Allmählich geht der von der neuen Regierung in Auftrag gegebene Strategic Defence Review (SDR) in seine entscheidende Phase.
Ende Oktober soll die Standortbestimmung für die künftigen britischen Streitkräfte fertig sein, und dann will man die gewonnenen Erkenntnisse auch in „wertschöpfende Maßnahmen“ umsetzen – sprich: entscheiden, wo und in welchem Umfang Rüstungsprojekte gekürzt oder gar gestrichen und bei Infrastruktur und Personal gespart werden soll. Schon in diesen Tagen will das National Security Council erste Vorergebnisse des SDR sichten. Drei generelle strategische Optionen stehen offenbar zur Debatte: Mit „Vigilant“ will man sich auf bloße Heimatverteidigung konzentrieren; mit „Adaptable“ will man mit beweglichen, flexiblen Kräfte einer begrenzten Anzahl von heimatnahen und ‑fernen Einsatzszenarien gerecht werden; mit „Committed“ sollen nationale Fähigkeiten geschaffen bzw. erhalten werden, in jeden möglichen Konflikt in Übersee effektiv eingreifen zu können. Angeblich (und eigentlich auch kaum verwunderlich) soll sich das NSC bereits für „Adaptable“ entschieden haben.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Regierung aus den Ergebnissen des SDR deutliche Einsparungen in den Verteidigungsbudgets der kommenden Jahre generieren wird, und dies auch sehr schnell. Zur Zeit ist zwar noch völlig unklar, wo genau der Rotstift angesetzt wird. Das hindert allerdings die britischen Medien nicht, schon jetzt kräftig zu spekulieren, und Politiker wie Lobbyisten sind mehr denn je bestrebt über die Medien ihre jeweiligen favorisierten Lösungen ins Spiel zu bringen und so zu versuchen, noch Einfluss auf die „drohenden“ Entscheidungen zu nehmen.
Nicht unerwartet stehen dabei vor allem die teuersten Rüstungsprojekte im Mittelpunkt, und zu diesen gehören die für die Royal Navy geplanten, insgesamt etwa 6 Mrd. Euro teuren zwei neuen Flugzeugträger. „Vorschläge“ reichen hier von der kompletten Streichung des Vorhabens („Relikt des Kalten Krieges“; die mit diesem Projekt verbundene Fähigkeit zu „Power Projektion ist überhaupt nicht mehr gefragt”) über Verzicht auf eines der beiden Schiffe bis zu Modifizierungen in der Grundausrüstung. Mit Installation eines Katapult-Startsystems könne man z.B. auf die extrem teure Senkrechtstart-Variante des US-amerikanischen Kampfflugzeugs F‑35 Lightning II (F‑35B) verzichten und preisgünstigere Flugzeuge erwerben. Hier ließen sich mehrere Milliarden Pfund einsparen, und zugleich könnten Katapultstart-fähige Flugzeuge auch mit französischen Flugzeugträgern interoperabel sein. Nach Regierungsgesprächen über erweiterte Rüstungskooperation versteigen sich einige Medien sogar zu der (in britischem Selbstverständnis sicher absurden) Vorstellung, die Royal Navy und die französische Marine könnten sich ihre Flugzeugträger teilen.
Grafik: MODUK |
Generell wird „wild drauflos“ gerechnet, wie viel sich bei den Flugzeugträgern einsparen ließe. Befürworter des Vorhabens behaupten, ein Verzicht auf einen der beiden Träger würde sich finanziell nur unwesentlich auswirken. Der Bau der Schiffe habe ja bereits begonnen, und alle Aufträge seien „parallel“ für beide Schiffe erteilt worden. Im Übrigen seien auch schon insgesamt mehr als 100 verbindliche Aufträge mit einem Gesamtumfang von etwa 1,5 Mrd. Euro vergeben. Diese ließen sich nicht mehr rückgängig machen bzw. seien auch bei Stornierung zu bezahlen. Eine kleine Facette am Rande: Angesichts der Spekulationen um eine Stornierung des Flugzeugträgerbaus sind zahlreiche Subunternehmer derzeit bemüht, noch ausstehende Aufträge möglichst vorzeitig in trockene Tücher zu bringen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.