Niederländer entern die TAIPAN Bildquelle: niederl. Marine |
Am 5. April konnten Piraten im Somaliabecken 500 sm östlich der somalischen Küste das von der israelischen ZIM gecharterte deutsche (Eigner und Flagge) Containerschiff TAIPAN kapern. Die Besatzung verhielt sich wie im Lehrbuch. Als klar wurde, dass Ausweichmanöver und Abwehrmaßnahmen das Entern nicht verhindern konnten, wurden die Schiffsmotoren abgestellt, die Männer verbarrikadierten sich in einem sicheren Raum und funkten von dort um Hilfe. Die im Seegebiet operierende niederländische Fregatte TROMP (EU NavFor) traf wenig später bei der manövrierunfähig treibenden TAIPAN ein. Als die Piraten nicht aufgaben und eine Gefährdung der Besatzung der TAIPAN ausgeschlossen war, seilte der Bordhubschrauber der TROMP ein Spezialkommando auf der TAIPAN ab, dass die insgesamt zehn Piraten überwältigte und festnahm. Nach letzten Informationen soll Ihnen wohl in Deutschland der Prozess gemacht werden.
Am 7. April entführten Piraten den türkischen Bulk-Carrier YASIN‑C, im Somaliabecken etwa 250 sm vor dem Zielhafen Mombasa, Kenia. Zwei Tage später war das Schiff überraschend wieder frei. Offenbar war auf dem Weg an die somalische Küste die Antriebsanlage ausgefallen. Überstürzt verließen die Piraten die YASIN C wieder. Ein Schlepper bugsiert das Schiff nun nach Mombasa.
Drei der acht in der Vorwoche dicht vor der somalischen Küste zur Nutzung als Mutterschiffe gekaperten indischen Dhaus sind wieder frei. Am 3. April gaben Piraten zunächst die KRISHNYA JYOT und ihre Besatzung wieder frei, als der Kraftstoff ausging. Einen Tag später teilte eine zweite Dhau dieses positive Schicksal. Die dritte Dhau fand den Weg in die Schlagzeilen. Die FAIZ E OSMANI diente weit entfernt von Somalia etwa 250 sm östlich von Salalah (Oman) zunächst als Mutterschiff bei einem Angriff auf den Frachter RISING SUN (Marshall Islands). Der Frachter konnte entkommen, und internationale Seestreitkräfte machten sich auf die Suche nach den Piraten. Einen Tag später konnte das omanische FK-Schnellboot AL SHARQUIYAH die Dhau stellen. Als das Schnellboot sich näherte, sprangen alle neun als Geiseln gehaltenen Besatzungsmitglieder über Bord ins Wasser. Acht konnten geborgen werden; ein Mann ertrank leider. Die Piraten blieben an Bord der Dhau, bis der zur Trägerkampfgruppe der EISENHOWER gehörende US Zerstörer MCFAUL am Schauplatz erschien. Dessen Boardingteam enterte die Dhau und setzte die zehn Piraten fest. Sie wurden später an einen anderen US-Zerstörer (CARNEY) übergeben. Nun gilt es, ein Land zu finden, in dem sie vor Gericht gestellt werden können. Erfahrungsgemäß dürfte dies sehr schwierig sein, so dass man wohl mit ihrer Freilassung rechnen kann.
MCFAUL Boardingteam bei der Dhau Bildquelle: US Navy |
Noch eine vierte indische Dhau war in einen Überfall verwickelt. Im Golf von Aden nutzten Piraten am 5. April die SAFINA AL-GAYATRI als Mutterschiff für einen Angriff auf den dänischen Tanker TORM RAGNHILD. Dieser konnte zwei Skiffs ausmanövrieren, bis ein französisches Flugzeug die Piraten zum Abbruch ihres Vorhabens und zur Rückkehr auf die Dhau zwang. Die herbei gerufene türkische Fregatte GELIBOLU konnte nur noch beobachten, wie die Dhau an die somalische Küste gesteuert wurde. Eine Medienmeldung vom 9. April lässt übrigens den Schluss zu, dass nicht nur die genannten acht indischen Dhaus vor der somalischen Küste gekapert wurden. Demnach haben die Eigner von in den Vereinigten Arabischen Emiraten beheimateten und im Küstenverkehr vor Somalia eingesetzten Fracht-Dhaus angesichts einer Serie von Entführungen Ende März einen kompletten Boykott des Handels mit Somalia begonnen. Die Maßnahme soll in Somalia zu Versorgungsengpässen und erheblichen Preissteigerungen für Handelsgüter geführt, aber auch bereits die „Freilassung von sechs Dhaus“ bewirkt haben.
