Nach jahrelangem Streit haben die französische DCNS und die spanische Navantia einen Schlussstrich unter das gemeinsame U‑Bootprojekt SCORPENE gezogen.
1990 hatten beide Hersteller (Navantia hieß damals noch Bazan) das gemeinsam von ihnen entwickelte U‑Boot erstmals auf dem Le Bourget Naval Salon im Modell präsentiert. SCORPENE verdrängt bei 66m Länge getaucht 1.670 ts. Ihre Besatzung wird mit 31 Mann, ihre Seeausdauer mit bis zu 50 Tagen angegeben. Die U‑Boote können bis zu 18 Torpedos oder Seeziel-FK mitführen, die aus sechs Standard-Torpedorohren verschossen werden können. Kernelement sollte der außenluftunabhängige Antrieb (AIP) Mesma werden, der den U‑Booten eine im Vergleich zum herkömmlichen diesel-elektrischen Antrieb drei- bis fünffach verlängerte Tauchzeit ermöglicht.
SCORPENE zielte ganz bewusst auf den Exportmarkt, und hier erhoffte man sich nicht zuletzt auch durch günstige Preisgestaltung Vorteile gegenüber deutschen Konkurrenz-Booten mit auf Brennstoffzellen basierendem AIP. Weder die französische noch die spanische Marine beschafften SCORPENE. Frankreich setzte auf ausschließlich nukleargetriebene U‑Boote; die spanische Marine dachte zwar zunächst an SCORPENE, entschied sich dann aber für von Navantia eigens entwickelte U‑Boote S‑80 (mit US-Systemen). Nicht zuletzt wohl auch wegen des Desinteresses der beiden (Hersteller-)Marinen dauerte es sieben Jahre bis zu einer ersten Bestellung. 1997 orderte die chilenische Marine zwei SCORPENE; noch einmal fünf Jahre später folgte ein Auftrag aus Malaysia für zwei U‑Boote. Beiden Bestellungen gemeinsam war der Verzicht auf Mesma; beide Marinen begnügten sich bei ihren SCORPENE trotz der deutlich kürzeren Tauchzeit mit herkömmlichen diesel-elektrischen Antriebsanlagen. Hinter vorgehaltener Hand war zu hören, dass Mesma „die Erwartungen bei weitem (noch) nicht erfülle“.
Chilenisches U‑Boot der SCORPENE-Klasse Bildquelle: chil. Marine |
Die vier bestellten SCORPENE wurden noch gemeinsam von DCNS und Navantia gebaut. Weitere Käufer blieben aus, bis Indien in 2005 mit DCNS einen Vertrag über zunächst sechs (mit Optionen auf bis zu 20) SCORPENE schloss. Navantia war hier schon nicht mehr mit im Boot, die gemeinsame Vermarktung des gemeinsam entwickelten Produktes schon im Streit beendet. Als Navantia begann, eine Variante von S‑80 als Konkurrenz zu SCORPENE auf dem Exportmarkt anzubieten, sah DCNS eine Grenze überschritten. Der spanischen Konkurrenz wurden die Lizenzen für den „gemeinsamen“ AIP Mesma verweigert. Navantia sucht seitdem nach einer Alternative, wobei unklar ist, ob man eine solche (in den USA?) gefunden hat. Bezüglich AIP für S‑80 gibt es noch immer widersprüchliche Meldungen.
Während Navantia sich auf S‑80 konzentrierte, konnte DCNS weitere Bestellungen von SCORPENE akquirieren. Für die brasilianische Marine sollen vier U‑Boote gebaut werden. In einem langwierigen Rechtsstreit kämpften beide Hersteller um ihre „Anteile“ an SCORPENE, riefen zuletzt ein Schiedsgericht an. Am 11. November haben beide ihren Streit nun beendet. Navantia hat offiziell zugestimmt, sich mit S‑80 zu begnügen und auf sämtliche Rechte an Bau und Vermarktung von SCORPENE zu verzichten.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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