Wie erwartet, haben Piraten nach Erhalt eines Rekordlösegeldes von 9,5 Mio. US-Dollar noch am vergangenen Wochenende den südkoreanischen Supertanker SAMHO DREAM frei gelassen. In ihrem zunehmend lukrativen Geschäft (das ihnen auch reichlich Zulauf beschert) bleiben sie aber bemüht, „frei gewordene“ Liegeplätze sofort wieder neu zu besetzen. Vom dicht patrouillierten Golf von Aden und den hier durch Kriegsschiffe gesicherten Konvois halten sie sich dabei derzeit allerdings weitgehend fern. Von hier werden in der abgelaufenen Woche keinerlei versuchte Überfälle gemeldet, und auch auf Beute wartende Skiffs wurden nicht entdeckt. Das gute Wetter erlaubt den Piratenbanden nun erst einmal wieder ausgedehnte Kaperfahrten in abgelegene Regionen des Indischen Ozeans, die nicht im direkten Blickfeld der internationalen „Anti-Piracy Forces“ liegen.
Fast 900 sm vom Horn von Afrika entfernt, deutlich dichter an Indien als an Somalia, griffen Piraten am 10. November den Frachter BBC ORINOCO an. Die Besatzung konnte sich verbarrikadieren und auch Kontrolle über Maschinen und Ruderanlage behalten. Als dann auch noch ein über Funk alarmiertes Seefernaufklärungsflugzeug der indischen Marine erschien, gaben die Piraten ihre Beute sofort wieder auf. Zwei später eintreffende indische Kriegsschiffe, der Zerstörer DELHI und die FK-Korvette VEER, fanden keine Spur mehr von ihnen. Möglicherweise waren sie aber schon am nächsten Tag erfolgreicher. Im gleichen Seegebiet wurde nämlich am 11. November der mit Pflanzenöl beladene tunesische (Flagge: Panama) Chemietanker HANNIBAL II (24.000 dwt, 31 Mann Besatzung) gekapert. Noch einmal einen Tag später fiel ebenfalls im Arabischen Meer, weitab der somalischen Küste, der chinesische (Flagge: Panama) Frachter YUAN XIANG (29 Mann Besatzung) in die Hände von Piraten. Diese meldeten dem Schiffseigner lakonisch über Funk, das Schiff steuere nun die somalische Küste an. Im Golf von Aden mit Geleitaufgaben eingesetzte chinesische Kriegsschiffe werden bemüht sein, den Frachter auf dem Weg dorthin abzufangen und zu beschatten – eingreifen werden sie wegen der Geiseln sicher nicht.
Weitere Überfälle werden weiter südlich, im Somaliabecken, gemeldet. Am 6. November griffen Piraten erstmals seit Beginn der EU „Operation Atalanta“ wieder ein Schiff mit Hilfslieferungen für Somalia an. Hauptauftrag der EU-Operation ist die Sicherung dieser Transporte, und der Frachter PETRA I war denn auch von der zur EU NavFor gehörenden spanischen Korvette INFANTA CRISTINA begleitet. In der Dunkelheit (der Angriff erfolgte nachts) erkannten die Piraten — die beim Überfall den am 10. Oktober gekaperten japanischen Frachter IZUMI als Mutterschiff nutzten — dies offenbar nicht. Als das spanische Kriegsschiff sich zwischen die PETRA I und die Angreifer schob, eröffneten sie zunächst sogar das Feuer, erkannten dann aber schnell ihren Irrtum und suchten das Weite. Wegen der wahrscheinlichen Geiseln an Bord der IZUMI verzichtete die INFANTA CRISTINA auf eine Verfolgung.
INFANTA CRISTINA sichert die PETRA I Bildquelle: span. Marine |
Erfolglos blieb auch am 12. November ein versuchter Überfall auf den spanischen Thunfischfänger PLAYA DE ANZORAS, der etwa 370 sm von der somalischen Küste entfernt im Somaliabecken auf Fangfahrt war. Als zwei Skiffs auf das Schiff zuhielten, schlug ihnen sofort heftiges Abwehrfeuer eines eingeschifften Vessel Protection Teams (VPD) entgegen; der Angriff – seit Monatsbeginn schon der vierte auf einen spanischen Fischer – wurde sofort abgebrochen. Ohne den Schutz eines VPD war allerdings eine kleine südafrikanische Segelyacht, die mit drei Personen an Bord in die Hände von Piraten fiel. Die französische Fregatte FLOREAL folgte dem Boot bis an die somalische Küste, konnte aber unter der Geisellage nicht eingreifen. Als die Piraten am 6. November an der Küste die Insassen an Land bringen wollten, konnte der Skipper über Bord springen und von einem direkt in der Nähe stehenden Beiboot der Fregatte aufgenommen werden. Die anderen zwei Insassen wurden an Land verschleppt.
Nur einen Tag nachdem zwei Skiffs direkt vor der somalischen Küste dem niederländischen Versorger AMSTERDAM entkommen konnten (5. November), probierten die Piraten erneut das Auslaufen zu einer Kaperfahrt ins Somaliabecken. Diesmal hatten sie weniger Glück. Die AMSTERDAM wartete noch immer vor dem Piratencamp. Als ihre mit Kommandosoldaten besetzten Beiboote schon unmittelbar vor dem Strand die Skiffs abfingen, sprangen die verhinderten Piraten über Bord und schwammen an Land zurück. Ihre zwei Skiffs wurden zerstört.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die 7. chinesische Einsatzgruppe mit den Fregatten ZHOUSHAN und XUZHOU (beide JIANGKAI-II-Klasse) sowie dem Versorger QIANDAO HU hat auf der Verlegungsfahrt in den Golf von Aden am 6. November das Südchinesische Meer erreicht und führte dort Seeversorgungsmanöver durch.
Neue chinesische Einsatzgruppe auf dem Marsch Bildquelle: chin. Marine |
Die pakistanische Fregatte TARIQ führte am 9. November einen offiziellen Besuch in Aden durch. Die Stippvisite bot den Rahmen für Gespräche auf mittlerer politischer Ebene zu verstärkter jemenitisch-pakistanischer Kooperation im Kampf gegen Piraterie und Terrorismus.
Am 10. November hat die deutsche Regierung die Verlängerung des Marineeinsatzes bei der EU „Operation Atalanta“ um ein weiteres Jahr beschlossen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.