Eine neue Entwicklung – auf dem zivilen Sektor – ist durchaus geeignet, auch die militärische Rivalität mit Indien um strategischen Einfluss in Asien zu verschärfen.
JIALONG im Bau Bildquelle: offz. |
Bildquelle: Grafik: Woods Hole Oceanogr. Inst. |
Im Mai 2010 hatte die chinesische State Oceanic Administration (SOA) bei der International Seabed Authority (ISA) die Ausbeutung von Tiefsee-Mineralien (Poly-Metallische Sulfide) im südwestlichen Indischen Ozean beantragt. Nun liegt diese Region weit außerhalb der konfliktträchtigen, gleichermaßen von China und seinen Nachbarn im Westpazifik beanspruchten Gebiete, aber China erhebt hier auch keinerlei territoriale Ansprüche, sondern nutzt lediglich die Regularien des internationalen Seerechts aus.
Nach der United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) sind Ressourcen am Meeresboden, so sie denn außerhalb von etablierten Wirtschaftszonen (üblicherweise 200 sm) und einem Küstenstaat zugehörenden Teilen des Kontinentalsockels liegen, „gemeinsames Eigentum der Menschheit“. Jeder, der dazu die technischen Möglichkeiten hat, darf sie ausbeuten. Im südlichen Indischen Ozean wollte dies bisher keine Nation; zu groß schien der Aufwand, zu gering der wirtschaftliche Nutzen. Auch Indien ignorierte bisher die dort in einer Tiefe zwischen 3.000 und 6.000 m liegenden Vorkommen.
Einzig China war offenbar willens, in die Ausbeutung von Tiefseemineralien zu investieren. Schon 2001 hatte die SOA nach entsprechendem Antrag von der ISA die Genehmigung erhalten, Tiefsee-Bodenschätze in einem Gebiet zwischen Hawaii und den USA auszubeuten. Das neu entwickelte Tiefsee-Forschungsboot JIALONG führt dort gerade Tauchfahrten bis in 7.000m Tiefe durch.
Am 19. Juli erteilte die ISA der SOA nun die Lizenz, im Gebiet des Südwestindischen Rückens (trennt südöstlich von Madagaskar die antarktische tektonische Platte von der afrikanischen) in einem festgelegten Gebiet von 10.000 Quadratkilometern Bodenschätze vom Meeresboden zu fördern. Die Genehmigung gilt für die kommenden 15 Jahren; in dieser Zeit darf niemand anderes in diesem Gebiet aktiv werden. Mit der noch ausstehenden offiziellen Unterzeichnung eines Vertrages zwischen SOA und ISA wird das Abkommen nach internationalem Recht demnächst rechtsgültig.
In Indien hat die Nachricht „einen Schock“ ausgelöst. Sowohl das Außenministerium als auch alle Geheimdienste haben die Entwicklung „verschlafen“. Niemand war über den chinesischen Lizenzantrag informiert.
Nun wird befürchtet, dass die chinesische Marine aus der ISA-Lizenz die Legitimation zur Intensivierung der Gewinnung ozeanographischer und hydrographischer Daten (gerade auch für U‑Boot Operationen unverzichtbar) und schließlich sogar zu verstärkter Marinepräsenz im (gesamten) Indischen Ozean herleitet. Und dies in einem Gebiet, das nach nationalem indischen Selbstverständnis doch eigentlich Indiens ureigene Domäne ist.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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