Update Piraterie — Indischer Ozean derzeit kein geeignetes „Operationsgebiet“ für die somalischen Piraten

Bei Wellen­höhen über drei Meter und einem neuen tro­pis­chen Sturm im nördlichen Ara­bis­chen Meer sind die offe­nen Seege­bi­ete des Indis­chen Ozeans (Soma­li­abeck­en) derzeit kein geeignetes „Oper­a­tions­ge­bi­et“ für die soma­lis­chen Pirat­en. So wur­den in der abge­laufe­nen Woche von dort denn auch keine Kaper­ver­suche gemeldet. 

Über­fälle gab es dage­gen mal wieder im Golf von Aden, wo Pirat­en ungeachtet der hohen Präsenz inter­na­tionaler Seestre­itkräfte unverän­dert ihr Glück ver­suchen. Am 31. Mai vere­it­elte der US-Kreuzer SAN JACINTO (CTF-151) 90 sm nördlich der soma­lis­chen Küste einen Angriff auf den mal­te­sis­chen Frachter AVENUE BEAUTY. Unter Warn­schüssen eines US-Hub­schraubers gaben neun Pirat­en Angriff und anschließen­den Fluchtver­such auf und war­fen Waf­fen und andere Aus­rüs­tungs­ge­gen­stände über Bord. Nach Durch­suchung durften sie mit ihrem Skiff ihres Weges ziehen. Ihnen wurde aus­re­ichend Kraft­stoff belassen, um damit die soma­lis­che Küste zu erre­ichen. Strafver­fol­gung unter US Recht war nicht möglich, und Aus­liefer­ungsmodal­itäten an regionale Staat­en lassen unverän­dert zu wün­schen übrig. 

Am 2. Juni waren Pirat­en zunächst erfol­gre­ich­er. Im Golf von Aden, mit­ten auf dem „Inter­na­tion­al­ly Rec­om­mend­ed Tran­sit Cor­ri­dor“ (IRTC), kon­nten sie den 15,000 ts Frachter QSM DUBAI (Flagge Pana­ma) kapern. Der Kapitän war wohl der Mei­n­ung, auf dem IRTC auch als Alle­in­fahrer sich­er zu sein und hat­te sich keinem begleit­eten Kon­voi angeschlossen. Der nach dem Über­fall alarmierte US Zer­stör­er COLE kon­nte nicht mehr ein­greifen, son­dern nur noch beobacht­en wie das Schiff unter die Küste von Punt­land ges­teuert wurde. Dort war der „Erfolg“ der Pirat­en dann aber doch schnell been­det. Lokale Sicher­heit­skräfte stürmten das Schiff und befre­it­en die Besatzung; der Kapitän kam bei der Aktion ums Leben. Sieben Pirat­en wur­den festgenom­men. Sie dürften in Punt­land sehr schnell abgeurteilt werden. 

Marineforum - SAN JACINTO Boardingteam bei einer Routineinspektion (Foto: US Navy)
SAN JACINTO Board­ingteam bei ein­er Rou­tinein­spek­tion
Bildquelle: US Navy

Wenig Glück hat­ten weit­ere im offiziellen Sprachge­brauch als „Pirate Action Groups“ (PAG) beze­ich­nete Piraten­grup­pen. Vor der jemeni­tis­chen Küste ent­deck­te schon am 26. Mai ein Board­ingteam der SAN JACINTO bei der rou­tinemäßi­gen Kon­trolle ein­er Dhau unter ein­er Plane ver­steck­te Pirat­en, die das Boot einen Tag zuvor gekapert hat­ten. Sie wur­den an ein jemeni­tis­ches Küstenwach­boot übergeben. 

Am 29. Mai kon­nte die jemeni­tis­che Marine ein Fis­cher­boot befreien, dass einige Tage zuvor bei Soco­tra gekapert wor­den war. 13 Pirat­en wur­den festgenom­men. Am gle­ichen Tag fand die indis­che Küstenwache auf den Lakadi­v­en-Inseln – gut 1.200 sm östlich der soma­lis­chen Küste – acht nach Unter­gang ihres Bootes ges­tran­dete Soma­lis. Indis­che Behör­den gehen davon aus, dass es sich um eine PAG handelt. 

