che Kriegss­chiff eine gekaperte und zum Mut­ter­schiff umfunk­tion­ierte iranis­che Dhau befre­it und 15 Pirat­en in Gewahrsam genom­men. Nach­dem jedoch kein Staat Inter­esse an ein­er Strafver­fol­gung bekun­dete, wur­den die Ver­brech­er am 1. Mai unbe­hel­ligt an der soma­lis­chen Küste abge­set­zt. Sie dürften schon bald wieder zu neuen Kaper­fahrten aufbrechen. 

Für län­gere Zeit aus dem Verkehr gezo­gen sind dage­gen zwei soma­lis­che Pirat­en, die im Okto­ber 2009 nach der Kape­rung des spanis­chen Thun­fis­chfängers ALAKRANA ergrif­f­en wor­den waren. Ein spanis­ches Gericht verurteilte sie jet­zt zu Haft­strafen von jew­eils 439 (!) Jahren. 

Marineforum - ESBERN SNARE mit gestellter Dhau (Foto: NATO)
ESBERN SNARE mit gestell­ter Dhau
Bildquelle: NATO

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Marineforum - BANDAR ABBAS (Foto: IRNA)
BANDAR ABBAS
Bildquelle: IRNA

Der finnis­che Minen­leger POHJANMAA hat am 30. April seinen drei­monati­gen Ein­satz bei der EU Nav­For been­det und den Rück­marsch in die Heimat ange­treten. Die Teil­nahme an der EU Oper­a­tion Ata­lan­ta war der erste Aus­land­sein­satz der finnis­chen Marine im Rah­men eines multi­na­tionalen Ver­ban­des. Am 23. Mai wird das Schiff im Heimath­afen zurück erwartet. 

Die 13. iranis­che Ein­satz­gruppe (Lan­dungss­chiff TONB und Ver­sorg­er DELVAR) ist nach sech­swöchigem Ein­satz im Golf von Aden am 30. April in den Heimath­afen zurück gekehrt. Einen Tag später machte sich die Ablö­sung auf den Weg. Zur 14. Ein­satz­gruppe gehören die Fre­gat­te SHAHID NAQDI (Typ US-PF 103) und der Flot­ten­tanker BANDAR ABBAS, der in einem Telesko­phangar auch einen Hub­schrauber mit­führen kann. 

Am 5. Mai traf die spanis­che Fre­gat­te SANTA MARIA als Ablö­sung für Schwest­er­schiff CANARIAS bei der EU Nav­For am Horn von Afri­ka ein. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

Marineforum

Alle Infor­ma­tio­nen entstam­men frei zugänglichen Quellen.

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →