Es wird Herbst, und damit ist für viele Marinen die Zeit gekommen, auf dem Höhepunkt des Ausbildungsjahres in großen Übungen ihre Einsatzbereitschaft zu prüfen – und zu demonstrieren.
Das gilt natürlich auch für die russische Marine, deren Nordflotte und Pazifikflotte in diesen Tagen ihr Können unter Beweis stellen. Die Nordflotte ist seit dem 8. September aktiv. Sie nimmt an einer Übung „zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Teilstreitkräften“ teil, die großteils als bloße Stabsrahmenübung (Command Post Exercise) in Computersimulationen durchgeführt wird, bei der zur Schaffung von Realitätsnähe und zur aktiven Erprobung gemeinsamer Verfahren in ausgewählten Szenarien aber auch echte Truppenteile zum Einsatz kommen.
FK-Schießen im Pazifik (Foto: russ. Marine) |
Die Nordflotte hat dazu ihren Flugzeugträger ADMIRAL KUZNETSOV, drei Zerstörer der UDALOY-Klasse sowie weitere Kampf- und Hilfsschiffe, Landungsschiffe und wahrscheinlich auch U‑Boote vor die Kola-Halbinsel in die Barentssee verlegt. Nachdem Langstreckenbomber Tu-95 Bear und Tu-22M Backfire Übungsangriffe flogen, führten die Schiffe live Schießen von Seeziel-FK auf in Sperrgebieten vor der Küste verankerte Ziele durch; später folgten auch Schießen von Flugabwehr-FK. Am 12. September stand eine größere amphibische Landung auf dem Programm, bei der drei Landungsschiffe der ROPUCHA-Klasse sowie zahlreiche kleinere Landungsfahrzeuge Truppen der Marineinfanterie sowie Panzer- und Schützenpanzer-Kompanien der Landstreitkräfte vor dem Ausgang des Kolafjords auf der Halbinsel Sredniy an Land setzten.
Die Pazifikflotte hat ebenfalls größere Manöver begonnen, und auch ihre Aktivitäten sind in eine TSK-übergreifende, größere Stabsrahmenübung des (neuen) Militärbezirks Ost eingebunden. Insgesamt nehmen etwa 10.000 Soldaten und Zivilisten teil. Die Pazifikflotte ist dabei mit 15 Kampfschiffen, 35 Hilfsschiffen, U‑Booten sowie etwa 50 Flugzeugen und Hubschraubern vertreten. Zu den Kampfeinheiten zählen das Flottenflaggschiff VARYAG (FK-Kreuzer der SLAVA-Klasse) sowie ein Zerstörer der SOVREMENNIY-Klasse und zwei Zerstörer der UDALOY-Klasse. Die Schiffe waren bereits am 7. September aus Wladiwostok ausgelaufen und hatten durch die Japansee nach Norden in die Übungsgebiete im Ochotskischen Meer vor der Halbinsel Kamtschatka verlegt. Hier begann dann am 13. September die aktive Phase, die noch bis Monatsende andauern soll.
Der Übungsschwerpunkt liegt nach offiziellen Angaben bei „Piratenbekämpfung, Terrorabwehr und Fischereischutz“. U.a. sehe das Übungsszenario vor, „extremistische Organisationen an Angriffen auf Öl- und Gasförderanlagen vor der Küste zu hindern“. Es bereitet allerdings ein wenig Mühe, die dann tatsächlich gemeldeten Aktivitäten diesen Übungszielen zuzuordnen. Im Prinzip reflektierte auch diese Übung die seit Jahrzehnten traditionellen Szenarien zur Heimatverteidigung.
So führten Marineinfanteristen eine von den Kampfschiffen gesicherte Seelandung in der Avacha-Bucht nahe Petropavlowsk (Kamtschatka) durch. Beim Ablaufen aus der Bucht standen für VARYAG und die Zerstörer dann Flugabwehr- und Luftraumverteidigungsübungen mit live Schießen von Flugabwehrgeschützen und Flugabwehr-FK auf dem Programm. Wieder auf offener See stand im nächsten Übungsabschnitt dann die Abwehr eines sich nähernden feindlichen Marineverbandes auf der Agenda. Kampfschiffe, U‑Boote, Marinejagdbomber und zuletzt Küstenverteidigungstruppen sollten in der Tiefe gestaffelt den Angreifer auf seinem Marsch in Richtung russische Küste bekämpfen. Zu diesem Übungsteil gehören weitere live FK-Schießen aller beteiligten Kräfte. Anschließende Übungsteile sollen dann auch im offenen Ozean des Westpazifik stattfinden.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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