Nach mehr als sieben Jahren “Ruhe” haben sich nord- und südkoreanische Marineeinheiten wieder ein Seegefecht geliefert.
Am 10. November drang ein nordkoreanisches Wachboot über die umstrittene Seegrenze (Northern Limit Line – NLL) im Gelben Meer nahe der Insel Baekryoung in südkoreanische Gewässer ein. Da eine Bedrohung dort fischender südkoreanischer Boote befürchtet wurde, fingen (mindestens zwei) dort patrouillierende südkoreanische Boote den Eindringling sofort ab. Nachdem auf verbale Warnungen keine Reaktion erfolgte, wurden Warnschüsse abgegeben. Diese wurden nun allerdings sofort erwidert, und es entwickelte sich ein kurzes, aber heftiges Seegefecht. Der Nordkoreaner gab etwa 50 Schüsse ab, von denen etwa 15 eines der südkoreanischen Boote trafen, ohne Opfer zu fordern oder schwerere Schäden anzurichten. Im zweiminütigen Scharmützel wurde das nordkoreanische Boot offenbar schwer beschädigt. Es soll sich mit „mindestens einem Toten und drei Verletzten … brennend und halb zerstört“ zurück gezogen haben.
An der NLL kommt es immer wieder mal zu Zwischenfällen (zuletzt war ein nordkoreanisches Boot am 4. Juni dieses Jahres über die NLL vorgestoßen). Meist versuchen nordkoreanische Einheiten illegalen Fischfang im umstrittenen Gebiet zu unterbinden. Trotz aller Spannungen liegt das letzte Seegefecht (29. Juni 2002) allerdings doch mehr als sieben Jahre zurück. Warum der Zwischenfall diesmal eskalierte, ist unklar. Einige regionale Medien spekulieren über einen Zusammenhang mit der derzeitigen Ostasienreise von US Präsident Obama. Nordkorea habe die Brisanz des Konfliktes demonstrieren und die Notwendigkeit einer Lösung (Friedensvertrag mit den USA) anmahnen wollen. Möglich ist aber auch ein bloßes versehentliches zu weites Vordringen (Navigationsfehler) des nordkoreanischen Patrouillenbootes.
Nordkoreanische Seepatrouille an der NLL Bildquelle: MoDROK |
Für letzteres könnte sprechen, dass allgemein erwartete weitere Eskalationen bisher ausgeblieben sind. Zwar forderte Nordkorea mit heftigen Vorwürfen sofort eine Entschuldigung aus Seoul und kündigte auch „militärische Maßnahmen zur Sicherung seiner Seegrenzen im Gelben Meer“ an, aber wirkliche Reaktionen wie z.B. Verstärkung der Präsenz im umstrittenen Gebiet sind bisher noch nicht erkennbar. Im Gegenteil scheint man bemüht, den begonnenen innerkoreanischen Dialog möglichst unbeeinträchtigt fortzusetzen. Südkorea mag dennoch nicht ausschließen, dass es zu weiteren Zwischenfällen kommt. Vorsorglich wurden am 11. November ein Zerstörer der KDX-II-Klasse sowie zwei „1.800 ts große Patrouillenschiffe“ (die Größenangabe deutet auf Fregatten der ULSAN-Klasse) an die Seegrenze im Gelben Meer verlegt.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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