Großbritannien und Frankreich stehen bei der Modernisierung ihrer Streitkräfte gleichermaßen finanziell „mit dem Rücken an der Wand“.
Nicht alles was man möchte, ist derzeit auch bezahlbar. Beide Länder suchen nach Möglichkeiten zur Kostensenkung, und die nach dem britischen Strategic Defence and Security Review (SDSR) verkündeten Beschlüsse sollen nun die Grundlage dafür bieten. Durch verstärkte Kooperation will man bei Rüstungsprojekten teure Parallelentwicklungen vermeiden und sogar im operativen Bereich Kosten senkende „Synergieeffekte“ wecken. Knapp zwei Wochen nach Veröffentlichung des britischen SDSR vereinbarten der britische Premierminister Cameron und der französische Präsident Sarkozy am 2. November auf einem Gipfeltreffen in London eine bilaterale militärische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit, wie sie im historisch eher belasteten Verhältnis beider Länder noch vor Kurzem undenkbar schien.
In einem Zehn-Jahres-Plan sieht der “Treaty on Defence and Security Cooperation” Kooperation bei diversen Rüstungsprojekten, durch die man sich Einsparungen von bis zu 30 Prozent erhofft. Beide Partner wollen ihre Rüstungsmärkte „für einander öffnen“. Schon im kommenden Jahr sollen die Entwicklungen des britischen Landziel-FK FASGW(H) und des französischen Gegenstücks ANL in einem gemeinsamen Vorhaben gebündelt werden. Auch bei Marschflugkörpern Storm Shadow/Scalp sieht man Gemeinsamkeiten. Ebenfalls schon in 2011 sollen eine gemeinsame Studie zu Ausrüstung / Technologie künftiger U‑Boote auf den Weg gebracht und ein Projektteam zur gemeinsamen Entwicklung von Minenabwehrsystemen aufgestellt werden. Gemeinsam will man überdies unbemannte Luftfahrzeuge entwickeln.
In einer „Operational Alliance“ wollen beide Länder eine gemeinsame „Expeditionary Force“ aufstellen, in der alle Teilstreitkräfte vertreten sind. Dies wird allerdings kein ständiger Einsatzverband (Standing Force), sondern ein bedarfsweise zu aktivierender Verband, der für Krisenoperationen sowohl zur Wahrung bilateraler Interessen als auch auf Anforderung von UNO, NATO oder EU bereit gestellt werden soll. Schon in 2011 sollen erste Übungen stattfinden.
Besonders in den Medien hervorgehoben wird die künftige „gemeinsame Nutzung“ von Flugzeugträgern. Der nach dem britischen SDSR beschlossene Verzicht auf die STOVL (Short Take-Off Vertical Landing)-Variante des künftigen Trägerkampfflugzeuges F‑35 Lightning-II macht die Ausstattung der neuen britischen Flugzeugträger mit Startkatapulten und einer Landefanganlage notwendig. Die Kehrtwende zu dieser Technologie, die sich traditionell auch auf französischen Flugzeugträgern findet, eröffnet Möglichkeiten zum Einsatz von Kampfflugzeugen beider Marinen auf den Flugzeugträgern beider Marinen. Allerdings ist dies Zukunftsmusik, wird frühestens 2020 umsetzbar sein. Bis dahin wird die Royal Navy nämlich über keinen Flugzeugträger in der Einsatzrolle „Strike Carrier“ mehr verfügen, und erst dann soll der erste britische Flugzeugträgerneubau fertig sein. Auch britische Kampfflugzeuge auf der französischen CHARLES DE GAULLE wird es erst nach 2020 (Zulauf der ersten F‑35) geben. Sämtliche bisher als Trägerkampfflugzeuge genutzten britische Harrier GR9 sollen ab 2011 ausgemustert werden. So spricht die bilaterale Vereinbarung sinnvollerweise denn auch von der „nächsten Generation“, sieht nur „das Ziel der Aufstellung einer Integrated Carrier Strike Group in den frühen 2020-er Jahren“, in die beide Marinen dann Elemente einbringen sollen. Die britische Yellow Press ficht dies nicht an; ihre Schlagzeilen suggerieren eine schon unmittelbar bevorstehende gemeinsame Trägernutzung.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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