Eben­falls am 29. Mai stellte das Sey­chellen-Küstenwach­boot TOPAZ nach Lage­in­for­ma­tion durch ein schwedis­ches Aufk­lärungs­flugzeug (EU Nav­For) in der Nähe der Sey­chellen eine PAG mit einem Mut­ter­boot und zwei Skiffs. Neun mut­maßliche Pirat­en wur­den ent­waffnet, Aus­rüs­tung beschlagnahmt und die zwei Skiffs versenkt. Danach durften die Män­ner mit ihrem kleinen Mut­ter­boot, einem so genan­nten „Whaler“ ihres Weges in Rich­tung soma­lis­che Küste ziehen. Dort wer­den sie sich sich­er schnell wieder neu aus­rüsten und zu ein­er neuen Kaper­fahrt aufbrechen. 

Im Mit­telpunkt der Medi­en­berichter­stat­tung zum The­ma Pira­terie stand in der abge­laufe­nen Woche auch der libysche (Flagge: Nord­ko­rea) Frachter RIM. Das Schiff war am 3. Feb­ru­ar gekapert wor­den und hat­te seit­dem vor der soma­lis­chen Küste bei Gara­cad vor Anker gele­gen. Am 2. Juni gelang es der Besatzung, die Bewach­er zu über­wälti­gen und ihr Schiff in Rich­tung offene See zu steuern. Dort nahm die spanis­che Fre­gat­te VICTORIA (EU Nav­For) die RIM unter ihre Fit­tiche und gab auch medi­zinis­che Hil­fe. Das Foto zeigt die Abber­gung eines Ver­let­zten durch den Bor­d­hub­schrauber der VICTORIA

Marineforum - MedEvac von der RIM (Foto: span. Marine)
MedE­vac von der RIM
Bildquelle: span. Marine

Lei­der ende­ten für die RIM damit aber auch schon die guten Nachricht­en. Am 4. Juni meldete EU Nav­For kurz und ohne Details zu nen­nen, das Schiff sei in See aufgegeben wor­den. Das nieder­ländis­che Dock­lan­dungss­chiff JOHAN DE WITT (EU Nav­For) habe die Besatzung an Bord genom­men und bringe sie nun in einen sicheren Hafen. 

Erfreuliche Neuigkeit­en gibt es zu einem anderen The­ma. Am 4. Juni hat ein nieder­ländis­ches Gericht die Aus­liefer­ung von zehn mut­maßlichen Pirat­en nach Deutsch­land ange­ord­net. Sie hat­ten am 5. April im Golf von Aden den deutschen Frachter TAIPAN gekapert, waren kurz danach aber bei ein­er erfol­gre­ichen Befreiungsak­tion nieder­ländis­ch­er Marine­in­fan­ter­is­ten festgenom­men wor­den. Ihnen soll nun in Ham­burg der Prozess gemacht werden. 

Marineforum - VENCEDORA (Foto: dt. Marine)
VENCEDORA
Bildquelle: dt. Marine

Aktuelle Entwick­lun­gen bei Ein­satzkräften

Das spanis­che Wach­schiff VENCEDORA (eine umgerüstete Korvette der DES­CU­BIER­TA-Klasse) hat seinen Ein­satz bei der EU Nav­For been­det und den Rück­marsch in die Heimat angetreten. 

Griechen­land fährt in der gegen­wär­ti­gen Finanzkrise seine Beteili­gung an den Anti-Pira­terieop­er­a­tio­nen vor Soma­lia zurück. Während die EU Nav­For zunächst noch weit­er mit ein­er Fre­gat­te unter­stützt wer­den soll, soll ein anderes, derzeit der NATO-Ein­satz­gruppe SNMG‑2 assig­niertes Schiff nach Ablauf seines laufend­en Ein­satzzeitraums nicht erset­zt werden. 

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