Türkei — Gesamte Führung der türkischen Streitkräfte geschlossen zurück getreten

In einem über­raschen­den Schritt ist am 29. Juli die gesamte Führung der türkischen Stre­itkräfte geschlossen zurück getreten.

Marineforum - Admiral Yigit (Foto: offz.)
Admi­ral Yig­it
Bildquelle: offz.

Neben Gen­er­al­stab­schef Gen­er­al Isik Kosan­er und den Befehlshabern von Heer und Luft­waffe stellte auch Marinebe­fehlshaber Admi­ral Esref Ugur Yig­it sein Amt zur Ver­fü­gung. Die meis­ten Medi­en sehen im gemein­samen Rück­tritt einen Protest gegen die pro-islamis­che Regierung von Min­is­ter­präsi­dent Erdo­gan sowie gegen die Ver­fol­gung zahlre­ich­er Offiziere wegen ange­blich­er Ver­schwörung zum Staatsstreich. 

Dieser Zusam­men­hang beste­ht tat­säch­lich, in den meis­ten Medi­en greift die Darstel­lung allerd­ings etwas zu kurz. Nicht von unge­fähr erfol­gte der Rück­tritt am Vor­abend der jährlichen Per­son­alkon­ferenz, auf der die mil­itärische Führung über Beförderun­gen in Spitzen­di­en­st­posten entschei­det. Nun befind­en sich mehr als 400 Offiziere, darunter 40 Gen­eräle und Admiräle zur Zeit in Haft, und am 29. Juli erließ ein Gericht Haft­be­fehl für weit­ere 22 Offiziere, unter ihnen noch ein­mal einige Flag­gof­fiziere; sie sollen eine Inter­net-Kam­pagne zur „Unter­grabung der Staat­sautorität“ ini­ti­iert haben. Gegen die „Ein­sitzen­den“ wurde bish­er offiziell keine Anklage erhoben, aber solange sie inhaftiert sind, sind sie unter gel­ten­dem Recht von allen Beförderun­gen ausgeschlossen. 

Gen­er­al Kosan­er und seine TSK-Chefs hat­ten den Min­is­ter­präsi­den­ten verge­blich aufge­fordert, die inhaftierten Offiziere erst dann von plan­mäßi­gen Beförderun­gen auszuschließen, wenn ihnen tat­säch­lich ein Ver­brechen nachgewiesen wer­den kann – was bish­er offen­bar bei keinem einzi­gen der Fall ist. Sich­er auch mit gewiss­er Berech­ti­gung sehen sie in der Inhaftierung von (hochrangi­gen) Offizieren einen geziel­ten Ver­such der Regierung, die bish­er auss­chließlich den Mil­itärs vor­be­hal­tene Beset­zung von Spitzen­di­en­st­posten durch „Auss­chluss“ nicht genehmer Kan­di­dat­en direkt zu bee­in­flussen und so die Stre­itkräfte mehr als bish­er ein­er zivilen Kon­trolle zu unter­w­er­fen. Der gemein­same geschlossene Rück­tritt – ein in der Türkei bish­er ein­ma­liger Schritt — war für sie nur logis­che Konsequenz. 

Er kön­nte allerd­ings genau das Gegen­teil bewirken, näm­lich die Kon­trolle der Regierung über die Stre­itkräfte noch stärken. Während die anderen Führungsposten zunächst unbe­set­zt bleiben, ernan­nte Min­is­ter­präsi­dent Erdo­gan sofort den bish­eri­gen Chef der Mil­itär­polizei zum neuen Heereschef. Da der Chef des Gen­er­al­stabes sich tra­di­tionell aus dem Heereschef rekru­tiert, erwarten Experten nun, dass der regierungstreue Gen­er­al nun nach ein­er kurzen formellen Frist neuer Gen­er­al­stab­schef wird. 

In Koop­er­a­tion mit “Marine­Fo­rum — Zeitschrift für mar­itime Fra­gen

Marineforum

Alle Infor­ma­tio­nen entstam­men frei zugänglichen Quellen.

Team GlobDef

Seit 2001 ist GlobalDefence.net im Internet unterwegs, um mit eigenen Analysen, interessanten Kooperationen und umfassenden Informationen für einen spannenden Überblick der Weltlage zu sorgen. GlobalDefence.net war dabei die erste deutschsprachige Internetseite, die mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik außerhalb von Hochschulen oder Instituten aufgetreten ist.

Alle Beiträge ansehen von Team GlobDef →