Zu den spektakulärsten Waffensystemen der früheren sowjetischen Marine gehörte sicher das „Kaspi-See Monster“ – ein riesiges, knapp über der Wasseroberfläche fliegendes und mit Seeziel-FK bestücktes Luftfahrzeug.
Ekranoplan ‘Lun’ bei FK-Schuss (Foto: sowj. Marine) |
Die russische Originalbezeichnung für ein solches Luftfahrzeug lautet Ekranoplan. Meist wird es als „Mittelding zwischen Luftkissenboot und Flugzeug“ gesehen; richtigerweise spricht man aber von einem Bodeneffekt-Fahrzeug oder Wing-in-Ground Aircraft (WiG). Schon in den 1920-er Jahren hatten Piloten festgestellt, dass Flugzeuge vor der Landung, dicht über dem Boden, ein ganz besonderes Verhalten zeigten: bei offenbar verminderten Widerstand erhielten sie mehr Auftrieb, „schwebten“ quasi auf einem Luftpolster. Natürlich wollte man diesen Effekt gezielt ausnutzen, doch schnell erwies es sich als viel zu gefährlich, über Land permanent in der dafür nötigen extrem niedrigen Höhe zu fliegen (Hindernisse). Über Wasser gab es dieses Problem jedoch nicht, zumindest nicht bei überwiegend niedrigen Wellenhöhen der Rand- oder Binnenmeere.
Die sowjetische Marine zeigte Interesse. Nach diversen kleineren Prototypen entwickelte das Alexeyev Designbüro in den 1960-er Jahren ein 550 t schweres, 73m langes Ekranoplan, das Geschwindigkeiten von etwa 300 Kn erreichte. Als US Satelliten dieses unbekannte riesige Luftfahrzeug auf dem Kaspischen Meer entdeckten, gaben die zunächst ratlosen Auswerter ihm den Namen „Kaspi-See Monster“.
In die Serienfertigung gingen aber deutlich kleinere Versionen. Die Marine bestellte 120 A‑90 „Orlyonok“ (125 t) als schnelle Transportmittel für Kaspisches Meer, Schwarzmeer und auch die Ostsee; später wurde diese Anzahl auf 30 reduziert. Aufsehen erregte das 1987 vorgestellte, nun wieder deutlich größere (400 t) Ekranoplan „Lun“, das mit modernen Seeziel-FK bestückt war.
Der Zerfall der Sowjetunion setzte dieser Entwicklung dann aber ein abruptes Ende; ein zweites, angeblich für den SAR-Dienst geplantes „Lun“ wurde nicht mehr fertig gebaut und das gesamte Ekronoplan-Projekt zu den Akten gelegt. Im Juli 2010 meldete sich Hersteller Alekseyev aber wieder zu Wort: man werde bis 2012 ein neues Ekranoplan entwickeln und der russischen Marine anbieten. Schnell hieß es, „nach 2015“ würden mehrere zwischen 50t und 500t Varianten für zivile und militärische Zwecke in Serienfertigung gehen. Im November 2011 winkte die russische Marine jedoch ab; man habe keinen Bedarf und werde auch nicht mehr in diese Idee investieren.
Dafür fand sich aber offenbar ein anderer Kunde. Der russische Grenzschutz (Federal Border Guard Service) scheint fest entschlossen, sich für die Überwachung des russischen Küstenvorfeldes, vor allem auf Binnenmeeren mit anderen Anliegerstaaten, die Technologie zunutze zu machen. Ein Ekranoplan sei immerhin deutlich schneller als ein Schiff und zugleich erheblich energie-effizienter als ein Flugzeug. Auf der früheren Avangard-Werft in Petrozavodsk (am Onegasee, etwa 300 km nordöstlich von St. Petersburg) soll nun ein Produktionszentrum für Grenzschutz-Ekranoplane entstehen. Neue „Kaspi-See Monster“ werden dies aber sicher nicht werden.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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