Noch immer setzt der Monsun mit Windstärke 8 und 3–4 m hohen Wellen in der offenen See des Indik Überfällen mit kleinen Skiffs deutliche Grenzen. Auch um die Seychellen hat sich das Wetter wieder verschlechtert. So finden die Verbrecher derzeit nur im innersten Golf von Aden und in der Straße von Mosambik sowie bei den Malediven und vor der Straße von Hormuz für Kaperfahrten geeignete (rot/orange) Bedingungen. Fast in der gesamten Region findet sich ansonsten in einer von der US Navy erstellten Analysekarte die Farbe grün (keine Piratenbedrohung), und dies soll sich zumindest in der kommenden Woche auch nicht ändern.
Bedrohung durch Piraten Bildquelle: US Navy |
In der abgelaufenen Woche wird denn auch nur ein einziger versuchter Überfall gemeldet – und dies auch nur von staatlichen iranischen Medien. Erneut ist ein iranisches Handelsschiff Ziel. Gleich vier mal kurz hintereinander sollen Piraten in der Meerenge des Bab el Mandeb den Frachter HADIS angegriffen haben. Durch „rechtzeitiges Eingreifen und den effektiven Einsatz seiner Feuerkraft“ habe ein iranisches Kriegsschiff die Skiffs zurück geschlagen. Erneut gibt es keine Angaben über aufgebrachte oder gar versenkte Skiffs, Versuche zur Piratenentwaffnung oder gar deren Festnahme.
Es fällt auf, dass fast alle in den letzten Wochen im Bereich des Bab el Mandeb gemeldeten Überfälle iranischen Handelsschiffen galten, die dann auch immer von iranischen Kriegsschiffen gerettet wurden. Kein einziger dieser Überfälle wird von anderen Medien gemeldet oder aus nicht-iranischen offiziellen Quellen bestätigt. Nun werden der Bab el Mandeb und die unmittelbar nördlich davon gelegene Seegebiete des südlichen Roten Meeres nicht von anderen internationalen Marinen patrouilliert, aber es fahren ja beileibe nicht nur iranische Handelsschiffe durch die Meerenge, und Piraten suchen sicher auch nicht nur solche als Ziel.
So drängt sich die Vermutung auf, dass es sich nicht bei allen von iranischen Medien berichteten Zwischenfällen tatsächlich um Überfälle gehandelt hat. Oft dürften nur harmlose Fischer in ihren Skiffs den gesicherten iranischen Frachtern „zu nahe“ gekommen und dann mit Warnschüssen auf Abstand gehalten worden sein. Überdies schiffen die jeweils eingesetzten Einheiten der iranischen Marine routinemäßig Soldaten als bewaffnete Sicherheitsteams auf allen die Region passierenden Handelsschiffen ein. Wenn diese dann bei zu nahe kommenden Skiffs Warnschüsse abgeben, ist es natürlich immer auch „die iranische Marine“, die hier „einen Angriff zurück schlägt“. Im Sprachgebrauch der staatlichen Medien wird dann schnell aus Marinesoldaten ein „Kriegsschiff“. Dies soll die Leistungen der iranischen Marine beim Schutz ihrer Handelsschiffe nicht schmälern. Ganz offenbar ist die Mischung aus eingeschifften Soldaten und begleitenden Kriegsschiffen sehr effektiv. Und dies will man der eigenen Bevölkerung auch nachdrücklich vermitteln, auch wenn die Wortwahl dabei bisweilen den Bereich des Seriösen verlässt.
AIDIN Bildquelle: vesseltracker.com |
Aus dem Golf von Guinea, vor Westafrika, werden weitere Überfälle von Piraten gemeldet. So gelangten Piraten am 31. Juli vor der Küste von Benin kurzzeitig an Bord zweier panamaischer Tanker, flüchteten aber, als sich ein Wachboot der Marine Benins näherte. Fast das gleiche Spiel wiederholte sich am 4. August. Diesmal waren es die Tanker AIDIN und GOTLAND, die vor Cotonou (Benin) von Piraten geentert wurden, und erneut setzten diese sich sofort ab, als ein Marineboot am Ort des Geschehens erschien.
Inzwischen gibt es auch Hintergrundinformationen zu diesen Überfällen. Es wurden keine die Region passierenden Schiffe gekapert, sondern jeweils zwei Tanker, die dicht unter der Küste (10–15 km) zum Umpumpen von Ladung nebeneinander vor Anker lagen. Ziel der Überfälle war auch nicht die Erpressung von Lösegeld. Vielmehr wollten die Piraten — eine aus Nigeria stammende Bande (Rebellen?) — wohl die Schiffe entführen, um deren Ladung (raffinierte Ölprodukte) an einem sicheren Ort im Nigerdelta (Nigeria) abzupumpen und auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Bisher hat es in diesem Jahr vor der Küste von Benin 15 solche Überfälle gegeben.
Die starke Zunahme (im vergangenen Jahr war noch kein einziger derartiger Überfälle gemeldet worden) hat die internationalen Versicherer nun veranlasst, die seit Jahren vor Nigeria bestehende „War-Risk Zone“ auf die Küstengewässer Benins auszudehnen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Kommandowechsel in Northwood Bildquelle: EU NavFor |
Die französische Fregatte COURBET (LA FAYETTE-Klasse) hat am 28. Juli ihren Einsatz bei der EU NavFor beendet.
Am 1. August hat beim Operational Headquarters in Northwood, Großbritannien, die Führung für die EU Anti-Piraterie Operation „Atalanta“ gewechselt. Der britische KAdm Duncan Potts übernahm die Funktion des Operation Commander von seinem Landsmann, GenMaj Buster Howes (Royal Marines). Eine Woche zuvor hatte sich bereits bei den Stellvertretern eine Ablösung vollzogen. Hier übergab der italienische RAdm Guido Rando seine Amtsgeschäfte an den französischen RAdm Christian Canova.
Am 2. August ist die deutsche Fregatte BAYERN im Einsatzgebiet eingetroffen und hat sich der EU NavFor angeschlossen. Sie löst dort die Fregatte NIEDERSACHSEN ab und soll am 13. August neues Flaggschiff werden. Dann wird auch die Verbandsführung vom portugiesischen Commodore Alberto Manuel Silvestre Correia (eingeschifft auf der Fregatte VASCO DA GAMA) auf den deutschen FltlAdm Thomas Jugel übergehen. Noch im August will die Deutsche Marine mit der KÖLN eine weitere Fregatte zur Verstärkung der EU NavFor ans Horn von Afrika verlegen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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