Völlig überraschend steht die Beschaffung von drei modernen Offshore Patrol Vessel (OPV) durch die Küstenwache von Trinidad & Tobago offenbar vor einem abrupten Ende.
2007 hatte die britische Vosper-Thornycroft Group (gehört heute zu BAe Systems) den Auftrag erhalten, für die Küstenwache des karibischen Inselstaates drei moderne OPV zu bauen. Die 90m-Schiffe sollten die Fähigkeiten zur Überwachung der Erweiterten Wirtschaftszonen (Gas- und Ölvorkommen) und zur Bekämpfung des regionalen Drogenhandels signifikant erhöhen. Nach ursprünglicher — sehr optimistischer — Planung der VT-Group sollten die ersten zwei Schiffe bereits 2009 geliefert werden, das dritte im August dieses Jahres das Projekt abschließen. Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen machten diese Planung hinfällig. Wegen Überlastung der ursprünglich vorgesehenen früheren VT-Werft in Portsmouth, wo zeitgleich ähnliche Schiffe für die omanische Marine gebaut werden, musste BAe Systems den Bau von zwei der OPV nach Schottland verlegen.
SCARBOROUGH Bildquelle:BAe Systems |
Typschiff PORT OF SPAIN ist inzwischen übergabefertig; Baunummer zwei SCARBOROUGH hat Seeerprobungen abgeschlossen und könnte ebenfalls schon im Oktober geliefert werden. Das dritte Schiff, SAN FERNANDO, soll im November mit Probefahrten beginnen. Damit wäre nach diversen Verzögerungen nun endlich alles „im Lot“, und die T&T Coast Guard könnte sich eigentlich auf ihre neuen Schiffe freuen. Völlig überraschend teilte die BAe Systems Pressestelle dann jedoch am 21. September mit, die Regierung von Trinidad & Tobago wolle den Vertrag über die Lieferung der drei OPV formell kündigen; BAe Systems solle versuchen, die drei Schiffe auf dem Weltmarkt zu verkaufen.
Die Hintergründe sind noch völlig unklar. Bisher gab es keinerlei Hinweise auf z.B. bei Probefahrten festgestellte technische Mängel oder Nichterfüllung von taktischen-/technischen Forderungen. So bleibt die Vermutung, dass der Karibikstaat finanzielle Probleme hat und nun nach Möglichkeiten sucht, den Preis für die Schiffe zu drücken oder ganz um ihre Bezahlung herum zu kommen. Nur: ohne nachweisbare Nichterfüllung von Verträgen dürfte eine Annahmeverweigerung ebenfalls mit Kosten verbunden sein, und dies überdies ohne jeden Gegenwert. Zugleich müsste die T&T Coast Guard auf absehbare Zeit weiter auf die seit langem überfällige Fähigkeit zu Hochseeoperationen verzichten (jede Alternative kostet Zeit und Geld). BAe Systems hat jedenfalls deutlich gemacht, dass ein Verkauf der drei Schiffe an eine andere Nation fast 180 Mio. Euro erlösen müsste, um alle beim Vorhaben bisher aufgelaufenen Kosten zu decken — und lässt damit durchblicken, dass Trinidad & Tobago wohl für jede Differenz aufkommen soll. Der britische Konzern will sich nun in „commercial discussions“ um eine Einigung bemühen. Die Arbeiten an den drei Schiffen gehen unterdes weiter.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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