Nach dem Atomwaffentest von 25. Mai haben sich die Spannungen mit Nordkorea deutlich verschärft.
Die international weitgehend isolierte kommunistische Diktatur ist einmal mehr bemüht, durch (militärische) Drohungen politische Zugeständnisse bis hin zur Anerkennung (bilateraler Friedensvertrag mit den USA) zu erreichen. Wie schon mehrfach in der Vergangenheit, setzt man in einem Vabanque-Spiel wahrscheinlich darauf, zunächst zu eskalieren (auch mit klaren Verstößen gegen UN-Auflagen und frühere Abkommen), um dann durch (teilweise) De-Eskalation seine Position zu verbessern. Diesmal fällt die internationale Reaktion allerdings deutlich schärfer aus als früher, und man kann auch davon ausgehen, dass die Phase der Eskalation noch nicht abgeschlossen ist. Die südkoreanischen Streitkräfte und auch die regionalen US Streitkräfte wurden in erhöhte Bereitschaft versetzt.
Natürlich hat die Krise auch eine maritime Dimension.
Zum einen hat Nordkorea in den letzten Tagen sowohl an der Ostküste als auch an der Westküste mehrere demonstrative Raketentests in Richtung See unternommen. Dabei handelte es sich allerdings um keine „verbotenen“ Aktivitäten; geschossen wurden Küsten-FK und Flugabwehr-FK üblicher Reichweiten (bis etwa 150 km). Mit der offenbar begonnenen Vorbereitung des Starts einer Langstreckenrakete Taepodong‑2 (Reichweite ca. 4000 km) wird allerdings ein erneuter Verstoß gegen UN Resolutionen absehbar. Schon im April hatte der Start einer solchen Rakete – damals als “ziviles” Vorhaben zum Start eines Fernmeldesatelliten kaschiert – international zu Aufregung geführt. Man darf erwarten, dass die regionalen Nachbarn Südkorea und Japan sowie die US Navy erneut Aegis-Schiffe in Position zu bringen, um die Rakete im Flug zu verfolgen und ggf. (Überflug über Japan) auch abzuschießen.
Ebenfalls maritime Aspekte finden sich im Beitritt Südkoreas zur US geführten Proliferation Security Initative (PSI), die eine Weiterverbreitung von Massenvernichtungsmitteln auf u.a. dem Seewege verhindern soll. Schon im April hatte Südkorea diesen Schritt angedeutet und zugleich verkündet, man habe bereits mehr als ein Dutzend nordkoreanischer Handelsschiffe identifiziert, die man auf Hoher See stoppen und durchsuchen wolle. Die derzeitige Lageverschärfung hat nun als Auslöser für den vollzogenen Beitritt zu PSI gedient. Nordkorea will jedes Stoppen eines seiner Handelsschiffe auf Hoher See als „Kriegserklärung“ betrachten.
Es gibt aber noch einen weiteren maritimen Schauplatz der gegenwärtigen Krise. Wie in jedem Jahr hat im Mai die Krabbenfangsaison begonnen. Hunderte süd- und nordkoreanische aber auch chinesische Fischer bevölkern die Fangebiete beiderseits der umstrittenen Seegrenze (Northern Limit Line) zwischen Nord- und Südkorea im Gelben Meer. Hier hat es in den letzten Jahrzehnten regelmäßig teils schwere Zwischenfälle gegeben, die von gegenseitigem Rammen nord- und südkoreanischer Kriegsschiffe bis hin zu längeren Feuergefechten reichten.
Offensichtlich scheint die nordkoreanische Marine hier erneut Zwischenfälle provozieren zu wollen. Mehr als 140 chinesische Fischer haben wenigstens am 28. Mai schlagartig die Fanggebiete verlassen. Im Südkoreanischen Verteidigungsministerium geht man von einer offiziell nach Peking übermittelten Warnung Nordkoreas aus. Die südkoreanische Marine ist jedenfalls vorbereitet, nordkoreanische Eindringversuche in Seegebiete südlich der NLL zu verhindern.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.