Der saisonbedingte Monsun schränkt die Aktivitäten somalischer Piraten in der gesamten Region deutlich ein; selbst im inneren Golf von Aden sind die (von Kriegsschiffen gesicherten) Handelsschiffskonvois derzeit keine Ziele für Überfälle. So wurden in den letzten fast zwei Wochen lediglich zwei versuchte Kaperungen gemeldet, und die fanden weit entfernt von den somalischen Küsten statt. Nur etwa 30 sm vor der indischen Südwestküste griffen am 19. Juni innerhalb weniger Stunden (vermutlich die gleichen) Piraten zwei Chemikalientanker an, gelangten dank rigoroser Ausweichmanöver aber nicht an Bord.
Weiter im Norden, vor der an Pakistan grenzenden indischen Provinz Gujarat, erlitten gleich zwei Piratengruppen Schiffbruch; auch hier dürfte schweres Wetter mit eine Rolle gespielt haben. Zunächst wurde am 21. Juni ein gekapertes und anschließend als Mutterschiff genutztes Fischereifahrzeug an die indische Küste getrieben; 14 mutmaßliche somalische Piraten wurden am Strand von der Polizei festgesetzt; drei Geiseln kamen frei. Nur wenige Tage später (am 26. Juni) teilte ein weiteres Mutterschiff dieses Schicksal. Auch dieses Fischerboot strandete nach Motorausfall an der indischen Küste, wo sich die Polizei der 18 mutmaßlichen Piraten und weiteren drei Geiseln „annahm“.
BABUR Bildquelle: austr. Marine |
GODAVARI Bildquelle: US Navy |
Der am 13. Juni von somalischen Piraten frei gelassene ägyptische Frachter SUEZ sorgte in Indien und Pakistan für Schlagzeilen — und zu gehöriger Verstimmung zwischen beiden Marinen. Wie an dieser Stelle berichtet, war das Schiff kurz nach seiner Freilassung erneut von Piraten angegriffen worden. Sechs der 22 Besatzungsmitglieder waren Inder, der Kapitän aber ein Pakistani. Als die indische Regierung erfuhr, dass die pakistanische Marine ihre Fregatte BABUR zur bedrängten SUEZ in Marsch gesetzt hatte, wurde sofort auch die im Golf von Aden bei Konvoisicherung eingesetzte indische Fregatte GODAVARI dorthin befohlen.
Bei Eintreffen der GODAVARI hatte die BABUR bereits das Geleit des Frachters in Richtung Salalah (Oman) übernommen. Die GODAVARI mochte sich offenbar damit nicht abfinden, und beide Kriegsschiffe gerieten sich ins Gehege. Riskante Manöver endeten schließlich damit, dass die pakistanische Fregatte dem Heck des indischen Kriegsschiffes so nahe kam, dass dabei das Sicherheitsnetz am Hubschrauberlandedeck beschädigt wurde.
Die indische Marine erklärte anschließend, der Kommandant der BABUR habe „sämtliche international üblichen Sicherheitsnormen verletzt“. Zu weiteren Problemen zwischen den beiden Kriegsschiffen kam es nach dem Zwischenfall nicht mehr; die GODAVARI verließ wohl unverrichteterdinge den Schauplatz des Geschehens.
Dafür rückte nun wieder die SUEZ ins Blickfeld. Die monatelange Ankerzeit vor der somalischen Küste war vermutlich nicht ohne Auswirkungen geblieben. Im Monsunsturm meldete der Frachter Wassereinbruch und sank schließlich im Arabischen Meer. Die Besatzung blieb unversehrt. Alle 22 Männer wurden rechtzeitig durch ein pakistanisches Kriegsschiff evakuiert und wohlbehalten nach Karatschi gebracht. Nach mehrwöchiger Ungewissheit wurde nun endlich für 24 somalische mutmaßliche Piraten eine Lösung gefunden. Sie waren am 12. Mai vom dänischen Mehrzweckschiff ESBERN SNARE (NATO) bei der Befreiung einer gekaperten und anschließend als Mutterschiff genutzten iranischen Dhau festgesetzt und seitdem an Bord in Gewahrsam gehalten worden.
Kenianische Harbin Y‑12 |
Eigentlich sollte die ESBERN SNARE mit Ende ihres Einsatzes schon am 9. Juni die Heimreise antreten, musste aber weiter in der Region bleiben, während dänische Politiker und Behörden das Schicksal der Piraten diskutierten. Am 19. Juni konnte die ESBERN SNARE ihre Gefangenen dann aber endlich den kenianischen Behörden in Mombasa zur Strafverfolgung übergeben – und sich auf den Weg nach Hause machen.
China hat den Seychellen am 17. Juni zwei kleine Transportflugzeuge Harbin Y‑12 zum Geschenk gemacht. Nähere Angaben zu den Hintergründen wurden nicht gemacht, aber einiges spricht dafür, dass die Flugzeuge die Fähigkeiten der Seychellen-Küstenwache zur Überwachung der Wirtschaftszonen und zur Aufspürung von Piraten erweitern sollen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die Führung der NATO Operation „Ocean Shield“ hat vom niederländischen Cdre Michiel B Hijmans auf den italienischen KAdm Gualtiero Mattesi gewechselt. Am 22. Juni setzte sich der italienische Zerstörer ANDREA DORIA als neues Flaggschiff (der SNMG‑1) in Richtung Einsatzgebiet in Marsch. Für das erst im Oktober in den „operativen Dienst“ der italienischen Marine übernommen Schiff der ORIZZONTE-Klasse ist es die erste Einsatzfahrt.
ANDREA DORIA Bildquelle: ital. Marine |
Das bisherige Flaggschiff für „Ocean Shield“, die niederländische Fregatte TROMP, kehrte am 29. Juni in den Heimatstützpunkt Den Helder zurück.
Am 30. Juni hat der neuseeländische KptzS Jim Gilmour für die kommenden drei Monate das Kommando über die multinationale Anti-Piracy Task Force CTF-151 übernommen; ein eigenes Flaggschiff hat er aber nicht, sondern führt vermutlich von Bord eines US-Zerstörers. Neuseelands Marine beteiligt sich bisher nicht mit eigenen Schiffen an den Anti-Piraterieeinsätzen im Arabischen Meer und vor Somalia. Der Regierungschef hat allerdings ein „Überdenken“ dieser Haltung angekündigt.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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