Neue Entführungen wurden in der abgelaufenen Woche nicht gemeldet, und es gab auch nur wenig Berichte zu versuchten Überfällen. Eine Entführung der Vorwoche hat aber den Weg in die Schlagzeilen gefunden.
QUEST Bildquelle: svquest.com |
Am 18. Februar hatten somalische Piraten im Arabischen Meer etwa 200 sm südöstlich von Masirah (Oman) die US Segelyacht QUEST gekapert, die vier Insassen als Geiseln genommen und Kurs auf die somalische Küste genommen. Mehrere Kriegsschiffe der US Navy wurden alarmiert. Der Zerstörer STERETT (ARLEIGH BURKE-Klasse) fing die QUEST schließlich ab und begleitete sie.
Kurz vor Erreichen der somalischen Küste begannen Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln. Zwei Piraten gingen dazu an Bord des US-Zerstörers. Das weitere Geschehen ist im Detail noch unklar. Angeblich soll ein auf dem Zerstörer eingeschiffter und mit den Verhandlungen betrauter FBI Agent zum Schluss gekommen sein, dass die zwei Unterhändler es nicht wirklich ernst meinten. Die beiden seien daraufhin in Gewahrsam genommen und die Piraten an Bord der QUEST aufgefordert worden, jemanden zu schicken, mit dem man sich auch einigen könne.
Die Piraten sollen diese Nachricht zunächst ruhig aufgenommen haben. Einige Stunden später fielen an Bord der Yacht dann jedoch Schüsse, und von der QUEST wurde auch eine Panzerfaust auf den nahen US Zerstörer abgefeuert. Auf der STERETT wurde sofort reagiert. Special Forces stürmten die Yacht. Medienberichte und offizielle Erklärungen zum weiteren Geschehen sind widersprüchlich. So ist unklar, ob es zu einem Feuergefecht kam oder die Piraten sich sofort ergaben. Tatsache ist allerdings, dass alle vier US Geiseln von den Piraten erschossen wurden, dass zwei Piraten an Deck der Yacht starben, zwei weitere tot in der Kabine gefunden und 13 festgenommen wurden.
STERETT Bildquelle: US Navy |
Eine Analyse aller bisherigen Berichte lässt darauf schließen, dass die Piraten von ihrem an Bord der STERETT gegangenen Anführer angewiesen worden waren, im Fall seiner Nicht-Rückkehr die Geiseln zu töten; möglich ist auch, dass sie nach der Festnahme ihrer Unterhändler Funkkontakt mit ihrem Heimatstützpunkt aufnahmen und von dort eine entsprechende Anweisung erhielten. Das Auffinden zweier toter Piraten in der Kabine der QUEST könnte schließlich darauf hinweisen, dass nicht alle Piraten damit einverstanden waren und es zu einem internen Streit kam. Vielleicht meinten die Piraten aber auch Anzeichen für eine beginnende Befreiungsaktion zu erkennen und reagierten darauf. Verhöre der 13 festgenommenen Verbrecher dauern an, wobei Details zumindest vorerst nicht veröffentlicht werden dürften.
Der Tod der vier Geiseln hat in den USA eine heftige Debatte über das weitere Vorgehen gegen die somalische Piraterie ausgelöst. Fast einhellig wird festgestellt, dass die bisherigen Rules of Engagement „viel zu lasch“ sind und man deutlich entschiedener gegen die Piraten vorgehen müsse. Vor allem dürften ihre Stützpunkte an Land nicht länger „sakrosankt“ bleiben. In den Piratenstützpunkten an der somalischen Küste befürchtet man offenbar schon bald ein militärisches Eingreifen. (Unbestätigten) Medienmeldungen zufolge haben die Piraten zusätzliche Waffen und Männer an Bord der vor der Küste ankernden entführten Schiffe gebracht und damit gedroht, bei einem Angriff sofort sämtliche Geiseln zu töten.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
In China hat sich die 8. Einsatzgruppe auf den Weg ans Horn von Afrika gemacht. Zu ihr gehören die beiden Fregatten WENZHOU und MA’ANSHAN (beide JIANGKAI-Klasse). Beide Schiffe waren schon früher im Golf von Aden eingesetzt. Sie werden im Einsatzgebiet vom Versorger QIANDAO HU unterstützt. Dieser hatte bereits mit der derzeit eingesetzten 7. Gruppe verlegt und soll nach deren Ablösung mit den beiden neuen Schiffen vor Ort bleiben.
MA’ANSHAN Bildquelle: China-Defense Forum |
Die Ukraine ist „grundsätzlich bereit“, Anti-Piraterie Operationen vor Somalia aktiv auch mit Marineschiffen zu unterstützen. Bei der tatsächlichen Umsetzung dieser zunächst einmal nur politischen Erklärung werden finanzielle Fragen aber sicher noch eine entscheidende Rolle spielen.
Im Zusammenhang mit der Lageentwicklung in Libyen ziehen einige Nationen (s.u.) bisher bei Anti-Piraterieoperationen im Golf von Aden eingesetzte Schiffe vorübergehend ab und verlegen sie ins Mittelmeer. Bleibt zu hoffen, dass die somalischen Piraten dies nicht als Ermutigung begreifen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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