Drei neue Kaperungen werden in der abgelaufenen Woche gemeldet, alle drei fernab der somalischen Küste im Arabischen Meer. Zunächst entführten hier Piraten am 12. Januar die indische Frachtdhau AL MUSA. Das kleine Schiff soll wohl — mit seinen 14 Mann Besatzung als Geiseln — als Mutterschiff für weitere Überfälle dienen.
SHIUH FU No 1 Bildquelle: EU NavFor |
Am gleichen Tag wurde etwa 500 sm von der omanischen Küste (Salalah) entfernt der dänische Küstenfrachter LEOPARD (2.000 dwt) gekapert. Das Schiff hat offenbar Waffen, Munition und Sprengstoff geladen. Die türkische Fregatte GAZIANTEP (NATO) nahm sofort Kurs auf die Position – und fand die LEOPARD am 14. Januar menschenleer in See treibend. Nach ersten Berichten soll die Ladung intakt sein. Möglicherweise haben die Piraten angesichts der brisanten Ladung ein militärisches Eingreifen befürchtet und ihre Beute schnell wieder aufgegeben, oder aber die LEOPARD war für sie nicht steuerbar. Die Besatzung (2 Dänen, 4 Filipinos) wurde allerdings entführt – wenn schon nicht für das Schiff, dann soll es wohl für die Geiseln Lösegeld geben. Beim Überfall hat offenbar das taiwanesische Fischereifahrzeug SHIUH FU No 1 als Mutterschiff gedient. Die SHIUH FU No 1 war am 25. Dezember vor Madagaskar entführt worden. Am 15. Januar konnten Piraten schließlich 350 sm südöstlich von Muscat, Oman, den südkoreanischen (Flagge: Malta) Produktentanker SAMHO JEWELRY in ihre Gewalt bringen.
Mehrere andere Schiffe hatten dagegen Glück und konnten angreifende Piratenboote ausmanövrieren oder die Piraten durch z.B. Stacheldrahtbarrieren und Einsatz von Feuerlöschanlagen am Entern hindern. Dazu gehörte auch das britische Kreuzfahrtschiff SPIRIT OF ADVENTURE, die ehemals deutsche BERLIN (ZDF-Traumschiff), die mit 300 Passagieren an Bord auf dem Weg von Madagaskar nach Sansibar angegriffen wurde, das Skiff aber durch Beschleunigung auf Höchstfahrt abschütteln konnte.
Auch im dicht patrouillierten Golf von Aden suchen Piraten ungeachtet der Präsenz von Kriegsschiffen weiterhin nach Beute, bleiben dabei aber meist erfolglos. Am 12. Januar wurden zwei französische Schiffe kurz nacheinander von einem kleinen Skiff angegriffen. An Bord beider Schiffe befanden sich jedoch militärische „Vessel Protection Detachments“, die die Piraten schnell zum Abdrehen zwangen. Der etwas später am Ort des Geschehens eintreffende US-Zerstörer SHOUP konnte das Skiff stellen, aber Waffen und andere inkriminierende Gegenständen waren sofort über Bord geworfen worden. Ohne ausreichende Beweise durften die mutmaßlichen Piraten mit dem Skiff ihres Weges ziehen – um ihr Glück nach Neuausrüstung später erneut zu versuchen.
Laserwaffe Bildquelle: BAe Systems |
Ein weiteres Skiff war zwei Tage zuvor vom US-Zerstörer LABOON (NATO) gestellt worden, als es im Golf von Aden direkt neben dem Schifffahrtsweg auf Beute wartete. Auch hier durften die mutmaßlichen Piraten nach Konfiszierung ihrer Ausrüstung unbehelligt weiter fahren. Im Pressebericht zu diesem Zwischenfall ist erstmals davon zu lesen, dass sich an Bord des Skiffs auch „Ausrüstung zum Aufbrechen verschlossener Türen und Schotten“ fand. Anscheinend reagieren die Verbrecher nun auf die bislang meist erfolgreiche Taktik der Besatzungen angegriffener Schiffe, durch Verbarrikadieren in einer „Zitadelle“ eine Kaperung zu vermeiden (Zeit gewinnen bis zum Eintreffen militärischer Hilfe durch ein Kriegsschiff oder Hubschrauber).
Der britische Rüstungskonzern BAe Systems entwickelt eine neue „non-lethal“ Abwehrwaffe gegen Piraten. Das System nutzt Laser, um angreifende Piraten schon in mehr als einer Seemeile Entfernung zu blenden und abzuschrecken, sich noch weiter zu nähern.
Neuseeländische ANZAC-Fregatte Bildquelle: austr. Marine |
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die neue russische Einsatzgruppe (Pazifikflotte) mit dem Zerstörer ADMIRAL VINOGRADOV hat am 11. Januar ihre Operationen im Golf von Aden aufgenommen und einen ersten Konvoi begleitet. Die russische Marine soll inzwischen eine Planung für durchgehende Präsenz bis zum Jahresende abgeschlossen haben.
Neuseeland überlegt, sich mit einer Fregatte der ANZAC-Klasse an Anti-Piraterie Operationen vor Somalia zu beteiligen. Eine Entscheidung soll „binnen sechs Wochen“ fallen. Die ausdrückliche Bezugnahme auf eine „Bitte der Vereinten Nationen“ lässt darauf schließen, dass das neuseeländische Kriegsschiff – bei einer (allgemein erwarteten) positiven Entscheidung – vornehmlich im Schutz von Schiffen des World Food Programme zum Einsatz kommen dürfte.)
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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