Die vorzeitige Ausmusterung der Landungsschiffe MANOORA und KANIMBLA dürfte für die australische Marine — und nicht nur für diese – unangenehme Folgen haben.
Der rapide „technische Verfall“ der Landungsschiffe, der letztendlich zur kurzfristigen Ausmusterung und einer gravierenden Fähigkeitslücke führte, hatte das Verteidigungsministerium schon im letzten Jahr zur Einsetzung einer Kommission zur Ursachenermittlung veranlasst. Am 18. Juli wurden nun die Ergebnisse des nach dem Leiter der Kommission Paul Rizzo benannten „Rizzo Review“ veröffentlicht.
Sie zeigen bei Wartung und Instandsetzung der Marine gravierende Defizite, vor allem aber auch „systemische Probleme“, die „vermutlich nicht nur in der Marine“ zu finden sind. So ist die Rede von einer „viel zu komplexen Organisation, die nur geeignet ist, Zuständigkeiten zu verwischen“ (fehlende Kompetenzabgrenzung zwischen Marine und Materialamt der Streitkräfte), unzureichendes Risikomanagement, schlechte Auftragserfüllung und Qualitätskontrolle, sowie viel zu wenig und überdies oft auch unzureichend qualifiziertes technisches Personals.
MANOORA Bildquelle: austr. Marine |
Zahlreiche hoch qualifizierte Marinetechniker seien in die lukrativere zivile Industrie abgewandert, ohne dass die Marine viel in Rekrutierung und Ausbildung von Nachfolgern investiert habe. Verstärkt würden die Probleme vor allem aber auch noch durch einen „ausgeprägten Unwillen, schlechte Nachrichten an vorgesetzte Dienststellen zu melden“. So werde bei „funktionierenden“ Systemen volle Funktionsfähigkeit vorausgesetzt und auf tiefer gehende Inspektionen zur frühzeitigen Feststellung möglicher technischer Fehler verzichtet. Schiffe würden „seeklar“ gemeldet, ohne dass überhaupt eine eingehende technische Untersuchung stattgefunden habe. Insgesamt habe sich eine „Kultur entwickelt, die bei knappen Ressourcen kurzzeitige operative Verfügbarkeit über einwandfreie Technik stellt“. Die täglichen Klarstandsmeldungen an die Marineführung seien auf dem Weg durch die Hierarchien „mehrfach geschönte“ Statistiken ohne tatsächlichen Aussagewert über den Zustand der Flotte.
Der „Rizzo Report“ lässt keinen Zweifel daran, dass nahezu alle Defizite — auch in ihrer Ausprägung — seit langem bekannt sind, und dies nicht nur bei der Marine, sondern auch im Materialamt der Streitkräfte und im Ministerium. Schon eine 1998 nach einem Brand auf dem Flottentanker WESTRALIA eingesetzte Untersuchungskommission habe sie deutlich aufgezeigt. Der Untersuchungsbericht macht aber auch klar, dass im Zuständigkeitswirrwarr der derzeitigen Organisation die Marine überhaupt keine Möglichkeit habe, die Probleme eigenständig anzugehen.
Unverblümt empfiehlt die Kommission denn auch nicht nur organisatorische Anpassungen, sondern eine „von Grund auf Neugestaltung des gesamten Bereiches Naval Engineering in Marine, Materialamt und Ministerium“. Dies werde nicht billig, und man dürfe durchaus auch Konflikte mit laufenden und geplanten Kostensenkungen im Rahmen des Strategic Reform Program erwarten. Für Kopfschmerzen dürften vor allem die im „Rizzo Review“ geäußerten Zweifel sorgen, dass Marine und Materialamt noch vor der ab 2014 geplanten Einführung der neuen Zerstörer der HOBART-Klasse und Hubschrauberträger der CANBERRA-Klasse die Kehrtwende schaffen können. Unter den derzeitigen Bedingungen sei eine angemessene Wartung und Instandsetzung dieser hochkomplexen Schiffe und Systeme unmöglich.
Der Verteidigungsminister reagierte sofort auf den (in örtlichen Medien veröffentlichten und diskutierten) Bericht der Rizzo-Kommission und die darin gemachten insgesamt 24 Empfehlungen. Alle Vorschläge würden „voll akzeptiert und auch implementiert“. Die strukturelle Neugestaltung des „Naval Engineering“ werde bei der Marine mit Schaffung eines neuen, von einem Konteradmiral geführten Organisationsbereiches sowie auch beim Materialamt der Streitkräfte unverzüglich eingeleitet.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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