Noch immer stehen Drohungen im Raum, zur Beendigung des mutmaßliches iranisches Atomwaffenprogramms ggf. auch „militärische Optionen“ wahrzunehmen. Nach dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu in Washington bleiben die grundsätzlichen Standpunkte zwar unverändert, aber man scheint sich doch darauf verständigt zu haben, den beschlossenen Sanktionen Zeit zum Wirken zu geben und erst einmal weiter nach politischen Lösungen zu suchen. Netanyahu selbst erklärte, ein Präemptivschlag gegen die iranischen Atomanlagen sei „keine Frage von Tagen oder Wochen, sondern Monaten“. Momentan sei „die Zeit dafür noch nicht gekommen“. Die USA wollen Israel angeblich spezielle Bomben zur Bekämpfung tief verbunkerter Ziele sowie Tankflugzeuge zur im Falle eines Angriffes auf Iran unverzichtbaren Luftbetankung von Kampfflugzeugen angeboten haben. Solche Rüstungslieferungen dürften auch einige Zeit auf sich warten lassen.
So vollzieht sich die Entwicklung zunächst weiter an der politischen und vor allem auch wirtschaftlichen Front. Der internationale Ölkonzern Royal Dutch Shell, der vor allem Japan und Europa mit iranischem Öl (bzw. daraus raffinierten Produkten) versorgt, will schon vor Inkrafttreten des EU-Embargos (1. Juli) seine Rohölkäufe in Iran einstellen. Experten erwarten hier für den Iran Exporteinbußen von täglich 200.000 Barrel. Bis zu zehn seit Ende Januar vor dem iranischen Verladeterminal Bandar Imam Khomeini wartende, mit insgesamt etwa 400.000 t Getreide beladene Frachter sollen ihre Ankerplätze verlassen haben und nun Häfen in anderen Ländern ansteuern. Wegen der gegen die staatliche iranische Zentralbank verhängten Sanktionen kann der Iran die Rechnungen für die Getreidelieferungen nicht begleichen.
Auch die militärische Lage zeigt sich wenig verändert. Zwar machen weiterhin Gerüchte über einen geplanten israelischen Angriff die Runde, aber derzeit spricht nichts dafür, dass ein solcher tatsächlich unmittelbar bevorsteht. Die Gerüchte dürften allerdings an diesem Wochenende neue Nahrung erhalten. Am 11. März wird die Carrier Strike Group um den Flugzeugträger ENTERPRISE (mit der ENTERPRISE, dem Kreuzer VICKSBURG und drei Zerstörern) aus dem US-Marinestützpunkt Norfolk auslaufen und Kurs auf die Mittelost-Region nehmen.
ENTERPRISE Carrier Strike Group (Foto: US Navy) |
Der Verband wird für die Verlegung etwa drei Wochen benötigen, dürfte also Anfang April im Arabischen Meer eintreffen. Der mehrmonatige Einsatz der ENTERPRISE Carrier Strike Group steht nicht mit der aktuellen Lage in Zusammenhang; er ist kein kurzfristig anberaumtes „Surge Deployment“, sondern als Routinevorhaben seit mehr als einem Jahr geplant. Sehr wahrscheinlich wird die Kampfgruppe den derzeit in der Region operierenden Verband um den Flugzeugträger ABRAHAM LINCOLN ablösen. Beide Kampfgruppen werden im Zuge der „Wachübergabe“ aber sicher für einige Tage gemeinsam operieren, und mit der CARL VINSON (derzeit offenbar noch immer innerhalb des Persischen Golfes) steht dann sogar noch ein dritter Flugzeugträger im gleichen Gebiet.
Medien werden dem „Aufmarsch von gleich drei US Carrier Strike Groups vor der iranischen Küste“ ganz sicher sehr viel Aufmerksamkeit widmen, und bei den zu erwartenden Schlagzeilen der Sensationspresse dürften Aspekte einer routinemäßigen Ablösung kaum eine Rolle spielen. Vermutlich passt die eigentlich so nicht geplante „erhöhte Bedrohung des Iran“ aber durchaus ins politische Kalkül der US Administration, kann sie doch problemlos als Signal der Entschlossenheit zu einer notfalls militärischen Eskalation instrumentalisiert werden.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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