In einer überraschenden Vereinbarung will die spanische Marine ihren neuen Flottenversorger CANTABRIA neun Monate lang nach Australien verlegen.
Von Februar bis November 2013 soll das erst vor weniger als zwei Jahren in Dienst gestellte Schiff vor Australien zur See fahren. Offiziell soll die ungewöhnliche Verlegung die „Interoperabilität zwischen beiden Marinen stärken“. Tatsächlich dürfte aber die Suche der australischen Marine (RAN) nach einem Nachfolger für ihren Flottenversorger SUCCESS Haupttriebfeder für das Vorhaben sein. Nicht von ungefähr übernimmt die RAN auch sämtliche mit der Verlegung verbundenen Kosten. Die damit quasi ausgeliehene CANTABRIA soll in Einzeltraining und bei komplexen Übungen mit allen verfügbaren australischen Schiffen und Hubschraubern ihre Fähigkeiten zur logistischen Unterstützung demonstrieren.
Für die RAN drängt ein Ersatz ihres mehr als 25 Jahre alten Versorgers SUCCESS. Nach Jahren mangelhafter Wartung und Instandsetzung ist das Schiff in einem desolaten Zustand. Eigentlich sollte es 2016 ausgemustert werden, und mit Blick auf diese Planung und knappe Gelder wurden in den letzten Jahren denn auch nur noch die allernötigsten Arbeiten durchgeführt. Ein 2015 zuzulaufender Neubau sollte für nahtlose Ablösung sorgen, aber genau dieser Ersatz wurde kürzlich auf „frühestens 2021/22“ verschoben. Das wiederum würde eine „Lebensverlängerung“ der SUCCESS unverzichtbar machen – und diese könnte nach den Versäumnissen der letzten Jahre letztendlich teurer werden als ein Neubau.
Nun baut die spanische Navantia für die australische Marine bereits Hubschrauberträger und neue Zerstörer, und man darf wohl vermuten, dass der RAN mit einem Schwesterschiff der CANTABRIA ein kostengünstiger Ersatz für die SUCCESS doch noch deutlich vor 2021 angeboten werden soll.
Die von Navantia in San Fernando – Puerto Real nach Handelsschiffstandards gebaute, voll beladen 19.500 ts verdrängende, 174m lange CANTABRIA war im Spätsommer 2010 als Einsatzversorger (BAC — Buque de Aprovisionamiento de Combate) der spanischen Marine in Dienst gestellt worden. An insgesamt fünf Seeversorgungsstationen können Kampfschiffe von Betriebsstoffen, Lebensmitteln und Verbrauchsgütern bis hin zu Munition sämtliche in einem Einsatz benötigten Versorgungsgüter von ihr übernehmen. Ein für schwere Hubschrauber Chinook (oder drei mittlere Hubschrauber AB-212) geeignetes Hubschrauberlandedeck sowie ein kleines, aber leistungsfähiges Hospital ergänzen die Ausrüstung des Schiffes und geben zusätzliche Einsatzoptionen z.B. für humanitäre Hilfe. Mit Doppelhüllenrumpf erfüllt die CANTABRIA modernste Anforderungen an den Umweltschutz (übrigens weit über für Kriegsschiffe geltende Bestimmungen hinaus gehend) und ist überdies auch zur aktiven Bekämpfung von Ölverschmutzungen ausgerüstet.
Von der zeitweiligen „Ausleihe“ an die RAN dürften alle Beteiligten profitieren. Die RAN kann einen möglichen Ersatz der SUCCESS in Ruhe und in der Praxis erproben und aus den Ergebnissen dann für sie maßgeschneiderte taktische-/technische Forderungen erarbeiten. Navantia (und dem spanischen Staat) käme in der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise ein Neubauauftrag sicher mehr als gelegen. Die spanische Marine spart nicht nur fast ein Jahr lang die Betriebskosten für ihr Schiff, sondern kann es in heimatfernen, teils tropischen Gewässern in aller Ruhe weiter zu voller operativer Einsatzreife führen. Einziger Wermutstropfen ist der vorübergehende Verzicht der spanischen Marine auf eine wesentliche Komponente ihrer seegestützten Versorgung. Hier könnten aber zwei ältere Schiffe (PATINO und MARQUES DE ENSENADA) sowie ggf. der Rückgriff auf Kapazitäten verbündeter Marinen durchaus helfen, die zeitweilige Fähigkeitslücke zu verschmerzen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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