Auch wenn die Bemühungen um eine diplomatische Lösung im Streit um das iranische Atomprogramm unvermindert fortgesetzt werden, überwiegt derzeit Skepsis, dass schon bald ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden könnte. Außer ständiger Wiederholung von Dementis tut der Iran offenbar nichts, um die Vorwürfe eines militärischen Atomprogramms zu entkräften. Durch Satelliten in einer verdächtigen militärischen Anlage Parchin beobachtete „Aufräumarbeiten“ werden entschieden in Abrede gestellt, eine Inspektion der Anlage (durch wen auch immer) aber strikt verweigert. Dabei könnte die iranische Führung doch gerade hier die Behauptungen eines Atomwaffenprogramms entkräften. Das derzeitige Verhalten kann nur den Schluss zulassen, dass das zivile Atomprogramm tatsächlich (auch) militärische Zwecke verfolgt – oder (in Parchin) verfolgt hat.
Umgebaute PONCE läuft aus Norfolk aus (Foto: US Navy) |
So spricht denn alles dafür, dass die von der EU verkündeten neuen Sanktionen am 1. Juli tatsächlich in Kraft treten. Spätestens dann wird es internationalen Reedern auch nicht mehr möglich sein, mit iranischem Rohöl beladene Tanker auf den üblichen Wegen zu versichern. Irans größte Tankergesellschaft (NITC) erklärt denn auch bereits, man habe 1 Mrd. US-Dollar „zur Seite gelegt“, um die Schiffe und ihre Ladungen selbst zu versichern. In Japan, das erheblich von iranischem Öl abhängig ist, hat das Parlament in erster Lesung einem Gesetz zugestimmt, das für mit iranischem Öl beladene Tanker eine staatliche Versicherung vorsieht. Derweil gehen die iranischen Exporte weiter zurück. Letzten Meldungen zufolge müssen derzeit schon 42 Mio. Barrel Rohöl auf Tankern vor der iranischen Küste „zwischengelagert“ werden.
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Ungemach droht den iranischen Schifffahrtsgesellschaften auch an anderer Front. Sowohl Lloyds (London) als auch die französische Veritas, die weltweit Schiffe bezüglich ihrer Sicherheit und Umweltstandards zertifizieren, haben ihre Arbeit im Iran eingestellt. Iranische Schiffe erhalten so keine internationale Zertifikate mehr, und damit ist ihnen das Anlaufen von Häfen in den meisten anderen Ländern verwehrt. Auch wenn einige Länder (China, Russland, Venezuela, Syrien, Nordkorea) iranische Schiffe auch weiterhin in ihren Häfen willkommen heißen werden, wird der Iran damit doch in erheblichem Maße vom Welt-Seehandel ausgeschlossen.
Die militärische Lage im und um den Persischen Golf ist unverändert ruhig. Neben Routineoperationen und planmäßigen Ablösungen gibt es derzeit jedoch einige Schiffsbewegungen, die unmittelbaren Bezug auf die aktuelle Lage haben — auch wenn weiterhin noch nichts für eine unmittelbar bevorstehende militärische Eskalation spricht. Die Töne werden allerdings wieder schärfer. Aus dem US Verteidigungsministerium hieß es, man habe für den Fall dass das iranische Atomprogramm nur militärisch gestoppt werden könne, „machbare Optionen“ entwickelt, und Präsident Obama werde nicht zögern, diese auch anzuordnen.
In der Region operieren weiterhin zwei Carrier Strike Groups der US Navy, wobei ENTERPRISE und ABRAHAM LINCOLN erneut die Positionen getauscht haben. Während die ABRAHAM LINCOLN nun im Persischen Golf steht, ist die ENTERPRISE aus dem Golf abgelaufen und unterstützt jetzt mit ihren Kampfflugzeugen aus dem Arabischen Meer heraus Operationen in Afghanistan („Enduring Freedom“). Beide Trägerkampfgruppen haben die Straße von Hormuz ohne jegliche Provokationen oder Zwischenfälle passiert; iranische Medien ignorierten die Passagen.
Mit Blick auf eine mögliche iranische Sperrung der Straße von Hormuz (als „Sanktion gegen die Sanktionen“) verstärken die USA und Großbritannien die Minenabwehrkräfte in der Region. Aus San Diego verlegen vier Minenjagdboote der AVENGER-Klasse (SENTRY, DEVASTATOR, PIONEER, WARRIOR) an Bord von Spezialfrachtern in den Persischen Golf. Sie sollen die vier dort bereits stationiertem Schwesterboote SCOUT, GLADIATOR, ARDENT und DEXTROUS ergänzen.
Am 1. Juni hat sich auch das statt Ausmusterung kurzfristig zum MCM-Führungsschiff umdesignierte und ausgerüstete Docklandungsschiff PONCE in Norfolk auf den Weg in die Golfregion gemacht. Es soll dort u.a. Minenabwehrhubschraubern MH-53 als Einsatzplattform dienen. Die britische Royal Navy verlegt die Minenjagdboote ATHERSTONE und SHOREHAM in den Persischen Golf. Sie sollen dort drei Jahre stationiert bleiben. Üblicherweise würden sie dort zwei Minenjagdboote ablösen; von einer Ablösung ist in den Pressemeldungen der Royal Navy zur Zeit jedoch keine Rede.
Der britische Zerstörer DIAMOND hat am 13. Juni seinen Heimathafen Portsmouth mit Kurs auf die Region „East of Suez“ verlassen. Er soll sein dort seit einigen Monaten eingesetztes Schwesterschiff DARING ablösen. Ebenfalls in Richtung „East of Suez“ wird demnächst das U‑Boot TRENCHANT verlegen. Das u.a. mit Marschflugkörpern Tomahawk bestückte britische U‑Boot der TRAFALGAR-Klasse soll einen neunmonatigen „geplanten Einsatz“ durchführen.
Last but not least ist am 15.Juni der US-Zerstörer BENFOLD aus San Diego ausgelaufen. Das speziell zur Raketenabwehr ausgerüstete Schiff soll einen achtmonatigen Einsatz im Rahmen „Navy Ballistic Missile Defence“ durchführen, der allerdings über die übliche Region (West-Pazifik) hinaus geht und das Schiff explizit auch in den Zuständigkeitsbereich des US Central Command (u.a. Golfregion) führen soll.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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