Bei mindestens drei weiteren Angriffen blieben Piraten erfolglos. Einer dieser Überfälle galt am 6. April im Golf von Aden dem iranischen Tanker IRAN FARAZ. Iranische Kriegsschiffe konnten die insgesamt vier Skiffs vertreiben, allerdings nicht stellen und festsetzen. Erfolglos blieben auch Piraten, die am 10. April etwa 350 sm östlich von Djibouti von ihrem Skiff aus kurz vor Morgengrauen versehentlich das US Docklandungsschiff ASHLAND beschossen. Die ASHLAND erwiderte das Feuer und setzte das Skiff in Brand. Alle sechs mutmaßlichen Piraten sprangen ins Wasser, wurden geborgen und an Bord des US-Kriegsschiffes in Gewahrsam genommen.
ASHLAND und das ausgebrannte Skiff Bildquelle: US Navy |
Am 4. April konnte die französische Fregatte NIVOSE im Somaliabecken 270 sm östlich von Mogadischu eine mutmaßliche Piratengruppe „neutralisieren“. An Bord des Mutterschiffs und eines Skiffs wurden Waffen und Piratenausrüstung sichergestellt; sieben mutmaßliche Piraten wurden in Gewahrsam genommen. Damit sind im Monat April bisher mindestens fünf „Pirate Attack Groups“ in See gestellt worden. In der Regel werden sie mangels Nachweises einer spezifischen Straftat nach Beschlagnahme ihrer Ausrüstung und Zerstörung „überzähliger“ Fahrzeuge mit einem Boot in Richtung somalische Küste entlassen. Man kann davon ausgehen, dass sie sich dort — begeistert über die weitgehende Risikolosigkeit ihrer Raubzüge — sofort wieder neu ausrüsten und zu erneuten Kaperfahrten aufbrechen. In mindestens einem Fall soll eine solchermaßen aufgebrachte Piratengruppe denn auch schon nur wenig später ein zweites Mal in See gestellt (und erneut wieder frei gelassen) worden sein.
Die internationalen Bemühungen zur „vorbeugenden Neutralisierung“ von Piratengruppen in See werden nicht überall einhellig begrüßt. So beklagen sich jemenitische Fischer über „schwere Übergriffe“ eines indisches (und möglw. auch eines russischen) Kriegsschiffes. Sie seien in See gestoppt und „stundenlang“ verhört worden; schließlich habe man sogar einige ihrer Boote versenkt. Jemen will angeblich offiziell protestieren, aber eine wirkliche Klärung dieser Vorwürfe dürfte schwer fallen. Piraten gibt es sicher nicht nur an der somalischen Küste, und man darf durchaus vermuten, dass auch einige jemenitische Fischer die Piraterie „als Zweitjob“ betreiben. Wenn die Inder (und Russen) die Vorwürfe nicht durch eindeutige Beweise entkräften können (und Piraten sind üblicherweise bemüht, sich bei Annäherung eines Kriegsschiffes sofort aller inkriminierenden Gegenstände zu entledigen), steht Behauptung gegen Behauptung – und in einem solchen Fall gilt rechtlich die Unschuldsvermutung für die mutmaßlichen Piraten.
Am 5. April haben Piraten ein im März mit 12 Mann Besatzung gekapertes jemenitisches Schiff frei gelassen; angeblich sollen 5 Mio. US-Dollar Lösegeld gezahlt worden sein (an dieser Summe scheinen jedoch Zweifel angebracht).
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Am 5. April ist das schwedische Unterstützungsschiff CARLSKRONA in Djibouti eingetroffen. Das Schiff bereitet sich nun auf die am 14. April vorgesehene Übernahme der Aufgaben als Flaggschiff der EU NavFor („Operation Atalanta“) vor.
Ebenfalls am 5. April hat das niederländische Docklandungsschiff JOHAN DE WITT seinen Heimathafen den Helder mit Kurs auf das Horn von Afrika verlasen. Das Schiff soll in etwa zwei Wochen die Fregatte TROMP beim Einsatz in der EU Operation Atalanta ablösen.
JOHAN DE WITT Bildquelle: Michael Nitz |
Unmittelbar nach Eintreffen der neuen russischen Einsatzgruppe aus der Pazifikflotte (mit Zerstörer MARSHAL SHAPSHNIKOV) hat die russische Fregatte NEUSTRASHIMIY ihren am 25. Januar begonnenen Einsatz im Golf von Aden beendet und den Rückmarsch in die Ostsee angetreten. Am 8. April stand das Schiff im Mittelmeer kurz vor Passage der Straße von Gibraltar.
Portugal will die EU NavFor („Operation Alatanta“) mit einem Seefernaufklärungsflugzeug verstärken, das für bis zu vier Monate in die Region verlegt werden soll.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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