2005 hatte Lettland mit den Niederlanden die Übernahme von fünf gebrauchten Minenjagdbooten der ALKMAAR-Klasse vereinbart. Die in den 1980-er Jahren gebauten aber modern ausgerüsteten Boote waren zwischen 2000 und 2004 unter Sparzwängen von der niederländischen Marine ausgemustert worden. Ihr Erwerb sollte nun der lettischen Marine die Ausmusterung völlig veralteter Minensucher (u.a. zwei KONDOR-II der ex-NVA VM) sowie eine technologisch adäquate Beteiligung an Einsatzgruppen der NATO und am gemeinsamen Verband Baltron der Baltischen Marinen ermöglichen.
RUSINS Bildquelle: Michael Nitz |
Nach Grundüberholung und leichter Modifizierung für den neuen Besitzer wurde im Dezember 2006 das erste Boot nach Riga überführt und dort im März 2007 als IMANTA in Dienst gestellt. Bis Ende 2008 folgten mit VIESTURS, TALIVALDIS und VISVALDIS drei weitere Boote. Das fünfte Boot sollten 2009 übergeben werden, aber nun gab es eine Verzögerung. Im lettischen Verteidigungsministerium empfand man im Nachhinein die Vertragsgestaltung als „sehr nachlässig“; der lettische Marinechef musste sein Amt abgeben, und man bemühte sich um eine nachträgliche Neuverhandlung. Diese gab es wohl auch, aber nun musste man feststellen, dass das Budget ausgereizt war; fünf Boote waren nicht mehr bezahlbar. Anfang 2010 wurde mit den Niederlanden ein Kompromiss gefunden. Man wollte es bei drei Booten belassen, und deren Bezahlung überdies bis ins Jahr 2013 schieben. Nun waren aber bereits vier Boote geliefert. Medien berichteten damals, beide Marinen wollten gemeinsam nach Käufern für eines der bereits gelieferten Boote und das noch in Den Helder liegende, nicht gelieferte fünfte Boot RUSINS suchen.
Bis heute gab es allerdings keine Meldung über Ausmusterung oder gar Verkauf eines der vier übergebenen Boote. Und nun wurde überraschend auch die RUSINS nicht nur fertig gestellt, sondern passierte mit dem lettischen „Marine-Pennant“ im Top (aber ohne Heckflagge) am 6. August den Nord-Ostsee-Kanal – ganz offensichtlich auf dem Weg nach Riga. Damit sind nun doch alle fünf ursprünglich bestellten Boote in Lettland. Ist die 2010 getroffene Vereinbarung damit wieder hinfällig; will die lettische Marine nun doch alle fünf Boote?
Aufschluss könnte eine Pressemeldung aus 2010 geben, der zufolge es sich bei den beiden zum Verkauf anzubietenden Booten um das erste Boot IMANTA und das dritte Boot TALIVALDIS handeln soll. Offiziell bestätigt ist dies nicht, und auch die genauen Gründe dafür sind unklar. Möglicherweise haben diese beiden Boote von allen fünf Minenjägern den schlechtesten materiellen Zustand. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die RUSINS noch nicht in Dienst gestellt ist und nur zum beabsichtigten Verkauf nach Riga überführt wurde (teuren Werftliegeplatz in Den Helder frei gemacht hat). Dafür könnte sprechen, dass sich auf den Internetseiten des lettischen Verteidigungsministeriums und der lettischen Streitkräfte bisher kein einziger Hinweis auf den Zulauf der RUSINS findet – und der Erwerb eines neuen Minenjagdbootes wäre dort sicher eine Notiz wert.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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