Während es in Südostasien und vor Westafrika einige Raubüberfälle auf (ankernde) Handelsschiffe gab, blieb es im „Operationsgebiet“ somalischer Piraten vor dem Horn von Afrika weitgehend ruhig. Hauptgrund dafür ist weiterhin der in diesem Jahr offenbar etwas länger dauernde saisonale Monsun. Noch immer herrschen in den offenen Seegebieten des Arabischen Meeres und des Indiks südwestliche Winde um 30 Knoten, mit kräftigeren Böen, und Wellenhöhen um drei Meter machen den für Kaperungen eingesetzten kleinen Skiffs Angriffe praktisch unmöglich.
Ruhige Gewässer finden die Piraten unverändert nur im westlichen Teil des Golfs von Aden (und auch hier nur in Küstennähe), in der Straße von Mosambik, im nördlichen Golf von Oman, bei den Malediven und — mit Einschränkungen – in unmittelbarer Nähe der Seychellen. Nur in diesen Gebieten wird auch für die nächsten Tage der „Piracy Threat Level“ mit „rot“ oder „orange“ angegeben.
So wurde in der abgelaufenen Woche denn auch nur ein einziger Überfall gemeldet. Knapp 30 sm vor Salalah (Oman) versuchten somalische Piraten am 2. September einen liberianischen Frachter zu kapern, brachen ihren Angriff aber ab und flüchteten, als ein omanisches Küstenwachschiff auf den Ort des Geschehens zuhielt. Nach der Entführung eines Schiffes auf der Reede von Salalah haben omanische Marine und Küstenwache ihre Patrouillen deutlich verstärkt. Dies musste auch eine andere Gruppe Piraten zur Kenntnis nehmen. Eine von ihnen gekaperte und als Mutterschiff genutzte Dhau wurde vor der omanischen Küste von einem Flugzeug der omanischen Luftwaffe entdeckt und wenig später von einem Küstenwachboot aufgebracht. Zehn Somalis warten nun im Gefängnis auf ihren Prozess; die elf vormaligen Geiseln konnten mit ihrer befreiten Dhau in die Heimreise antreten.
Das indische Schifffahrtsministerium hat die erwarteten Richtlinien für den Einsatz von „Vessel Protection Detachments“ herausgegeben und damit indischen Reedern bzw. wie es offiziell heißt „Schiffen mit indischer Besatzung“ (hier dürften einige Flaggenstaaten wohl Vorbehalte anmelden) für die Durchfahrt durch piratengefährdete Gebiete im Indik und im Golf von Aden die Genehmigung zur Einschiffung ziviler bewaffneter Sicherheitsteams erteilt. Private Sicherheitsfirmen, die sich um diesbezügliche Aufträge bewerben, müssen ein „Auswahlverfahren“ durchlaufen, also wahrscheinlich eine Art staatliches Zertifikat erwerben.
Im jahrzehntelangen Konflikt der Erzrivalen Pakistan und Indien werden nun auch die somalischen Piraten thematisiert. Die indische „Times of India“ behauptet, somalische Piraten würden in Pakistan ausgebildet, um dann einen „Stellvertreterkrieg“ gegen Indien zu führen. Auf dem von somalischen Piraten entführten und am 14. August von der indischen Marine im Arabischen Meer aufgebrachten iranischen Fischerboot NAFIS‑1 gefundene „Beweise“ (u.a. Lebensmittelverpackungen) „legten diesen Schluss nahe“. Die Zeitung steht mit ihrer etwas abwegigen Meinung allerdings vorerst noch allein; auch die indische Politik hält sich hier bedeckt.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Der russische Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV ist wie erwartet am 29. August aus Wladiwostok ausgelaufen. Zur nunmehr 5. Anti-Piraterie Einsatzgruppe der russischen Pazifikflotte gehören noch ein Tanker sowie der Hochseebergeschlepper FOTIY KRYLOV. Der Verband wird für den Marsch in den Golf von Aden etwa drei Wochen benötigen und dann dort einen Verband der Nordflotte mit dem Zerstörer SEVEROMORSK ablösen.
Piracy Threat Level Forecast (Grafik: US Navy) |
Auch die iranische Marine wird demnächst ihren derzeit im Golf von Aden operierenden 14. Anti-Piraterie Einsatzverband ablösen. Zur 15. Einsatzgruppe soll neben einem “Kriegsschiff” (das kann auch ein Versorger sein) wieder ein U‑Boot gehören. Wahrscheinlich handelt es sich dabei erneut um das U‑Boot YUNES der KILO-Klasse, das (begleitet vom Flottenversorger BANDAR ABBAS) bereits vor drei Monaten einen solchen Einsatz durchgeführt hatte. Damals hatten iranische staatliche Medien mit Berichten über „Operationen im Roten Meer“ eine groß angelegte Aufklärungsfahrt bis ins nördliche Rote Meer (Israel) suggeriert. Tatsächlich soll die YUNES aber nur einige kurze Ausflüge ins südliche Rote Meer (knapp nördlich der Meerenge des Bab el Mandeb) durchgeführt haben. Meist war das U‑Boot offenbar im Golf von Aden eingesetzt oder lag in Dschibuti).
Mit ihrer Überwassergeschwindigkeit von nur etwa 10 Knoten (getaucht etwas schneller) ist die YUNES nicht sonderlich geeignet, Konvois effektiv zu sichern und mit schnellem Ortswechsel auf plötzliche Ereignisse (Notrufe) zu reagieren. Ihre Hauptaufgabe dürfte denn auch die Frühwarnung vor möglichen Piraten sein, z.B. durch verdeckte Aufklärung der vor einem Konvoi liegenden Fahrtroute. Im vergangenen Jahr hatte sich ein niederländisches U‑Boot der WALRUS-Klasse im Rahmen der NATO Operation „Ocean Shield“ bei der verdeckten Beobachtung von Piratencamps an der somalischen Küste „außerordentlich bewährt“. Piraten wurden damals schon direkt beim Aufbruch zu Kaperfahrten entdeckt und gemeldet, ggf. auch beschattet.
Das spanische Docklandungsschiff GALICIA und die spanische Korvette INFANTA CRISTINA sind am Horn von Afrika eingetroffen und haben sich der EU NavFor in Operation „Atalanta“ angeschlossen. Mit Einlaufen in ihre jeweiligen Heimathäfen haben die portugiesische Fregatte VASCO DA GAMA und die 8. chinesische Einsatzgruppe mit den Fregatten MA’ANSHAN und WENZHOU sowie dem Flottenversorger QIANDAOHU ihre Einsätze beendet.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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