Das Schicksal eines Hilfsschiffes der russischen Nordflotte liefert ein weiteres Beispiel für die fortdauernde Misere im russischen Kriegsschiffbau.
Die fast 6.000 ts (130m) verdrängende KARPATY, ein Spezialschiff für die Unterwasser-Rettung und –bergung (NEPA-Klasse, Projekt 530) war in den 1960-er Jahren in Nikolayev in der heutigen Ukraine gebaut und 1967 bei der Nordflotte in Dienst gestellt worden. Das Schiff diente dort als U‑Bootrettungsschiff. Ein Hebegeschirr am Heck konnte bis zu 750 t schwere Lasten vom Meeresgrund bis kurz unter die Wasseroberfläche heben. Hinzu kamen zwei 60‑t Kräne, die u.a. schwere Rettungs-Taucherglocken zum Einsatz bringen konnten. Spezialgerät erlaubte Tauchereinsatz bis zu 140m Wassertiefe. Angeblich konnte die KARPATY U‑Booten bis in 500m Wassertiefe helfen.
KARPATY Bildquelle: navy.ru |
Nach etwas mehr als 20 Dienstjahren verlegte das Schiff 1989 zu einer auf vier Jahre veranschlagten Grundinstandsetzung und Modernisierung nach Liepaja in die Ostsee und wurde dazu aus administrativen Gründen der Baltischen Flotte unterstellt. Kurz darauf kam es zum Zerfall der Sowjetunion. Die Arbeiten in Liepaja waren noch nicht beendet, aber das Schiff musste die Werft im nun unabhängigen Lettland verlassen. Mit Rumpfbesatzung und offenbar aus eigener Kraft fahrfähig verlegte die KARPATY nach Kronstadt. Dort kamen die Arbeiten bei unzureichender Finanzierung nur sehr langsam voran.
Als nach dem Untergang der KURSK (12 August 2000) die völlig unzureichenden Möglichkeiten der Nordflotte zur U‑Bootrettung und –bergung offenkundig wurden, ordnete der damalige Präsident Putin die beschleunigte Wiederherstellung der KARPATY an. Zunächst kamen die Arbeiten auch wieder in Gang, aber schon bald floss erneut nur noch sporadisch Geld an die Werft in Kronstadt, die letztendlich sogar schließen musste. Im September 2009 stellte die Baltische Flotte „ihr“ Schiff außer Dienst. Seitdem liegt die KARPATY in Erwartung einer Entscheidung über ihr Schicksal in der Srednyaia Bucht bei Kronstadt.
85 % der Arbeiten sind abgeschlossen. Antriebsmotoren, Generatoren und Kompressoren sind komplett erneuert; Propeller und Wellen wurden ersetzt, Rumpf und Innenräume generalüberholt sowie hunderte Kilometer neue Kabel verlegt, Spezialgerät zur Unterwasser-Rettung und Bergung grundüberholt. Für die letzten noch fehlenden Arbeiten zur endgültigen Fertigstellung der KARPATY gibt es jedoch kein Geld. So wird die Nordflotte sich im Falle einer neuerlichen U‑Boothavarie mit „zweitbesten“ Möglichkeiten (RUDNITSKIY-Klasse) bescheiden müssen. Zwar ist ein neues Spezialschiff für die Nordflotte im Bau. Die Admiralitätswerft hat 2005 in St. Petersburg die IGOR BELOUSOV auf Kiel gelegt (und soll wohl auch noch ein Schwesterschiff fertigen), aber deren Bau kommt nur sehr langsam voran. Als Grund für die Verzögerungen wird – welche Überraschung – ausbleibende Begleichung von Rechnungen durch die russische Marine genannt.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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