Um Geld zu sparen, will die kanadische Marine den Bereitschaftsstatus reduzieren sowie die Mittel für Wartung und Instandsetzung ihrer Schiffe und Boote deutlich kürzen. Einem Bericht der „Montreal Gazette“ zufolge hat Marinebefehlshaber VAdm Dean McFadden am 23. April in einem am 12. Mai der Zeitung zugespielten Schreiben an seine Kommandeure tiefe Einschnitte angekündigt. Demnach sollen nur noch die drei Fregatten WINNIPEG, CALGARY und CHARLOTTETOWN in voller Einsatzbereitschaft und klar für internationale Einsätze bleiben. MONTREAL, ST. JOHN’S und VANCOUVER werden in einem Klarstand gehalten, der „begrenzte Einsätze vor den heimischen Küsten“ (z.B. im Fischereischutz) erlaubt. Bei TORONTO, OTTAWA und dem Zerstörer ATHABASCAN sollen nur noch die notwendigsten Navigations- und Fernmeldesysteme gewartet und instand gesetzt werden; diese Schiffe wären damit in absehbarer Zeit nur noch „zur sicheren Teilnahme am Seeverkehr“ geeignet, aber nicht mehr operativ einsatzklar. Der Zerstörer ALGONQUIN werde in eine verminderte Einsatzbereitschaft (“extended readiness“, entspricht de facto dem Reservestatus) befohlen. Über die zwei restlichen Fregatten werde später entschieden.
ALGONQUIN Bildquelle: Michael Nitz |
Bei den Versorgern PROTECTEUR und PRESERVER sollen die zur Selbstverteidigung installierten Nahbereichs-Flugabwehrsysteme Phalanx nicht mehr (logistisch) unterstützt werden. Kürzungen gibt es auch bei der (logistischen) Unterstützung von U‑Jagdwaffensystemen der Zerstörer. Wartung und Instandsetzung von Hilfsfahrzeugen soll um 60 Prozent reduziert werden. Bei den meisten betroffenen Einheiten werden die Maßnahmen von Personalkürzungen (reduzierte Besatzungsstärke) begleitet sein.
Nach den Plänen der Marineführung sollten eigentlich auch nur noch sechs der zwölf Küstenverteidigungsboote / Minenabwehrboote der KINGSTON-Klasse einsatzklar bleiben; sechs Boote – je drei an Atlantik- und Pazifikküste — sollten den Rest des Jahres in einem verminderten Bereitschaftszustand an der Pier verbringen (einige Medien sprachen schon von Einmottung); nur eines von ihnen sollte im Sommer noch einmal für Ausbildungszwecke genutzt werden. Am 14. Mai hat der Chief of Defence Staff, General Walter Natynczyk, diese Planung “kassiert”; man werde die verfügbaren Mittel noch einmal genau prüfen. Der General hat hier vermutlich auf die nach Veröffentlichung der Planung sofort aufbrandende heftige Kritik reagiert. So sah der ehemalige Marinebefehlshaber VAdm a.D. Cairns die Royal Canadian Navy ausgerechnet zu ihrer 100-Jahr-Feier auf „Rumpffähigkeiten eines begrenzten Kampfkerns“ zurück geworfen. Fast alle Medien sprachen von einer „Halbierung der Flotte“.
Verteidigungsminister MacKay wollte die Marineplanung zunächst überhaupt nicht kommentieren, musste auf den Sturm der Entrüstung schließlich aber doch reagieren. Von einer „Halbierung der Flotte“ könne keine Rede sein. Im Gegenteil würden im Ergebnis „historischer Investitionen“ in die kanadische Marine „in der Zukunft“ deutlich „erhöhte maritime Fähigkeiten“ stehen. Mit Blick auf die Gesamtzahl aller Schiffe, Boote und Hilfsfahrzeuge hat der Minister sicher recht, wenn er eine Halbierung der Flotte dementiert; bezüglich der verbleibenden „Kampfkraft“ konnte man (vor Rücknahme der KINGSTON-Pläne) eine solche allerdings durchaus konstatieren.
In seiner Erklärung lässt der Minister aber keinen Zweifel daran, dass zur Finanzierung der Zukunft deutliche Abstriche in der Gegenwart gemacht werden sollen. VAdm McFadden sieht seine Marine denn auch vor schweren Zeiten. Die für dieses Jahr und „possibly for the medium term“ geplanten Einschnitte seien allerdings unverzichtbar, um die Top-Prioritäten der kanadischen Marine — die Kampfwertsteigerung der HALIFAX-Fregatten und die Reparaturen/Umrüstungen der U‑Boote der VICTORIA-Klasse – überhaupt noch finanzieren zu können. Gerüchten, dass einigen Einheiten schon demnächst die vorzeitige Ausmusterung drohe, erteilte McFadden allerdings eine klare Absage.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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